Gemeinderat, 66. Sitzung vom 26.03.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 73
auch İmamoğlu betrifft, das ist die Praxis in der Türkei, die im Moment gang und gäbe ist.
Warum betrifft uns das Ganze in Wien? - Weil Erdoğans langer Arm bis zum Wiener Gemeinderat reicht, weil Erdoğan immer wieder versucht, junge Menschen für seine eigenen machtpolitischen Zwecke politisch zu instrumentalisieren, ihnen das Zugehörigkeitsgefühl wegnimmt und dadurch gleichzeitig auch einen massiven Schaden an unserer Integrationspolitik ausübt. Es ist auch verdammt wichtig, dass wir als Demokratinnen und Demokraten es nicht zulassen dürfen, dass auf Grund der ausländischen Einflüsse eine menschenverachtende Politik ausgeübt wird und junge Menschen für eigene politische Zwecke instrumentalisiert werden.
Das Ganze geht weit hinaus bis zum Extremismus. Wir haben heute ja viel über Extremismus geredet. Das ist auch einer der Gründe, warum wir uns dagegenstellen müssen, warum wir eine klare Haltung gegen diese Willkürjustiz und gegen diese menschenverachtende Politik haben sollten. (Beifall bei den GRÜNEN sowie von GRin Mag. Dolores Bakos, BA.)
Der Rat der Gemeinden und Regionen Europas hat bereits klare Worte dafür gefunden: Er verurteilt die Willkürjustiz in der Türkei und solidarisiert sich mit dem CHP-Bürgermeister Ekrem İmamoğlu. Unter dieser Erklärung finden wir die Unterschriften sehr vieler Bürgermeister aus ganz Europa. Wir haben jene von Bürgermeister Ludwig darauf vermisst. Seine Unterschrift war auf dieser Unterzeichnungsliste nicht zu lesen. Ich hätte mir gewünscht, sein Name wäre darauf.
Abgesehen davon haben wir noch bis zur letzten Sekunde gehofft, dass die SPÖ den Antrag mit uns zusammen einbringt, um sich mit İmamoğlu zu solidarisieren und auch die türkische Willkürjustiz zu verurteilen. In letzter Sekunde haben wir jetzt doch einen Antrag bekommen. Es freut uns, dass der Druck da ziemlich gewirkt hat. Widerstand wirkt also. Was haben Sie gemacht? - Sie haben unseren Antrag einfach eins zu eins kopiert, nur steht im Beschlusstext der Name Ihres Pateifreundes Ekrem İmamoğlu gar nicht drinnen. Das muss man sich auch einmal vorstellen.
Was ist jetzt? Ist da jetzt mehr gemacht worden? - Ich finde nicht, denn die Tatsache, dass sich Bürgermeister Ludwig immer noch nicht mit seinem Parteifreund und seinen Genossen solidarisiert hat, ändert sich damit ja trotzdem nicht. Es gibt bis heute noch keine einzige Wortmeldung dazu. Das zeigt einfach ein massives Glaubwürdigkeitsproblem in Bezug auf dieses Thema, Leute. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Was ich sagen will: Wir freuen uns, dass einige von euch tatsächlich den Mut ergriffen und einen derartigen Antrag eingebracht haben. Viel wichtiger ist aber, was dann am 1. Mai passiert, wenn viele von euch dann lauthals Zurufe wie „Hoch die internationale Solidarität!“ machen. Denn ich glaube, darin habt ihr tatsächlich ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Wenn ihr einen sozialdemokratischen Bürgermeister habt, der nicht einmal selber in der Lage ist, an seine eigenen sozialdemokratischen Werte zu glauben, wie wollt ihr dann daran glauben, dass die Menschen da draußen euch das abkaufen werden? Ihr könnt mit kopierten Anträgen wahrscheinlich durchkommen, aber das macht euch trotzdem nicht glaubwürdig. Trotzdem bleibt am Ende des Tages, dass ein sozialdemokratischer Bürgermeister nicht in der Lage war, sich gegen einen Autokraten zu stellen und sich mit einem Parteifreund zu solidarisieren. Das ist wirklich ein sehr schlechtes Zeugnis für euch. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN und von GRin Mag. Caroline Hungerländer und GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM.)
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächste Rednerin ist GRin Mag. Bakos zum Wort gemeldet. - Bitte.
GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS): Frau Vorsitzende! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier und auch vor den Bildschirmen! Wir beschließen heute eine ganze Reihe unterschiedlicher Förderungen im Integrationsbereich, wobei ich dieses Mal ganz besonders die Nachbarinnen hervorheben möchte. Vielleicht kennt der eine oder die andere dieses großartige Projekt.
Die Nachbarinnen sind mobile Sozialassistentinnen, die im Jahr etwa 300 Familien - und lassen Sie mich das jetzt vielleicht auch etwas zugespitzt formulieren - mitunter vom Rand der Gesellschaft in die Mitte unserer Gesellschaft holen und sie unterstützen. Man könnte jetzt vielleicht annehmen, sie nehmen sie an der Hand, begleiten sie bei Behördengängen, füllen für sie die Formulare aus und so weiter und so fort. Das ist aber eben nicht das Ziel.
Sondern das große Ziel dieses Projektes ist es, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, also die Hilfe zur Selbstermächtigung, diese nachhaltige Selbstermächtigung auch zu vermitteln und die betreffenden Menschen auf eben diesem Weg in die Mitte unserer Gesellschaft zu unterstützen, indem sie, wenn sie neu hierhergezogen sind, selbst Erfolgsgeschichten schreiben, selbst zur Behörde gehen und selbst ein Formular ausfüllen können und ihre eigene Lebensgeschichte eben auch hier in Österreich weiterschreiben können. (Beifall bei den NEOS und von GRin Martina Ludwig-Faymann.)
Die betreuten Familien erhalten und erreichen nach der Teilnahme an diesem Empowerment-Programm - denn das ist es am Ende des Tages - neue Bildungs- und Berufsperspektiven. Die Kinder erreichen noch bessere schulische Leistungen. Frauen, die mitunter vielleicht in stark patriarchalen Familienstrukturen leben - das zu betonen, ist mir als Frauensprecherin natürlich ganz besonders wichtig -, lernen vielleicht das allererste Mal Selbstbestimmtheit, wenn es im Fall der Fälle tatsächlich so ist.
Mit der Nähwerkstatt, die ebenfalls von den Nachbarinnen betrieben wird, finden manche Frauen ihre allererste Arbeitsstelle und damit teilweise mitunter auch ihren Weg aus der Isolation und der Abhängigkeit. Das hauptsächliche Ziel von Nachbarinnen ist es also, aufsuchende Familienarbeit als Integration zu betreiben. Das ist ja etwas, worüber wir hier in diesem Haus ganz oft sprechen. Deshalb gehe ich auch davon aus, dass das von allen Fraktionen hier genauso unterstützt wird.
Ich möchte aber auch die Gelegenheit nutzen, mich ganz herzlich bei diesem Verein, aber auch bei allen an
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