Gemeinderat, 66. Sitzung vom 26.03.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 73
Jugendzentren. Auch bei der Postnummer 17 darf ich Befangenheiten bekannt geben, nämlich haben sich GRin Bakos und GRin Hanke bei dieser Postnummer als befangen erklärt.
Ich ersuche die Berichterstatterin, Frau GRin Abrahamczik, die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatterin GRin Mag. Nina Abrahamczik: Vielen Dank. - Ich darf um Zustimmung bitten und ich hoffe, die Frau Vorsitzende erlaubt mir, weil es dazwischen schon etwas lauter war im Saal, darauf hinzuweisen, dass gleich eine Erstrede folgt vom Kollegen Rihan, weshalb ich vielleicht um Aufmerksamkeit bitten darf. Danke.
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Danke für diesen Hinweis. - Ich eröffne damit die Debatte. Zum Wort gemeldet ist GR Rihan, und ich erteile es ihm. - Bitte.
GR Mag. Karim Rihan (NEOS): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher!
Es ist mir eine ganz große Freude, heute hier meine erste Rede im Gemeinderat zu halten, und doch ist es eine kleine Rückkehr für mich. Vor ungefähr 15 Jahren saß ich hier als Schulsprecher im SchülerInnenparlament und durfte erfahren, was Demokratie bedeutet, zuhören, diskutieren und Kompromisse finden. Heute stehe ich wieder da und setze mich wieder für die Demokratie ein, diesmal auf einer anderen Ebene. Es passt auch sehr gut zum heutigen Thema, gelebte Demokratie in den Schulen.
Wir alle wissen, Schulen sollen nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch mündige Menschen bilden. Das ist nicht nur eine schöne Idee, das ist auch gesetzlich verankert. Gemäß § 2 Abs. 1 des Schulorganisationsgesetzes haben Schulen den Auftrag, junge Menschen dazu zu befähigen, selbstständig zu urteilen, ein soziales Verständnis zu entwickeln, Offenheit gegenüber anderen politischen und weltanschaulichen Positionen zu zeigen und in Freiheit und Friedensliebe an den gemeinsamen Aufgaben der Menschheit mitzuwirken. (Beifall bei den NEOS.)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, diese Gesetzesbestimmung hat aber auch einen sehr wichtigen geschichtlichen Hintergrund. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde das österreichische Schulsystem systematisch mit autoritären und antidemokratischen Inhalten und Strukturen deformiert. Die Zweite Republik hat daraus gelernt und 1962 ein Schulorganisationsgesetz geschaffen, um den demokratischen Rechtsstaat zurück in die Klassenzimmer zu bringen. Sie hat früh eines verstanden: An den Schulen wird die Gesellschaft der Zukunft geschmiedet. (Beifall bei den NEOS.)
Man hat früh verstanden, an den Schulen wird die Gesellschaft der Zukunft geschmiedet. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Auch international sind wir dazu verpflichtet. Die Charta des Europarates betreffend Education for Democratic Citizenship and Human Rights Education verpflichtet uns, Bildungseinrichtungen demokratisch zu gestalten, nicht nur im Unterricht, sondern auch im Alltag. Nach den sogenannten PISA-Schocks wird ja oft gefragt: Was leisten unsere Schulen? - Doch wenn wir an Leistungen denken, denken wir meist nur an die harten Fächer wie Mathematik, Lesen, Schreiben, Naturwissenschaften, und nur die wenigsten wissen: PISA misst auch die demokratischen Kompetenzen der jungen Menschen.
Was bedeutet das für uns? - Die Conclusio lautet, Politik und Schule tragen gemeinsam Verantwortung. Wir sollen junge Menschen nicht nur über Demokratie aufklären, sondern ihnen die Möglichkeit geben, sie zu erleben. Demokratische Kompetenzen entstehen nicht im Frontalunterricht, sondern sie entstehen im Handeln und im Mitwirken. Es geht um eine Kombination aus Haltung, Bewusstsein, Wissen und praktischen Fähigkeiten, zum Beispiel um die Frage: Wie gestalte ich ein Debattenforum, in dem das Streiten Spaß macht und man sich nicht gleich die Köpfe einschlägt.
Ganz ehrlich, was ich mir heute hier zum Beispiel von der FPÖ anhören durfte, verursacht vielleicht ein Kopfschütteln und ist schmerzhaft. Das ist jedoch Demokratie: Wir müssen zuhören können und versuchen zu verstehen, auch wenn es schwierig ist. Und das Wichtigste dabei ist: Das muss mit Respekt geschehen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Genau das müssen wir jungen Menschen beibringen, nämlich zu streiten, ohne zu zerstören, denn eines der größten Probleme unserer heutigen Zeit ist die Polarisierung. Es gibt eine Spaltung, Menschen mit anderen Meinungen werden stigmatisiert, und das Recht auf freie Meinungsäußerung wird zusehends in Frage gestellt. Und dagegen hilft keine App und hilft auch kein Lehrbuch, sondern dagegen hilft nur gelebte Demokratie. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Was brauchen wir? - Wir brauchen politische Bildung, die lebensnah ist. Wir brauchen politische Bildung, die praktisches Lernen ermöglicht, die gesellschaftliche Fragen aufgreift und die eine konstruktive Streitkultur fördert. Das Projekt Demokratieschule ist ein guter Ansatz, es verdient unsere volle Unterstützung. Denn ich sage ganz ehrlich, Demokratie beginnt nicht hier im Gemeinderat, sondern in den Klassenzimmern. - Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächste zum Wort gemeldet ist GRin Hungerländer. - Sie sind am Wort.
GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP): Herr Kollege!
Ich gratuliere zu dieser ersten Rede! Sie haben sehr viele richtige und wichtige Dinge gesagt. Wir schließen uns Ihren Ausführungen in den meisten beziehungsweise in allen Punkten, wenn ich mich recht erinnere, vollinhaltlich an und werden diesem Poststück auch zustimmen.
Ich möchte aber dennoch anmerken: Demokratieschulung ist extrem wichtig, und es ist extrem wichtig, dass wir hier Debatten führen. Unsere Demokratisierungsbemühungen gehen aber weiter darüber hinaus. Die Stadt Wien ist ja jetzt die selbst ernannte Demokratiehauptstadt. Auch das ist ein Projekt, das uns viele Hundertausende Euro an Steuergeldern wert ist. Ich sehe die Tendenz, dass wir bereit sind, Geld für Demokratieschulungen auszugeben. Ich sehe die Tendenz, dass wir bereit sind, Geld für Workshops, Computerspiele oder Challenges auszugeben,
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