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Gemeinderat, 66. Sitzung vom 26.03.2025, Wörtliches Protokoll  -  Seite 59 von 73

 

also für alle möglichen Tools, mit denen Demokratie beziehungsweise Demokratisierung unterstützt und vorangetrieben werden soll.

 

Auch das ist richtig, aber das ist halt nur ein Teil der gelebten Demokratie. Der andere Teil der gelebten Demokratie ist es, tatsächlich Demokratie zu leben, das heißt, die Menschen tatsächlich dort mitbestimmen zu lassen, nämlich im Hinblick auf ihr unmittelbarstes Lebensumfeld, wenn es beispielsweise um große Bauprojekte geht. Ich kann mich an schreckliche Szenen in der Donaustadt erinnern, als es um Großbauten ging. Der Herr Bezirksvorsteher, der zu einer Bürgerversammlung kommen musste, ist gleich wieder gegangen und hat sich eben nicht den Bürgeranliegen gestellt. Somit war das kein demokratischer Mitbestimmungsprozess.

 

Ein weiteres Beispiel ist die Einführung des Parkpickerls. Ein völliges Chaos resultiert, weil man eben nicht den Schritt hin zu den Anrainern gemacht und gefragt hat: Wie können wir das in euren Straßen, wo ihr seit fünfzig Jahren lebt, am besten lösen?

 

Demokratisierung, Demokratieschulung und gelebte Demokratie können nicht in einem abgegrenzten Raum stattfinden. All das kann nicht hinter verschlossenen Türen gelehrt werden. Vielmehr müssen wir das auf die Straße tragen, und wir müssen das vorleben. Als Politiker müssen wir tatsächlich so konsequent sein, Menschen einzubinden, und zwar auch dann, wenn etwas vielleicht nicht unserer Meinung entspricht, beziehungsweise auch dann, wenn es ein bisschen unangenehm ist.

 

Ich wünsche mir, dass wir nicht nur Steuergeld in die Demokratisierung ausschütten, sondern dass wir Demokratie und Bürgerbeteiligung auch dort leben, wo es den unmittelbaren Lebensbereich von Menschen betrifft. Ich wünsche mir, dass wir die Anrainer fragen, wenn es um tiefgehende Veränderungen in ihrem Lebensumfeld geht. Nur mit Bürgerbeteiligung sind wir als Demokraten wirklich effektiv, nur dann können wir wirklich dahinterstehen. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist GR Neumayer. Ich erteile es ihm.

 

15.06.35

GR Jörg Neumayer, MA (SPÖ)|: Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich wollte mich nicht zu einer tatsächlichen Berichtigung melden, halte aber jetzt fest: Wir sind nicht selbsternannte Demokratiehauptstadt, sondern wir sind europäische Demokratiehauptstadt, und darauf sind wir wahnsinnig stolz. Ich glaube, das verdient einen Applaus. - Vielen herzlichen Dank! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

Ich weiß, dass die Liste der verschiedenen Zuschreibungen für unsere Stadt als eine der innovativsten, sichersten und lebenswertesten Städte, der Status als, Demokratiehauptstadt und vieles andere mehr der Opposition nicht immer gefällt. Trotzdem möchte ich mich aber gerade in der Frage der Demokratiehauptstadt bei Ihnen bedanken, dass auch Sie einen Teil an diesem Ergebnis haben. (GR Mag. Manfred Juraczka: Wir haben das schon so oft diskutiert! Machen Sie dieses Thema nicht wieder auf!)

 

Herr Juraczka! Ich bin mir nicht sicher, ob Ihr Zwischenruf notwendig ist. Ich wollte mich aber gerade auch bei Ihnen bedanken, dass hier die Zusammenarbeit über alle Parteien funktioniert. Und dementsprechend ist Ihr Zwischenruf eher kontraproduktiv als unterstützend. (GR Mag. Manfred Juraczka: Macht nichts!)

 

Im Sinne dessen, dass wir alle hier - trotz solcher Zwischenrufe - wirklich über weite Strecken gut zusammenarbeiten, möchte ich auf den Antrag eingehen, den wir hier einbringen. Dieser ist nämlich ein weiterer Schritt in die Zukunft. Es handelt sich nämlich um einen Antrag zu mehr digitalen Kinder- und Jugendarbeit und mehr digitaler Sozialarbeit.

 

Warum stellen wir diesen Antrag heute? - Wir wissen: Unsere Kinder und Jugendlichen sind in den Schulen von den besten Pädagoginnen und Pädagogen betreut. Wir wissen, dass unsere Kinder und Jugendlichen am Nachmittag beispielsweise von FreizeitpädagogInnen oder im Hort oder in den Parkanlagen von Kinder- und Jugendarbeiterinnen und -arbeitern betreut werden. Dann sehen wir aber - und das sage ich auch zum Herrn Kollegen aus den freiheitlichen Reihen -, dass Kinder und Jugendliche gerade im Kinderzimmer oft allein sind. Und wir wissen aus allen Studien, die österreichweit und international in Auftrag gegeben werden: Die wenigsten Leute radikalisieren sich noch in irgendwelchen schwindligen Hinterhöfen oder dergleichen, sondern die eigentliche Bedrohung unserer Kinder und Jugendlichen geht vom Handy aus. So können Radikalisierung und Extremismus durch alle Türen bis in die Privaträume unserer Kinder und Jugendlichen gelangen. Und im Hinblick darauf sagt die Stadt Wien ganz klar: Nein. Wir halten dagegen! - Wir haben schon einige Best Practices in den letzten Jahren unter anderem mit den Jugendzentren hier aufgebaut, und wir wollen hier noch einen großen Schritt weitergehen.

 

Wir wissen nämlich, 65 Prozent der Kinder und Jugendlichen verbringen ihre Freizeit am Handy, so wie gerade auch viele Abgeordnete in unserem Haus. Die Phänomene rund um Radikalisierung, Cybermobbing und Datenschutz, aber auch um die mentale Gesundheit unserer Kinder ist etwas, was uns alle angeht. Und darum verstehe ich auch Ihr Belächeln nicht, sondern glaube, dass das eine gemeinsame Bedrohung ist, der wir entgegentreten müssen. (Zwischenruf von GR Mag. Dietbert Kowarik.)

 

Gerade wenn wir über Cybermobbing und Hass im Netz reden, geht es um die Auswirkungen auf unsere Kinder und Jugendlichen in ihrer mentalen Stärke und um die Art und Weise, wie sie dann selbst gewappnet sind, um sich vor Influencern zu schützen. - Sie werden es nicht glauben, aber die Vielzahl der Bedrohungen, die wir haben, ist enorm. Wir reden hier von Influencern aus dem radikal-islamistischen Netz, aus rechtsradikalen Rocknetzen beziehungsweise Neonazinetzen. Es geht weiters um evangelikal-fanatische, autoritäre Pseudoprediger, Reichsbürger bis Verschwörungsmythiker, Hasser von LGBTIQ+ und Frauenhasser.

 

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kurzgefasst, auch wenn jede Fraktion immer Einzelne herausgreift, die sie besonders problematisch findet, stelle ich fest, dass wir in Wahrheit über alle anderen reden, die ihr Selbstbild

 

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