Gemeinderat, 64. Sitzung vom 19.02.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 54 von 80
ein bisschen leiser führen, weil es mir wirklich schwerfällt, eine Rede zu Ihnen zu halten, wenn alle ihre privaten Gespräche führen. Ich halte das gerade bei diesem wichtigen Thema, bei dem es um die Infrastruktur unserer Stadt geht, für äußerst respektlos. (Beifall bei der ÖVP. - GR Jörg Neumayer, MA: Es redet keiner!)
Wenn es schon den Herrn Bürgermeister nicht interessiert, wie es der Infrastruktur unserer Stadt geht, … (GR Mag. Manfred Juraczka: Wie soll er antworten, wenn ihn die Frage nicht interessiert?) - Es scheint ihn nicht zu interessieren, lieber Manfred. Es scheint ihn nicht zu interessieren, wie es der Infrastruktur unserer Stadt geht. Die Wiener aber interessiert es.
Es wird graduell schlechter. Schauen Sie, graduelle Verschlechterungen, meine Damen und Herren, sind etwas sehr Schwieriges für die Politik. Bei graduellen Verschlechterungen gibt es nämlich nicht den einen Punkt, an dem man sagt: Ab jetzt verändern wir alles. Ab jetzt müssen wir das Ruder herumreißen. Es gibt nicht den einen Auslöser, alles anders zu machen. Vielmehr muss man den Punkt erwischen, an dem man sagt: Die Entwicklung, die wir sehen, ist eine schlechte. Man muss den Punkt erwischen, an dem man sagt: Schönreden reicht jetzt nicht mehr. Man muss den Punkt erwischen, an dem man sagt: Die Verschlechterung zu managen, ist nicht mehr ausreichend.
Sie hätten den Punkt erwischen müssen zu sagen: Dieser rapide starke Zuzug in unser Sozialsystem geht sich nicht mehr aus. Sie hätten den Punkt erwischen müssen zu sagen: Die Binnenmigration gehört ab sofort verhindert. Sie haben diesen Zeitpunkt leider verpasst, geschätzte Damen und Herren.
Deswegen müssen wir heute sagen: Dieser enorme Zuzug, den wir in den letzten zehn Jahren gesehen haben - dieses Bevölkerungswachstum um die Größe von Linz -, stellt unsere staatliche Infrastruktur vor enorme Herausforderungen, die wir nicht mehr in der Lage sind zu meistern. Deswegen müssen wir das Ruder jetzt herumreißen. (Beifall bei der ÖVP.)
Schauen wir uns die Zahlen an! In zehn Jahren ist Wien um die Bevölkerung von Linz gewachsen. Ja, wo leben diese zugezogenen Menschen? Wo leben die Migranten? - Leider nicht gleichmäßig über Wien verteilt.
Der Segregationsbericht des ÖIF hat deutlich gezeigt: Der ungesteuerte Zuzug ging in einzelne Stadtgrätzl, beispielsweise Innerfavoriten, Hannovermarkt und Matzleinsdorfer Platz. Die Auswirkungen dieser Segregation, die wir sehen und die wissenschaftlich feststellbar ist, sind enorm. Das bedeutet für die Leute, die dort leben: schlechtere Bildungschancen, höhere Kriminalität, verfestigende Armut und immer weniger Chancen auf sozialen Aufstieg.
Meine Damen und Herren, da muss ich Sie fragen: Ist denn das die Zukunft? Wie werden wir in Zukunft leben? Werden wir in Zukunft nach Religion getrennt leben, getrennt nach Ethnie, getrennt nach Herkunft, getrennt nach den Sprachkenntnissen, getrennt nach dem Einkommen, getrennt nach dem Bildungsgrad, meine Damen und Herren, getrennt nach dem, was deine Tochter darf, und dem, was meine Tochter darf? Ist das die Zukunft unserer Stadt? - Ich glaube nicht. Deswegen müssen wir jetzt das Ruder herumreißen. (Beifall bei der ÖVP.)
Sprechen wir über das Thema Wohnen. Die Bevölkerung Wiens ist in den letzten zehn Jahren um die Größe von Linz gewachsen. Was hat sich da im Gemeindebau getan? Wie viele neue Gemeindebauwohnungen wurden in der Zeit errichtet? Wie viel wurde in das Flaggschiff des Roten Wiens tatsächlich investiert? - Dem Plus von 220 000 Menschen in Wien steht ein Plus von 1 600 neuen Gemeindewohnungen gegenüber, geschätzte Damen und Herren. Es gibt ein Plus von 220 000 Menschen, und das Rote Wien hat in zehn Jahren 1 600 neue Gemeindebauwohnungen gebaut. (GR Jörg Neumayer, MA: Welche Zahlen haben Sie?) Die bestehenden schimmeln, haben soziale Spannungen und brechen auseinander. Das ist das Rote Wien.
Wie geht das weiter, meine Damen und Herren? Was investieren wir denn angesichts unseres enormen Budgetdefizits künftig in den sozialen Wohnbau? Wie schaut die Zukunft aus? - Derjenige, der es sich leisten kann, wohnt im Eigentum oder in einer sündhaft teuren Wohnung. Derjenige, der es sich nicht leisten kann, hockt dann halt in der schimmeligen Gemeindebauwohnung. Ist das die Zukunft für unsere Stadt? - Wir sagen Nein. Deswegen müssen wir das Ruder herumreißen. (Beifall bei der ÖVP.)
Beim Thema Bildung - die Liste ist ja durchaus lang - ist die Brisanz tatsächlich kaum in Worte zu fassen: Die Hälfte der Erstklässler spricht zu wenig Deutsch, um den Lehrern folgen zu können. Zwei Drittel der außerordentlichen Schüler sind in Österreich geboren. 80 Prozent sind zwei Jahre lang hier in den Kindergarten gegangen und sprechen trotzdem zu schlecht Deutsch, um dem Unterricht folgen zu können. 80 Prozent in den Neuen Mittelschulen schaffen die Bildungsziele nicht.
Ja, was wird denn aus diesen jungen Menschen um Gottes willen? - Jugendliche ohne Perspektive, Jugendliche, die den Einstieg in den Arbeitsmarkt nicht schaffen, Jugendliche, die keine Möglichkeit haben, sich in die Gesellschaft zu integrieren und gesellschaftlich einen sozialen Aufstieg zu schaffen.
Was bedeutet denn das für unseren Arbeitsmarkt, wenn die Babyboomer jetzt in Pension gehen? Was bedeutet es für den Arbeitsmarkt, wenn diejenigen, die nachkommen, nicht gut ausgebildet sind und keine ausreichenden Deutschkenntnisse haben, meine Damen und Herren? Was bedeutet es für die Wirtschaftsleistung unserer Stadt? - Das ist keine gute Entwicklung. Wir müssen das Ruder herumreißen. (Beifall bei der ÖVP.)
Beim Thema Gesundheit - ein weiterer lebenswichtiger Bereich für die Wienerinnen und Wiener - ist die Situation dramatisch. Die Wiener Bevölkerung ist um die Größe von Linz gewachsen, aber das Personal hat sich teilweise sogar reduziert. Das Personal hat teilweise sogar abgenommen. Es gibt heute weniger diplomierte Pflegekräfte in den Wiener Spitälern. Es gibt Fachstellen, die gar nicht nachbesetzt werden können, weil das Personal fehlt.
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