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Gemeinderat, 64. Sitzung vom 19.02.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 80

 

getragen, dass immer wieder Daten gelöscht werden, wenn sie personenbezogen sind

 

Wir haben daher auch die erste große internationale Konferenz zum digitalen Humanismus, die im Mai stattfinden wird, gefördert. Es ist mir ein Anliegen, dass die wichtigen Themen der Menschen, die in einer Stadt beziehungsweise einem Land leben, im Fokus stehen. Es geht um internationale Vernetzungen und vor allem auch um Problemlösungen und um Containment. Wir müssen uns die Frage stellen: Wie gehen wir damit um, im Hinblick auf die sogenannten sozialen, vielleicht eher asozialen Medien wie TikTok und so weiter, die auch demokratieverändernd sind, auch eine Eindämmung betreiben zu können?

 

Ein ganz wichtiger Punkt ist auch, wie wir dieses Nebeneinander von falschen Fakten neben wissenschaftlich erforschten Themen behandeln. Dabei geht es darum: Wie können wir uns als Gesellschaft uns resilienter gestalten? Wie können wir hier wirklich dafür sorgen, dass Forschung ausschließlich im Dienste der Menschheit geschieht und nicht zu einem von Algorithmen befeuerten Selbstläufer wird? - Das ist ein wichtiger Punkt.

 

Ganz zentral ist auch immer die Wahrung digitaler BürgerInnenrechte. Diesbezüglich wurde ganz viel verabsäumt in den letzten 30 Jahren. Das Ganze hat uns alle wahrscheinlich überfordert, überrannt und überrollt. Auch in dieser Hinsicht muss man sich in Europa stark vernetzt zusammenfinden. Daher ist das ein wichtiger Punkt, wenn Wien nicht nur eine Welthauptstadt der Diplomatie in vielen Bereichen und mit dem UNO Sitz ist, sondern auch in diesem Bereich versucht, das Wissen der Welt nach Wien zu holen, um hier Lösungen für die Zukunft voranzutreiben.

 

Ein weiteres Beispiel wäre die Gründung des Instituts für künstliche Intelligenz in der Biomedizin mit dem Titel AITHYRA, welches genau an dieser Schnittstelle arbeitet, oder auch der Complexity Science Hub, der weit über biomedizinische Ansätze hinausgeht und sich mit der Forschung komplexer Systeme im Bereich Medizin, Nachhaltigkeit, Stadtentwicklung, Verkehr, Finanzmärkten und so weiter beschäftigt und sich auch mit der Bewältigung großer Datenmengen befasst.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 2. Zusatzfrage kommt von der FPÖ. - Bitte, Herr GR Berger.

 

9.29.18

GR Stefan Berger (FPÖ): Schönen guten Morgen, Frau Stadträtin.

 

Ich möchte bei einem Punkt einhaken, den die Frau Kollegin schon sehr richtig in ihrer mündlichen Anfrage formuliert hat und womit Sie auch begonnen haben, nämlich mit der Wiener Forschungstradition im Bereich der Medizin, insbesondere in den ersten zwei, drei Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass Wien wirklich ein Zentrum war, und zwar nicht nur europaweit, sondern auch, wie ich meine, durchaus weltweit.

 

Doch wo viel Licht ist, ist auch Schatten, und ich möchte jetzt konkret auf eine Person zu sprechen kommen, nämlich auf Julius Tandler. Sie haben im vorigen Jahr einen Nachlass von Julius Tandler entgegengenommen, der als Schenkung an das Wien Museum ergangen ist. Julius Tandler war ja nicht nur sozialistischer Politiker in dieser Stadt, sondern auch Wissenschafter und Eugeniker, der sich mit der Erbgesundheitslehre befasst hat, und in seinen Thesen war durchaus auch von unwertem Leben und so weiter und so fort die Rede.

 

Jetzt meine Frage an Sie: Welche Maßnahmen werden Sie sicherstellen, um sich auch mit der Person Julius Tandler entsprechend kritisch auseinanderzusetzen? Ich habe in Vorbereitung dieser Anfrage auch das eine oder andere recherchiert und halte fest: Auch unter Experten ist die Person nicht unumstritten. Tandler wird im Stadtbild Wiens entsprechend geehrt, die Stadt Wien verleiht die Julius-Tandler-Medaille. Es geht hier auch um den historischen Kontext, und Sie sind ja immer jemand, der auch an Fakten sehr interessiert ist.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Bitte, Frau Stadträtin.

 

Amtsf. StRin Mag. Veronica Kaup-Hasler: Danke für die Anfrage. Daran zeigt sich, wie wichtig der historisch-kritische und wissenschaftliche Blick ist. Ich habe Ihnen das Buch von Richard Cockett zu Weihnachten geschenkt, und wenn Sie es gelesen haben, dann haben sie auch ein Kapitel zu Julius Tandler gefunden. Cockett beschreibt sehr gut, wie er sich von der allgemeinen Thematik der Eugenik in dieser Zeit unterschieden hat. Es ist richtig, dass Eugenik ein Thema war, und zwar übergreifend über unterschiedliche Parteienzugehörigkeiten. Es war dies ein Thema der Volksgesundheit. Wir sehen heute diesen Begriff - wie vielleicht auch den Begriff Volkskanzler - durchaus kritisch. Mit dem Begriff Volkes muss man sorgsam umgehen. In der damaligen Zeit gab es zum Beispiel die erste Eugenik-Konferenz, und diese fand interessanterweise nicht in Wien und nicht in Europa statt, sondern in New York, und dabei gab es Theorien unterschiedlicher Prägung. Dabei ging es einerseits um die Erforschung bestimmter Krankheiten und Behinderungen und wie man diese möglichst vermeiden kann, und zwar natürlich auf dem Wissensstand der Zeit, als man wissenschaftlich viel weniger weit war als jetzt. Andererseits ging es aber damals - und das ist unserer Sicht unglaublich problematisch, diesbezüglich sind wir heute sehr kritisch, das ist ja wohl selbstverständlich und das setze ich hier voraus - auch bis hin zu einem aktiven Eingreifen, also Kastrationen, in den menschlichen Körper, um zu verhindern, dass sich Menschen fortpflanzen. Das ist unfassbar aus unserer heutigen Sicht, das ging ja bis ins Soziale!

 

Tandlers Forschung war natürlich in seiner Zeit eingebettet, aber er hat sich dadurch unterschieden, dass er eben nicht Zwangssterilisation oder Zwangsmaßnahmen befürwortet hat, sondern andere Empfehlungen gegeben hat. Aus heutiger Sicht würden wir das nicht so machen, Tandler nahm aber eine extrem gemäßigte Position innerhalb eines Felde ein, das sich damals allgemein zur Eugenik bekannt hat. Dass wir diesen Punkt heute anders und als problematisch lesen, ist völlig klar, ist aber auch der medizinischen Entwicklung und dem medizinischen Fortschritt geschuldet.

 

Richard Crockett zeigt aber, wie gesagt, sehr gut die Differenziertheit zwischen dem, was Tandler einerseits

 

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