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Gemeinderat, 64. Sitzung vom 19.02.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 80

 

Die Kinder- und Jugendpsychiatrie ist völlig unbesetzt. Auf einen Schularzt kommen nicht 86 Schüler, sondern 86 Schulen, meine Damen und Herren. Auf einen Wiener Schularzt kommen 86 Wiener Schulen. Letztes Jahr waren 1 470 Spitalsbetten wegen Personalmangels gesperrt. Das entspricht zwei großen Wiener Kliniken.

 

Wie geht das weiter? - Der, der es sich leisten kann, zahlt es sich privat. Der, der es sich nicht leisten kann, wird halt erst Wochen oder Monate später oder überhaupt nicht behandelt, meine Damen und Herren. Das wollen wir nicht. Deswegen müssen wir das Ruder jetzt herumreißen. (Beifall bei der ÖVP. - Zwischenruf von GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara.)

 

Ich kann weiterreden. Ich kann über das Thema Kosten für Sozialleistungen reden. Sie wissen, wir haben bei der Mindestsicherung die Milliardenhöhe geknackt. Wie entwickelt sich das weiter? - 1 Milliarde EUR kostet uns die Mindestsicherung aktuell. Was geben wir denn nächstes Jahr dafür aus? Was geben wir in zwei Jahren dafür aus? Was geben wir in fünf Jahren dafür aus?

 

Sprechen wir über die Kriminalitätsrate, die bereits stark im Steigen ist - das haben wir gestern besprochen -: von 2023 auf 2024 ein elfprozentiger Anstieg, ein starker Anstieg bei der Jugendkriminalität und nahezu eine Verdoppelung in den letzten Jahren. Die Gewaltdelikte steigen. Ich brauche nicht auf das gerade vereitelte Attentat am Westbahnhof hinzuweisen.

 

Meine Damen und Herren, wo geht es hin? Ist unser Ziel Oslo, wo die Kinder von Banden für Morde angeheuert werden? Ist unser Ziel Paris, wo sich Banden Straßenschlachten mit der Polizei liefern? (Zwischenruf von GR Mag. Josef Taucher.) Ist unser Ziel Berlin, wo es No-Go-Areas für Frauen und Juden gibt? Ist das unsere Zukunft? Darauf steuern wir zu. Wir sagen Nein. Deswegen müssen wir das Ruder jetzt herumreißen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich weiß schon, dass es unangenehm ist, das alles aufgelistet zu bekommen. Es ist so unangenehm, dass der Herr Bürgermeister sich gar nicht in den Plenarsaal zu den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten traut. Es ist unangenehm. Sie werden sagen: Maria, Wien funktioniert ja eh. Es ist aber einfach nicht wahr. Diese Stadt kracht wie eine Kaisersemmel: Das Budget kracht, die Infrastruktur kracht, die Gesundheitsversorgung kracht, das Schulsystem kracht. Es wird graduell schlechter.

 

Dann werden Sie sagen, die ÖVP redet schon wieder unser Wien schlecht. Das ist aber nicht die Wahrheit. Wir zeigen auf, was nicht gutgeht. Denn ganz ehrlich, Frau Kollegin (Die Rednerin richtet sich an die SPÖ.), jemand, der in Wien keinen Kinderarzt findet, dem geht es halt nicht gut. Wer keinen Untersuchungstermin im Spital bekommt, dem geht es auch nicht gut. Wer seine Kinder nicht in die Schule schicken kann, weil sie dort nicht ordentlich Deutsch lernen, dem geht es in Wien halt auch nicht wahnsinnig gut. Wer Angst um seine Tochter auf dem Nachhauseweg hat, dem geht es in Wien auch nicht gut. Wer in der verschimmelten Gemeindebauwohnung hockt, dem geht es in Wien auch nicht gut. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Wo ist das?) Das ist es, was wir aufzeigen. Es geht nicht gut. Es ist Zeit, das Ruder herumzureißen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Schlussendlich wird mit Sicherheit das Argument kommen, die ÖVP geht schon wieder auf die Ausländer los. Auch das ist nicht wahr. Wir zeigen auf, dass Wien diesen starken Zuzug der letzten Jahre noch nicht verarbeitet hat. Wir sagen, dass Integration vor neuem Zuzug kommen muss. Wir sagen, dass die Infrastruktur jetzt einmal an die neue Bevölkerungsgröße angepasst werden muss. Das ist nicht der Blick auf den Ausländer, meine Damen und Herren. Das ist der Blick auf die systemische Stabilität unserer Stadt. Es ist wichtig, das aufzuzeigen. (Beifall bei der ÖVP. - Zwischenruf von GR Dr. Kurt Stürzenbecher. - Bgm Dr. Michael Ludwig betritt den Saal.)

 

Es ist, Herr Bürgermeister, in Ihrer Macht, dass Sie diese Entwicklung stoppen, dass Sie die Sozialmigration stoppen, dass Sie die Binnenmigration stoppen, dass Sie sagen, dass Wien keinen weiteren Zuzug dieser Größe verträgt, dass unsere Infrastruktur das nicht mehr schafft, dass wir nun die Systeme anpassen und das verarbeiten müssen, was in den letzten Jahren an Menschen nach Wien zugezogen ist. Dafür stehen wir als Volkspartei, weil wir Wien so bewahren wollen, wie es ist. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Ich danke der Frau Gemeinderätin für die Begründung. Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage ist der Bürgermeister zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. - Bitte.

 

14.49.00

Bgm Dr. Michael Ludwig|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Werte Mitglieder des Gemeinderates! Zu den in der Anfrage angeführten Zahlen möchte ich eingangs das darin gezeichnete Bild durch faktenbasierte Zahlen der Statistik Austria etwas geraderücken.

 

Es stimmt, dass die Gruppe der syrischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger von 2015 bis 2024 in absoluten Zahlen am stärksten gewachsen ist: ein Plus von 49 000 Personen. Gleich dahinter auf Platz zwei kommt die Ukraine mit plus 31 000. Auf Platz drei liegt Deutschland mit 20 000 Personen.

 

Das Wachstum einzelner Bevölkerungsgruppen mit relativen Werten in Prozenten zu vergleichen, erscheint nur bedingt zielführend, da diese Werte zu starken Verzerrungen neigen.

 

So wuchs die Gruppe der Staatsbürgerinnen und Staatsbürger des karibischen Inselstaates St. Kitts und Nevis im selben Beobachtungszeitraum um beachtliche 1 300 Prozent, in absoluten Werten allerdings nur von einem auf 14. (Heiterkeit bei SPÖ und NEOS. - GR Mag. Dietbert Kowarik: Auch eine Möglichkeit!) - Die registerbasierten Bevölkerungsdaten der Statistik Austria zeigen … (GR Mag. Manfred Juraczka: Sie sollten das Thema ernst nehmen!) - Ja ja, ich nehme das ernst. Ich hoffe, Sie haben dann die Geduld, sich die gesamte Beantwortung anzuhören und sich nicht nur auf Zwischenrufe zu konzentrieren. (GR Mag. Thomas Reindl: Zuhören! - GR Mag. Manfred Juraczka: Ich habe nichts anderes …!) Also, ich nehme mir die Zeit. Ich hoffe, Sie auch, Herr Präsident. (Beifall bei der SPÖ.)

 

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