Gemeinderat, 66. Sitzung vom 26.03.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 63 von 73
Jetzt noch ein paar Worte zur Kollegin Hungerländer von der ÖVP: Auch der Antrag, den sie eingebracht hat, entsetzt mich ein bisschen. Mich entsetzt ein bisschen die Art und Weise, wie Sie über junge Menschen urteilen, die eigentlich unsere Unterstützung brauchen. Das ist aber auch nicht besonders verwunderlich, weil die ÖVP bei den queeren Themen mit einer Beharrlichkeit auf der falschen Seite steht. (GR Mag. Manfred Juraczka: Sie steht auf der richtigen Seite!) Auf Grund Ihrer jahrelangen Blockadehaltung konnten die großen Errungenschaften wie zum Beispiel die Ehe für alle oder auch das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare nur über die Höchstgerichte eingeführt werden. Und bis heute blockiert ihr wichtige Gesetze wie das Levelling-up, das die Diskriminierung von LGBTIQ-Personen im privaten Bereich verbieten will. (GR Mag. Manfred Juraczka: Weil wir auf der richtigen Seite stehen! Nehmen Sie das zur Kenntnis!)
Ja, ja, ich weiß eh! Sie sind auch noch stolz darauf, dafür einzustehen, dass man Menschen im Privatleben diskriminieren kann. Darauf können Sie sich wahrlich besonders viel einbilden! Was Sie uns hier in Ihrer Rede als Sorge um den Jugendschutz verkaufen, ist in Wahrheit … (GR Wolfgang Irschik: Ihr seid in Koalition! - Zwischenruf von GR Mag. Manfred Juraczka.)
Sie können sich gern nach mir zum Wort melden, dann dürfen Sie auch noch reden. (GR Mag. Josef Taucher: Lassen Sie unsere Rednerin ausreden! - GR Mag. Manfred Juraczka: In der Demokratie darf man Zwischenrufe machen!)
Ja, aber Sie können sich, wenn Sie so viel zu dem Thema zu sagen haben, auch ganz einfach zu, Wort melden. (Zwischenruf von GRin Mag. Caroline Hungerländer.)
Gut. Nun wieder zurück zum Thema: Was Frau Hungerländer heute hier als Sorge um den Jugendschutz verkauft, ist in Wahrheit ein Angriff auf eine eh schon besonders verletzliche Gruppe, nämlich auf die nicht binären trans- und intergeschlechtlichen Jugendlichen, die ohnehin schon sehr viel mit Ausgrenzung, Angst und Ablehnung kämpfen. Es geht diesfalls um Kinder und Jugendliche, die nicht in das enge Raster von männlich und weiblich passen. Und glauben Sie mir, Frau Hungerländer … (Zwischenruf von GRin Mag. Caroline Hungerländer.) Glauben Sie mir, Frau Hungerländer, diese Menschen gibt es, diese Menschen gab es immer, und diese Menschen wird es auch immer geben. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN sowie von GR Ömer Öztas.)
Und ich sage Ihnen noch etwas. Niemand entscheidet sich dafür, trans zu sein, genauso wie sich niemand dafür entscheidet, schwul oder lesbisch zu sein. Das ist keine Mode, das ist kein Trend, das ist kein Lifestyle, sondern das ist Identität. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN sowie von GR Ömer Öztas.)
Das ist Identität, und diese ist oft mit Schmerz, mit Selbstzweifeln und auch mit gesellschaftlicher Ablehnung verbunden. Ich frage Sie: Wie fühlt es sich Ihrer Meinung nach für einen jungen Menschen an, in einem falschen Körper zu leben und dann zu hören, dass man nur fehlgeleitet ist? Wie fühlt es sich an, wenn Erwachsene, die einen eigentlich unterstützen sollten, sagen, das ist gar nicht echt, du bildest dir das nur ein! Wie fühlt sich das Ihrer Meinung nach an? Und dann unterstellen Sie noch allen Ernstes den Beratungsstellen, die beste Arbeit bei uns in der Stadt machen, dass sie Kinder trans machen! Das ist lächerlich und wissenschaftsfeindlich! (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN sowie von GR Ömer Öztas. - Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Sie benutzen diese Kinder und Jugendlichen als politischen Spielball, und das ist schändlich! Im Gegensatz zu manchen Leuten aus der FPÖ unterstelle ich Ihnen nämlich, dass Sie sich tatsächlich mit diesem Thema auseinandersetzen, und deswegen unterstelle ich Ihnen auch, dass Sie sehr wohl wissen, dass über eine Hormonbehandlung oder eine Behandlung mit Pubertätsblockern nicht in den Beratungsstellen entschieden wird. Diese Entscheidung obliegt einzig und allein den Ärzten und Psychologen. Ohne Ärzte geht in diesem Zusammenhang überhaupt nichts, und dieser Weg ist ein langer, langer Weg und ist noch niemals leichtfertig gegangen worden. (Zwischenruf von GRin Mag. Caroline Hungerländer.)
Etwas ist auch wissenschaftlich klar und erwiesen: Für manche Transjugendlichen sind Pubertätsblocker lebensrettend. Die Selbstmordrate unter Transjugendlichen ist nämlich sechs Mal so hoch wie unter anderen Jugendlichen. Sie wollen mehr Jugendschutz? - Dann hören Sie auf, den Transjugendlichen ihre Daseinsberechtigung abzusprechen, und hören Sie auf, diese Unwahrheiten zu verbreiten! Schaffen Sie mit uns ein angstfreies Leben für alle Jugendlichen in dieser Stadt! (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN sowie von GR Ömer Öztas.)
Das tut die Stadt Wien nämlich, und das tut sie schon seit Jahrzenten. Wir in Wien sind für alle da, ob hetero, schwul, lesbisch, bi, pan, cis, trans, inter, nonbinär. Wir schaffen Institutionen wie zum Beispiel das queere Jugendzentrum, die das queere Leben fördern, und wir unterstützen entsprechende Organisationen, wie auch heute, mit den beiden Akten, die zum Beschluss aufliegen. Diese Organisationen leisten wertvolle Community-Arbeit, denn wir hier in Wien leben nicht nur Vielfalt, sondern wir fördern sie auch aktiv.
Damit komme ich schlussendlich zu den Akten, und ich möchte hier auch ganz besonders die Jahresförderung für die HOSI Wien hervorheben, die nämlich nicht nur die Pride beziehungsweise Regenbogenparade veranstaltet, die mittlerweile wirklich ein riesiges Zeichen über die Stadtgrenzen hinaus ist und mit über 300 000 Personen extrem viele Leute auch anspricht. Vielmehr ist die HOSI Wien auch das ganze Jahr über da. Die HOSI Wien betreibt das ganze Jahr Beratungstätigkeit und Aufklärung, und sie ist für ganz viele Menschen die erste Anlaufstelle. Daher möchte ich diese Gelegenheit jetzt auch nutzen, um mich für diese großartige Arbeit zu bedanken. Weiter so, wir brauchen euch! (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN sowie von GR Ömer Öztas.)
Liebe KollegInnen! Ich will in einem Land leben, in dem meine Frau und ich keine Angst haben müssen. Ich will in einem Europa leben, das Vielfalt schützt und nicht bekämpft. Unsere Rechte sind nicht verhandelbar, nicht heute und nicht morgen, und genau dafür steht die Stadt Wien mit ihren unterschiedlichsten Förderungen für die
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