Gemeinderat, 62. Sitzung vom 21.01.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 86 von 106
Es wird sehr viel von Transparenz gesprochen. Es wurde auch schon erwähnt, dass sehr viel Transparenz versprochen wurde, als diese Stadtregierung angetreten ist. Kollege Ornig hat uns einige Zahlen genannt, mit denen anscheinend erklärt wäre, was hier alles passiert ist. Ich möchte das noch einmal zusammenfassen: Er hat von knapp 400 bis 500 Millionen an zusätzlichen Gehaltserhöhungen gesprochen, die insgesamt hier gemeinsam beschlossen wurden. Das stimmt wohl. Er hat dann von 400 Millionen Entfall von Einnahmen auf Grund der Beschlüsse im Bund im Zusammenhang mit der kalten Progression gesprochen. Das wird wohl auch so stimmen. Außerdem hat er die knapp 1,1 Milliarden an Mindestsicherung erwähnt, worüber wir heute schon eine hitzige Debatte hatten, auf die ich später noch eingehen möchte.
Das heißt, wir haben knapp 1,4 Milliarden, beziehungsweise eigentlich 1,3 Milliarden, für die es halbe Erklärungen gab. Ich frage jetzt: Wo ist der Rest? Wo sind die verbleibenden 1,5 Milliarden? Das wurde eben nicht erklärt. In diesem Zusammenhang müssen wir also auch auf andere Themen schauen wie die Großprojekte, die mehrmals hunderte Millionen mehr gekostet haben: St. Marx, Fernbusterminal, U2/U5-Ausbau. Da braucht es tatsächlich mehr Transparenz und Aktualisierung.
Sie haben vielleicht zu Recht gesagt, dass hier schon über Zahlen gesprochen wird und wir ja schon Zahlenklarheit haben. Ja, es stimmt, dass über Zahlen gesprochen wird. Zahlenklarheit haben wir aber nicht. Wir haben Schattierungen. Und wir haben in jedem einzelnen Jahr dieser Legislaturperiode darauf gepocht, dass wir auf Grund der unvorhersehbaren Finanzlage jedes Jahr eine Rechnungsabschlussdebatte führen wollen und dass wir jedes Jahr einen aktualisierten Voranschlag haben wollen. Dann hätten wir als Opposition, aber auch die Wählerinnen und Wähler tatsächlich mehr Klarheit als mit diesen Schattierungen, mit denen versucht wird, sich jetzt gerade sozusagen hinüberzuretten. (Beifall bei der ÖVP.)
Es ist offensichtlich und es ist auch politisch legitim, aber man kann auch offen darüber reden: Gewählt wird aus taktischen Gründen, zum einen um sich die Budgetdebatte und Budgetklarheit zu ersparen, vielleicht aber auch deshalb, dass man sich jetzt im Widerstand gegen andere Ebenen sieht und versucht, hier Punkte zu sammeln. All das ist, wie gesagt, in Ordnung, solange man auch offen darüber redet. Ein bisschen schade ist dabei, dass in Wien verdammt viel Arbeit jetzt und in den kommenden zehn Monaten noch zu tun wäre, die jetzt wohl einem Wahlkampf und dann Regierungsverhandlungen zum Opfer fallen.
Ich verstehe, dass man von Seiten der Stadtregierung und auch von Seiten der GRÜNEN mit den aktuellen Regierungsverhandlungen im Bund nicht wahnsinnig glücklich ist. Wenn man als links bis Mitte links denkender Mensch sieht, dass sich eine Mitte rechts befindliche Regierung zusammenfindet (Zwischenrufe bei der SPÖ-) - ja, das können Sie beurteilen! - dann ist man vielleicht nicht glücklich. Das ist menschlich total verständlich.
Was ich weniger verständlich finde, ist, dass man es einfach bei der Empörung belässt. Empören kann sich jeder. Man kann alles Mögliche sagen, dass das ganz schlimm ist, und man kann historische Vergleiche ziehen. Das bringt aber nichts. Das ist in Wahrheit eine Selbstbeweihräucherung, indem man sagt: Wir sind so moralisch, die anderen sind so unmoralisch, weiter gibt es hier nichts zu sehen, und wir machen jetzt Neuwahlen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Was meine ich damit? Es gibt verdammt viel Arbeit zu tun. Wenn es einem nicht passt, dass die FPÖ Wahlen gewinnt, wenn es einem nicht passt, dass dann die Ersten und Zweiten gemeinsam Verhandlungen führen, nachdem die anderen Verhandlungen gescheitert sind, dann muss man schon auch auf die Probleme schauen, auf Grund derer diese Realität in unserer Demokratie nun mal stattgefunden hat.
Ich bin jetzt nicht der Botschafter der FPÖ. Ich bin auch kein großer Wahlanalytiker. Ein paar Dinge sind aber relativ klar. Die FPÖ liegt sehr weit vorne bei Arbeitern und Angestellten, grundsätzlich bei gewerbstätigen Menschen, nicht nur in dieser Stadt, wo sie vielleicht nicht vorne liegt, aber grundsätzlich in Österreich. Gleichzeitig gibt es ein Thema - und da lasse ich jetzt einmal COVID und unterschiedliche Verschwörungsthemen zur Seite, die seit Jahren getrommelt werden -, und das ist Migration. Ich glaube nicht, dass sich die Menschen in Österreich wahnsinnig verändert haben in den vergangenen Jahren, man muss aber gewisse Themen in Angriff nehmen: Ein wichtiges Thema ist, dass sich Leistung lohnt, dass man von einem Lohnerwerbseinkommen leben kann, und zwar tendenziell vielleicht sogar besser leben kann als von einem Transfereinkommen. Weiters geht es um die Beobachtung, dass sich in den Fragen der Migration sehr, sehr viel geändert hat und die Integration nicht Schritt halten kann, dass man sieht, dass sehr viel Migration in den Sozialbereich stattfindet und nicht in den Arbeitsmarkt, wo man sie brauchen würde, dass sich Parallelgesellschaften und teilweise, ob es uns gefällt oder nicht, auch Gegengesellschaften bilden. Diese Probleme muss man bei der Wurzel packen, man muss diese ansprechen, man muss daran arbeiten, anstatt zu flüchten und zu sagen: Wie kann man nur?! Darf man denn das? Und: Das darf doch alles nicht sein! (Beifall bei der ÖVP.)
Es gibt jetzt nicht nur eine Diskussion heute hier zur Dringlichen zum Budget, sondern es gibt auch Arbeitsmarktzahlen, und diesen Arbeitsmarktzahlen muss man auch irgendwie in die Augen sehen. Es gibt in Wien als einzigem Bundesland in Österreich zweistellige Arbeitslosigkeitszahlen, wobei ich mir gleich selbst entgegnen möchte. Es ist verständlich, dass die Zahlen natürlich in einem Ballungsraum viel höher sind, man muss das aber in Proportion sehen. Wien erbringt knapp 25 Prozent der Wirtschaftsleistung der Republik und hat knapp 22 Prozent der Einwohner. Dennoch sind hier knapp 40 Prozent der Arbeitslosen und mehr als 70 Prozent der Mindestsicherungsbezieher. Und das sind genau die Probleme, die angesprochen, angesehen und geändert werden müssen! Die Menschen müssen sehen, dass sich Arbeiten lohnt, und zwar mehr lohnt als Transferleistungen, also Entlastung eher als Mehrbelastung. Es braucht mehr Arbeitsplätze, damit alle Menschen, die in der Arbeitslosigkeit
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