Gemeinderat, 66. Sitzung vom 26.03.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 73
queeren Lebensweisen. Und das ist gut so, weil was gut für queere Menschen ist, ist gut für alle Menschen. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu den Akten. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN sowie von GR Ömer Öztas.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist GRin Dr. Kickert. Ich erteile es ihr.
GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren, hier im Saal, auf der Galerie und vielleicht noch vor dem Bildschirm!
Ich kann mich der sehr leidenschaftlich vorgetragenen Rede von Kollegin Haase vollinhaltlich anschließen. Das, was sie zu unser aller Menschenrechte gesagt hat, gilt für uns alle, unabhängig davon, welche sexuelle Orientierung oder gar sexuelle Identität jemand hat. Sie alle wissen - und die Frauen wissen das etwas genauer als die meisten Männer -, alles, was ihr uns als Geschlecht absprecht, wird alle anderen schwächeren oder zu schwachen Personen gemachten Gruppen früher oder später betreffen, wenn man diese Tendenz zulässt.
Ich möchte nun, nachdem sowohl Kollege Weber als auch Kollegin Haase unseren Antrag zur Budapest Pride sehr leidenschaftlich begründet haben, einen etwas ruhigeren Ton einbringen, und zwar hauptsächlich deswegen, weil ich glaube, dass es Aufklärung braucht, nämlich Aufklärung über bestimmte Begriffe, die zum Beispiel von Kollegin Hungerländer in dem besagten Antrag verwendet werden. Dabei möchte ich auch versuchen, mit dieser Aufklärung klarzumachen, worum es eigentlich zu gehen scheint.
In dem Antrag wird davon gesprochen, dass ein Trans-Outing eine einfache Lösung wäre. - Ich lade Sie dazu ein, jede Person, die jemals ein Outing gemacht hat - egal ob trans oder in einer anderen Form - einmal zu fragen, ob das eine einfache Lösung war! Da wird nämlich klar, wieviel Angst, wie viele Zweifel und Befürchtungen diesem Schritt vorausgegangen sind, und gerade bei Transmenschen zeigt sich dann, wieviel Diskriminierung, wieviel Mobbing, wieviel Stigmatisierung, wieviel Abwertung, wieviel Bedrohung und wie viele körperliche Übergriffe sie nach einem Outing - wie soll ich sagen - überstehen mussten. Das ist die Realität von LGBTIQ-Personen.
Es ist vielleicht unvorstellbar, wenn man über ein biologisches Geschlecht redet, dass es allein für dieses biologische Geschlecht bereits drei oder sogar vier - wenn wir das neuronale dazunehmen - unterschiedliche Einflussmaßnahmen gibt. Es gibt ein chromosomales Geschlecht. Es gibt ein gonadales Geschlecht. Es gibt ein genitales Geschlecht. Wie um alles in der Welt, wenn das nicht alles biologisch wäre, gäbe es intergeschlechtliche Menschen? Bei diesen ist nämlich in Anbetracht der Komplexität dieser Entwicklung zwischen all diesen rein biologischen Komponenten ein bisschen etwas durcheinandergekommen. Zusätzlich dazu gibt es noch eine psychosoziale und, wie gesagt, eine neuronale Entwicklung des Geschlechtes, die dann zur Geschlechtsidentität führen kann.
Das ist jetzt Stand der Wissenschaft. Der Stand der Wissenschaft kann sich auch ändern. Das Ganze könnte vielleicht noch viel komplexer werden, als es bis jetzt ist. Und auf diese Komplexität möchte ich hinweisen, denn keine der einfachen Antworten, weder in diesem Antrag noch in anderen Bereichen, trifft zu, wenn es heißt, es gibt nur zwei Geschlechter, Frauen und Männer, und wenn man das nicht akzeptiert, dann ist man - was - ein Volltrottel.
So ist es eben nicht! Das Ganze ist eine Spur komplizierter. Selbstverständlich akzeptiere ich das biologische Geschlecht. Es ist aber eindeutig - jedenfalls bei mir - trotz der gonadalen, genitalen und chromosomalen Bestimmung meines Geschlechtes in meiner sexuellen Orientierung etwas anderes passiert als bei einem Großteil der Menschen. (GRin Mag. Caroline Hungerländer: Aber es gibt ja Unterschiede!)
Ja, genau, es gibt Unterschiede! Und deswegen kann man nicht einfach nach einem Rasenmäherprinzip Behauptungen machen. Sie unterstellen in diesem Antrag, dass ein Trans-Outing eine einfache Lösung wäre. Sie unterstellen, dass es einen Trend gibt. Sie unterstellen, dass die besonderen Schutzbedürfnisse für junge Frauen und Mädchen den besonderen Schutzbedürfnissen für Transjugendliche widersprechen. - Das ist nicht wahr! Es gibt ein Sowohl-als-auch. Wenn ich Transjugendliche in ihrer Entwicklung unterstütze, nehme ich keiner anderen jungen Frau beziehungsweise keinem anderen jungen Mädchen auch nur irgendeines der benötigten Schutzbedürfnisse weg. Ich spreche es ihnen nicht ab.
Und das andere, was Sie in diesem Antrag unterstellen, ist, dass Organisationen, die als InteressenvertreterInnen tätig sind, keine gute Beratung machen könnten. Damit sprechen Sie jeder Selbsthilfegruppe, jeder Gruppe, die sich als Betroffene in irgendeiner Weise selbst organisiert, sei es im medizinischen Bereich oder im politischen Bereich, die Fähigkeit ab, über ihre eigene Erfahrung richtig zu sprechen und zu beraten. Und jede Selbsthilfegruppe, die sich auch nur annähernd ernst nimmt, wird natürlich Menschen in dieser Situation unterstützen. In dem Moment aber, wenn es in Richtung medizinische oder psychiatrische Behandlung geht, werden diese Selbsthilfegruppe selbstverständlich an die Expertinnen und Experten in genau diesem Bereich verweisen, nämlich an die MedizinerInnen und PsychotherapeutInnen und PsychologInnen. Ich habe noch nie von einer Selbsthilfegruppe gehört. Beziehungsweise muss ich das jetzt einschränken, es gibt christlich-fundamentalistische Gruppen, die dann schon ein bisserl … - wie soll ich sagen? Wurscht. Lassen wir das beiseite! Ich habe gerade festgestellt, dass ich das nicht so ganz behaupten kann.
Die Gruppen beraten, und natürlich beraten sie auch affirmativ. Auch da liegt wieder der Fokus auf einem Wort, dem man etwas unterstellt, was es nicht ist. Affirmativ bedeutet bestärkend. Alle Menschen irren sich, die meinen, dass Transpersonen beziehungsweise junge Menschen, die glauben, eventuell Transpersonen zu sein, wenn sie affirmativ beraten werden, nur in eine Richtung hin beraten werden. Das ist ein Missverständnis. Das ist ein grundlegendes Missverständnis!
Selbstverständlich müssen diese jungen Menschen erst einmal bestärkend beraten werden. Sie müssen so
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