Gemeinderat, 64. Sitzung vom 19.02.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 68 von 80
für eine gemeinsame Schule? Wo bleibt da Ihr Einsatz? Das ist ja auch eine Art von Trennung!
Wir haben das Problem, dass wir Kinder ganz einfach segregieren, dass die Tochter aus einer Arztfamilie nicht neben dem Sohn eines Hacklers sitzen kann, der beispielsweise mit seiner Familie vor dem Krieg geflüchtet ist. Manchmal lernt dieses eine Kind aber genauso schnell wie das andere, doch der Weg ins Gymnasium ist ihm oft verwehrt. Wenn wir schon von Parallelgesellschaften reden, dann stelle ich fest: Diese haben wir auch in der Schule. Ihr wollt das differenzierte Schulsystem aufrechterhalten, damit wir uns da nicht gut durchmischen können, und das sehen wir komplett anders. (Beifall bei den GRÜNEN.)
In Wien haben wir das Problem - das ist eh auch schon angesprochen worden -, dass fast die Hälfte der Erstklässler nicht genügend Deutschkompetenzen aufweist, sodass sie nicht einmal beurteilt werden können, außerordentlich geführt werden müssen et cetera. Und das Schlimme dabei ist, dass die meisten dieser Kinder hier geboren wurden - also auch da eignet sich die rassistische Deutung nicht - und durchschnittlich zwei Jahre an einem Wiener Kindergarten waren. Das heißt, das Problem haben wir in Wien schon in den Kindergärten, wo die Sprachförderung leider nicht funktioniert, wo schlecht bezahlte Sprachförderkräfte, deren eigene Sprachkompetenz manchmal auch nicht ausreichend ist, von Standort zu Standort springen. Auf diese Weise kann natürlich keine nachhaltige Sprachförderung stattfinden. Deshalb wollen wir eine komplette Neuaufstellung der Sprachförderung im Kindergarten. Sprachförderkräfte sollen Teil eines Teams sein, es soll eine fixe Sprachförderkraft für jeden Standort geben, wo das gebraucht wird, anstatt SpringerInnen, die schlecht bezahlt von Standort zu Standort wechseln, wie das jetzt der Fall ist. Tatsächlich ist es so, dass viele Kinder im Stich gelassen werden, und das finden wir nicht verantwortungsvoll. Deshalb brauchen wir hier dringend eine komplette Reform der Sprachförderung im Kindergarten. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Abschließend noch ein bisschen zu den Zahlen. Der Herr Bürgermeister ist jetzt auch nicht mehr da, es wurden aber Zahlen vorgelesen. Das Tragische daran ist ja, dass in allen Bereichen und vor allem im Bildungsbereich Verschlechterungen eingetreten sind. Es gab keine Verbesserung unter der rot-pinken Stadtregierung.
Kommen wir noch einmal zurück zu den Sprachförderkräften: Es wurde gesagt, dass es laufend Erhöhungen der Zahl der Sprachförderkräfte gab. Tatsächlich haben wir jetzt 313 Vollzeitäquivalente. Wenn wir uns aber die Homepage der NEOS anschauen, wo das Ziel festgehalten ist, bis zum Ende des Jahres zusätzlich noch 500 Sprachförderkräfte anzustellen, dann frage ich mich schon, ob Sie das selbst ernst nehmen können. Das ist, wie ich meine, äußerst unglaubwürdig und eigentlich auch ein bisschen peinlich, um ehrlich zu sein. (Beifall bei den GRÜNEN.)
In 71 Einrichtungen gibt es nicht einmal eine Sprachförderkraft, das ging auch aus der Beantwortung hervor. Es sind da also wirklich einige Zahlen zum Vorschein gekommen, die erschreckend sind. Gleichzeitig wurde gesagt, dass der Sprachförderbedarf steigt, und wir alle, die wir als LehrerInnen in der Praxis stehen, sehen, dass es tatsächlich so ist und dass wir uns das nicht irgendwie aus den Fingern saugen.
Der Herr Bürgermeister hat gesagt, was nötig wäre, und eigentlich hat er auch grüne Forderungen erwähnt: Es braucht einen besseren Fachkraft-Kind-Schlüssel, kleinere Gruppen und mehr Vorbereitungszeit. Er hat auch gesagt, dass es eine Anstrengung von Bund und Land gleichermaßen braucht. Das sehen wir auch so, wir haben das aber bei den 15a-Verhandlungen überhaupt nicht wahrgenommen. Es ist auch nichts passiert in dem Sinne, dass es einen Einsatz des Bildungsstadtrates Wiederkehr beispielsweise für bundeseinheitliche Qualitätsstandards gab. Aber auch von der SPÖ haben wir diesbezüglich nichts gesehen. Es ist gar nichts passiert. Es wurde zwar gesagt, was nötig wäre, und da schließen wir uns an, passiert ist in den letzten Jahren diesbezüglich aber gar nichts in Ihrem Kompetenzbereich.
Nun noch zu den Volksschulen: Die Zahl jener mit außerordentlichem Status ist erschreckend, und das gilt auch für die Zahlen in der Schulsozialarbeit: Für 466 Pflichtschulen gibt es 70 Vollzeitäquivalente in der Schulsozialarbeit. Das kann sich ja nicht ausgehen! Wir fordern eine Schulsozialarbeiterin beziehungsweise einen Schulsozialarbeiter für jeden Standort. Das braucht es tatsächlich. Ich kann Ihnen als Lehrerin garantieren, dass das dringend nötig ist. Und diese Zahl ist wirklich beschämend.
In diesem Bereich ist nichts weitergegangen. Deshalb möchte ich jetzt nur mehr schließen mit einem Dankeschön an die ÖVP für diese interessante Anfrage. Diese hat uns tatsächlich gute Zahlen geliefert. Wir würden uns wünschen, dass Sie sich auch im Bildungsbereich ein wenig oder mehr einsetzen beziehungsweise endlich einmal einsetzen, um diese Spaltungstendenzen aufzuhalten. Das habe ich von der ÖVP noch nie wahrgenommen, und ich glaube, das wird auch so schnell nicht passieren.
An Rot-Pink gerichtet kann ich nur sagen, dass ich wirklich der Meinung bin, dass Sie zu wenig Anstrengungen im Bildungsbereich und vor allem im Elementarbereich unternommen haben, wo Sie direkt verantwortlich wären, und deshalb glaube ich Ihnen in diesem Zusammenhang eigentlich nichts mehr, um ehrlich zu sein. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist GR Neumayer. Ich erteile es ihm.
GR Jörg Neumayer, MA (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Werter Herr Vorsitzender! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte mit einem Plädoyer oder mit einem Appell beginnen, mit dem ich heute auch aufhören werde: Bitte lassen Sie uns gerade in der bildungspolitischen Frage über die Bundeslandgrenzen und über die Parteigrenzen hinweg zukünftig zusammenarbeiten! Unsere Kinder haben das verdient, unsere Pädagoginnen und Pädagogen haben das verdient, unsere Zukunft dieser Stadt und dieses Landes hat es verdient. (Beifall bei SPÖ und
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