Gemeinderat, 64. Sitzung vom 19.02.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 60 von 80
riger, sodass in Wien folglich der Anteil an erwerbstätigen Frauen in Vollzeitbeschäftigung höher ist als in Österreich. Der Teilzeitanteil bei Männern ist hingegen in Wien deutlich höher als in Österreich. Dies hängt, den hiesigen Experten zufolge, mit der Funktion Wiens als Bildungs- und Hochschulstandort zusammen, da viele junge Männer Teilzeit beschäftigt sind, während sie parallel dazu ein Studium absolvieren.
Zur Frage 20: Die Stadt Wien setzt mit all ihren Politikbereichen, ob Wohnen, Soziales oder Bildung, seit über hundert Jahren Maßnahmen, um einer räumlichen, sozialen und gesellschaftlichen Segregation entgegenzuwirken. Dafür ist Wien auch international als Vorzeigestadt bekannt und mit vielen Auszeichnungen prämiert worden.
Im Bereich des Politikfeldes Integration werden Maßnahmen und Projekte umgesetzt, die die Integration von neu zugewanderten Menschen unterstützen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und gegen Segregation wirken sollen. Ich möchte zwei aktuelle Beispiele nennen: Die Dialogreihe „Dein Wien, deine Stadt“ lädt einschlägige Organisationen und Multiplikatoren aus den Communitys zu Gesprächsrunden zu verschiedenen Themen ein. Ziel der Gesprächsrunden ist es, die Teilhabe und Teilnahme von nach Wien zugewanderten Menschen in allen Lebensbereichen zu fördern. Das Projekt Community-Kommunikatorinnen und -Kommunikatoren trägt erfolgreich zur Verbesserung der Kommunikation zwischen den Einrichtungen im Bezirk, in der Stadt und in Communitys bei und damit auch zur Stärkung des Vertrauens in demokratischen Institutionen.
Zur Frage 21: Bereits seit 2007 führt die Stadt Wien ein wissenschaftlich fundiertes Integrationsmonitoring für die Wiener Bevölkerung durch und nimmt dabei räumliche Differenzierungen in der Analyse vor. Dort, wo segregierende Entwicklungen mess- und beobachtbar sind, wird im Monitoring Bezug genommen. Der Integrationsstand der Wiener Bevölkerung wird durch die wissenschaftliche Analyse von Registerdaten und von Mikrozensusdaten der Statistik Austria beobachtet. Laut der hiesigen Experten konnte eine räumliche Segregation aufgrund der Herkunft bis dato nicht beobachtet werden.
Darüber hinaus werden aktuelle Themen und Fragen des Zusammenlebens zwischen Wienern mit und ohne Migrationshintergrund im Rahmen der sogenannten Zusammenlebensstudie anhand von Befragungen seit vielen Jahren wissenschaftlich erhoben und untersucht. Anders als andere Städte verfügt Wien somit für einen Zeitraum von über 15 Jahren über wissenschaftlich begleitete, auf Register- und Befragungsdaten beruhende Analysen des Integrationsstandes der Wiener Bevölkerung.
Zur Frage 22: Festzuhalten ist, dass geflüchtete Menschen erst mit Anerkennung des Asylstatus einen freien Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Für jene, die dann noch einen Basisbildungsbedarf oder einen Sprachförderbedarf haben, bietet die Stadt Wien diverse Programme und Angebote. Diese werden insbesondere durch den WAFF und das AMS gefördert und angeboten. Was die wirtschaftliche Entwicklung und insbesondere den Wiener Arbeitsmarkt betrifft, können durchwegs auch positive Entwicklungen vermerkt werden. Trotz Corona-Krise, weltweiten Lieferkettenproblemen, Ukraine-Krieg, hoher Inflation und starkem Bevölkerungsanstieg liegt die Arbeitslosenquote immer noch deutlich unter dem Niveau von 2015/2016.
Die unselbstständig Beschäftigten konnten im Jahr 2023 erstmals die Marke von 900 000 erreichen. Das ist insofern beachtlich, als der Anstieg um etwa 100 000 Beschäftigungsverhältnisse, von 800 000 auf 900 000 Personen, in lediglich 8 Jahren stattfand, jener von 700 000 auf 800 000 jedoch knapp 60 Jahre benötigte. Die aktuelle schlechte wirtschaftliche Situation ist in allen Bundesländern zu spüren. Der Wiener Arbeitsmarkt zeigt hierbei jedoch eine beachtliche Resilienz. Die Beschäftigungsentwicklung in Wien liegt seit 2021 über dem österreichischen Durchschnitt und die Beschäftigungszuwächse fallen seit 2015 stets höher aus.
Empirische Analysen aus der Wissenschaft weisen auch darauf hin, dass die Arbeitsmarktintegration von geflüchteten Personen Zeit und Investitionen erfordert. Dass Personen aus den Fluchtländern Afghanistan, Iran, Irak und Syrien ihren Weg auf den Arbeitsmarkt finden, zeigt der beachtenswerte Anteil des Beschäftigungswachstums aus diesen vier Ländern am gesamten Beschäftigungswachstum in Wien zwischen 2019 und 2024. In Summe waren Personen aus diesen vier Ländern für rund ein Fünftel des Beschäftigungszuwachses verantwortlich. Bei der Altersgruppe bis 24 Jahre sind es sogar 28 Prozent und bei den 25- bis 49-Jährigen 31,6 Prozent.
Generell leisten Personen mit Migrationshintergrund einen erheblichen Beitrag für den Wirtschaftsstandort Wien. Laut Schätzungen des WIFO wird 2021 fast ein Drittel der Brutto-Wertschöpfung in Wien durch Personen mit Migrationshintergrund erwirtschaftet. Ein hoher Anteil ergibt sich in den Branchen Bau und Tourismus, das sind über 50 Prozent, aber auch bei Gesundheit und Soziales beläuft sich der Anteil auf über 40 Prozent.
Die gesetzlich festgelegte Zuständigkeit für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen in Österreich liegt primär in der Verantwortung des Bundes. Wien wirkt in diesen Bereichen grundsätzlich subsidiär und ergänzend zur Arbeitsmarktpolitik des Bundes und versucht, Maßnahmen des Bundes zur Arbeitsmarktintegration zu unterstützen sowie die aufgrund der personellen und budgetären Unterausstattung des AMS immer wieder auftretenden Lücken und Defizite im Maßnahmenangebot des Bundes zu verkleinern und gegebenenfalls zu kompensieren.
Selbstverständlich setzen auch wir in Wien arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Für die Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren wurde jüngst mit September 2024 das AMS Jugendcollege von rund 900 auf über 4 000 Plätze massiv ausgebaut. Dabei handelt es sich um ein intensives, schulähnliches Bildungsangebot im Ausmaß von 30 Wochenstunden mit Schwerpunkten in den Bereichen Deutsch, Basisbildung bis zum Pflichtschulabschluss.
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