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Gemeinderat, 64. Sitzung vom 19.02.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 80

 

meister, das ist eine Versiebenfachung der Wartezeit, und das ist unfassbar!

 

Sie behaupten - und ich nehme es Ihnen auch ab, ich glaube auch, dass Sie es ernst meinen -, die Gesundheitsversorgung hat oberste Priorität. Wenn das so ist - und das glaube ich auch -, dann muss sehr rasch etwas gemacht werden. Da kann man nicht zur Tagesordnung übergehen. Sie haben die Fragen sehr ausführlich beantwortet. Man darf sich aber nicht auf das Beantworten von Fragen beschränken und dann halt das Kapitel wieder mit dem Gedanken abhaken: Das war halt eine Dringliche, und das war’s. - Das kann es bitte nicht sein! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Das Wiener Gesundheitssystem ist nämlich selbst der größte Notfallpatient in der Stadt Wien. (GR Mag. Josef Taucher: Kommen deswegen alle Gastpatienten zu uns, weil es so schlecht ist?) Da geht es ja schon wieder los! Anstatt sich das anzuhören, betroffen zu sein und aktiv zu werden, wird sofort etwas gesucht, um das Ganze ins Lächerliche zu ziehen! Denken Sie bitte wirklich alle darüber nach! Durch den Zuzug sind wir in eine sehr prekäre Situation gekommen, die sich noch weiter enorm verschlimmert. Ich nenne Ihnen nur ein paar Beispiele.

 

Im Gegensatz zu 2019 - ich habe, wie gesagt, ganz bewusst diesen Zeitraum gewählt, weil ja gesagt wird, dass jetzt die NEOS dabei sind und alles besser ist, gibt es um 600 diplomierte Pflegekräfte weniger in den Wiener Spitälern. Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten ist von 27°Prozent auf 33°Prozent gestiegen. Und das Wissen, dass mehr Ärzte Wien verlassen, ist, glaube ich, schon Allgemeingut. Allein im Jahr 2023 konnten 84°Facharztstellen nicht nachbesetzt werden. Da müssen wirklich alle Alarmglocken läuten! (Zwischenruf von GR Kurt Wagner.)

 

Man hat auch Maßnahmen gesetzt. Gerade seit Herr StR Hacker da ist, werden Maßnahmen gesetzt. Aber es gibt natürlich sehr viel Rückstau und alles geht viel zu langsam, sodass wir auf einem dementsprechenden Niveau sind. All das ist zu überprüfen. Ich erzähle Ihnen keine Märchen, sondern das sind die Fakten. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Natürlich brauchen auch auf Grund des Zuzuges immer mehr Menschen medizinische Versorgung, auch das ist klar. Diese Menschen treffen aber auf ein zunehmend geschwächtes System. Und das müsste eigentlich genau umgekehrt sein. Was meine ich damit wieder konkret? - Im August 2024 waren in den Wiener Spitälern rund 1 500 Spitalsbetten gesperrt. Diese Bettenanzahl entspricht ungefähr der Bettenanzahl im AKH.

 

Eine Anfragebeantwortung von uns hat ergeben, dass es in den Wiener Stadtspitälern 58 Entlassungsmanager - das muss man sich anhören, 58 Entlassungsmanager - gibt. Jeder, der mit Krankheit und Gesundheit zu tun hat, weiß, dass Entlassungsmanagement ganz entscheidend ist. Da es aber 5 700 Betten gibt, bedeutet das, dass ein Entlassungsmanager oder eine Entlassungsmanagerin im Schnitt für 100 Betten verantwortlich ist. Können Sie sich vorstellen, dass das wirklich ein Entlassungsmanagement ist, mit dem der Patient zufrieden gestellt werden kann? - Also ich nicht!

 

Wie spüren die Wiener Patienten dieses Missmanagement? - Vor allem durch die überlangen Wartezeiten in den Ambulanzen und auf Operationen. Das hat sich in den vergangenen fünf Jahren jetzt nicht verbessert, sondern ganz gravierend verschlechtert.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich so in die Reihen schaue und Sie in diesem Sinn befragen, dann würden Sie mir sicherlich alle sagen, wir lieben unsere Stadt, wir leben gerne in unserer Stadt, wir arbeiten gerne in unserer Stadt. Aber gerade in schwierigen Situationen, wenn man zum Beispiel krank beziehungsweise sozial geschwächt ist, dann zeigt sich die Qualität einer Stadt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und da muss ich Ihnen sagen, der Alltag im Wiener Gesundheitssystem entspricht nicht der besonderen Qualität, die notwendig wäre. Leider sehe ich ihn jetzt nicht, sage aber, Sie, Herr Bürgermeister, haben das Recht, Kompetenzen an sich zu ziehen. Und wenn für Sie die Gesundheitsversorgung oberste Priorität hat, was ich wirklich wieder unterstreiche, dann bedeutet das, dass Sie sich ja entsprechende Kompetenzen holen könnten. Sie könnten Missstände direkt lösen. Sie könnten Reformen direkt angehen. Warum tun Sie das nicht?

 

Stattdessen werden alte Maßnahmen immer wieder wiederholt: Sanierung der Spitäler. - Ja. Das ist eine gute Maßnahme, kommt aber um 20°Jahre zu spät! Ich habe bereits 2020 in einer Rede den Zustand der marodesten Spitäler der Stadt aufgedeckt und diese aufgezählt. Da gab es eine riesige Aufregung bei der Regierungsfraktion. Das wurde, wie man sagen kann, fast als Majestätsbeleidigung bezeichnet. Es hat dann weitere zwei Jahre gedauert, bis endlich ein Modernisierungsprogramm gekommen ist, das jetzt bis 2040 ausgedehnt wurde. (Zwischenruf von GR Kurt Wagner.)

 

Herr Kollege Wagner, wir kennen einander schon sehr lange. Sie werden sich gut erinnern, dass wir Jahre vorher dasselbe Konzept, allerdings bis 2030, vorgesehen haben. (GR Kurt Wagner: Aber nicht in diesem Umfang.) Okay. Dann haben Sie gesagt, dass sich das nicht ausgeht, und jetzt sind wir bei 2040. Man hat das also um zehn Jahre erweitert.

 

Und nach der Klausur vor einigen Wochen habe ich vernommen beziehungsweise gelesen, dass all das noch einmal wiederholt worden ist und dass sich nichts geändert hat. 2040 ist jetzt der Termin. Das wurde schon im Vorjahr festgelegt, und heuer wird das nur wiederholt. Das ist zu wenig! Damit kann man zwar vielleicht in einem Medium etwa mit der Überschrift unterkommen, die Landesregierung gibt ihr Programm bekannt. Da müsste man aber schon dazusagen, das ist allerdings jetzt eine Wiederholung, nur so nebenbei gesagt.

 

Ich bedauere, dass der Herr Bürgermeister jetzt nicht da ist. Da muss ich doch anmerken: Wir machen diese Dringliche heute und nicht aus Jux und Tollerei oder weil uns so langweilig ist oder weil wir nicht nach Hause gehen wollen oder was auch immer, sondern weil wirklich der Hut brennt. Im Hinblick darauf erwarte ich - mag sein, dass ich sehr anspruchsvoll bin - sehr wohl die

 

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