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Gemeinderat, 66. Sitzung vom 26.03.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 45 von 73

 

und die wir ihnen nicht gewähren - das ist kein Gnadenakt -, sondern wir vollziehen einen Rechtsstaat. Das darf man sich nicht schlechtmachen lassen. Dazu dienen die Einrichtungen der Stadt Wien, und dazu dienen letztendlich auch die drei Vereine, über deren Förderungen wir reden.

 

Meine VorrednerInnen haben sich bereits zu einigen Vereinen geäußert. Ich habe eine persönliche Beziehung zum Verein Asylkoordination. Ich kenne ihn seit vielen, vielen Jahren und weiß, dass er eine sehr gute Arbeit macht. Es hat mich sehr gefreut, dass die ehemalige Leiterin der Asylkoordination eine hohe Auszeichnung der Stadt vom Herrn Bürgermeister überreicht bekommen hat.

 

Ich sage Ihnen, dass in einer Menschenrechtsstadt wie Wien die Frage der Einbindung der Zivilgesellschaft in die Aktivitäten im Flüchtlingsbereich unerlässlich ist. Eines sage ich Ihnen schon, meine Damen und Herren: Jeden Versuch des Schlechtmachens zivilgesellschaftlichen Engagements gerade in der Umsetzung der Menschenrechte weisen wir zurück, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Es geht nicht um Gnadenakte. Es geht um Recht und Gerechtigkeit in einem Land, in dem wir stolz darauf sind, dass wir in Österreich und in der Europäischen Union „The Rule of Law“ auf unsere Fahnen geschrieben haben und das auch umsetzen wollen. Demzufolge sind alle drei Förderungen mehr als gerechtfertigt, meine Damen und Herren. In Wirklichkeit würde ich mich gern bei den drei Institutionen bedanken. Das mache ich im Namen des Gemeinderats jetzt auch. - Ich will mich für Ihre wertvolle Arbeit bedanken und Ihnen sagen: Macht weiter so! Ihr seid eine Bereicherung für die Stadt Wien.

 

Ein anderes Thema, das damit zusammenhängt, ist die Frage von Integration und Zivilisation in Österreich und die Frage der Betroffenheit von in Wien lebenden Menschen. In Wien leben auch eine ganze Menge Menschen aus der türkischen Republik, die inzwischen österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sind oder die nach wie vor Staatsbürgerinnen und Staatsbürger der türkischen Republik sind. Demzufolge nimmt es nicht Wunder, wenn Vorfälle innerhalb der türkischen Republik Anlass zu Diskussionen in Wien geben.

 

Jetzt bin ich in aller gebotenen Deutlichkeit vorsichtig. Es ist natürlich schon so, dass wir uns nicht in das Rechtssystem anderer Staaten einmischen können. (GRin Mag. Berivan Aslan: Das ist ja kein …! Das ist ein politischer Prozess! - Gegenruf bei der SPÖ: Zuhören!) Wahr ist aber auch - das hat eine Vorrednerin richtigerweise gesagt -, dass die Vorfälle in der türkischen Republik zumindest anrüchig scheinen und dass in Wirklichkeit bei vielen Menschen der Verdacht von Willkür aufkommen könnte. (GRin Mag. Berivan Aslan: Alles super! - GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Das ist euer Genosse!)

 

Zugegeben, jetzt bin ich übergebührlich vorsichtig, aber ich sage Ihnen offen, es kann nicht so sein, dass jemand auf Grund eines unbewiesenen Vorwurfs ein öffentliches Amt aberkannt bekommt. Das kann nicht sein. Das entspricht nicht unseren demokratischen Standards. Das ist etwas, was wir zurückweisen müssen.

 

Das hat - ohne hier eine Genossinnen- und Genossenweglegung zu machen - nichts damit zu tun, ob die betroffenen Personen Sozialdemokratinnen oder Sozialdemokraten sind. (Neuerlicher Zwischenruf des GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM.) Das gilt für alle Funktionsträgerinnen und Funktionsträger. Die internationale Organisation hat das auch deutlich gesagt: Jeder Versuch, in die Autorität und die Integrität öffentlicher Amtsträger einzugreifen, ist zurückzuweisen. (GRin Mag. Berivan Aslan: Welche Autorität?) Das tun wir auch mit einem Antrag, den ich gleich gemeinsam mit meinen Freundinnen Safak Akcay, Dolores Bakos und Selma Arapović einbringen werde.

 

Da geht es schon um die Frage: Kann es sein, dass jemand auf Grund eines unbewiesenen Vorwurfs seines Amtes enthoben wird? Da sage ich Ihnen ganz offen - ohne den Rechtsbestand der türkischen Republik im Detail zu kennen -: aus meinem Verständnis nicht. Aus meinem Verständnis kann das nicht in Ordnung sein.

 

Demzufolge gehen wir her und verlangen eine Aufklärung auf rechtsstaatlichem Niveau. Wir verlangen, dass das nach den Regeln des Rechts stattfindet. Wir verlangen, dass alle politischen Gefangenen und alle Gefangenen auf Grund politischer Vorwürfe freigelassen werden. Das betrifft ja nicht nur einen, das sind ja Hunderte, und es betrifft nicht nur die Gegenwart, sondern auch die Vergangenheit. Denn das hat mit strafrechtlichen Verfahren ja an und für sich nichts zu tun. (Zwischenruf von GRin Mag. Berivan Aslan.)

 

Dann muss ich halt darauf hinweisen, dass zwei von drei Vorwürfen gegen den Bürgermeister von Istanbul vom Gericht zurückgewiesen worden sind und der dritte jetzt verfolgt wird. Da muss man sich genau anschauen: Ist das gerechtfertigt und entspricht das rechtsstaatlichen Standards? Diese fordern wir gemeinsam ein. Es wäre gut, wenn das ganze Haus das machen würde. Ich fordere daher alle auf, diesem Antrag zuzustimmen, denn darum geht es in diesem Antrag.

 

Meine Damen und Herren, es ist mir schon eine wichtige Frage, und ich lasse mir das jetzt nicht auf eine parteipolitische Zugehörigkeit reduzieren, sondern das betrifft alle gewählten Amtsträgerinnen und Amtsträger auf der ganzen Welt: Es kann nicht sein, dass Menschen auf Grund ihrer Haltung und ihrer Einstellung unter Verdacht gestellt, eingesperrt und ihres Amtes enthoben werden. Das ist aus meinem Verständnis unmöglich. Das muss man deutlich zurückweisen. Das tun wir auch, meine Damen und Herren. Das tun wir auch. (Beifall bei der SPÖ und von GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc. - GRin Mag. Berivan Aslan: Warum habt ihr dann so lange gewartet?)

 

Die CEMR hat eine Erklärung abgegeben. Das ist eine Organisation, in der auch Wien Mitglied ist. Diese Erklärung unterstützen wir vollinhaltlich und fordern auch den Gemeinderat auf, das zu tun. Das steht auch in unserem Antrag drinnen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das bei gutem Wind hoffentlich auch eine einstimmige Beschlussfassung sein wird, die Rechte kommunaler Amtsträgerinnen und Amtsträger gemäß der Charta der lokalen Selbstverwaltung zu schützen und zu achten.

 

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