Gemeinderat, 68. Sitzung vom 23.04.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 116
zustimmen können, hat weniger damit zu tun, was die fachliche Arbeit in diesem Stadtentwicklungsplan und im Erstellungsprozess betrifft, sondern vielmehr mit den politischen Entscheidungen, wie dieser Stadtentwicklungsplan entstanden ist, wie schnell er jetzt gekommen ist, wie schnell er durchgedrückt ist. Ich werde Ihnen auch gerne erklären, warum das für uns so zentral ist.
Der Stadtentwicklungsplan ist aus gutem Grund aus meiner Sicht kein Gesetz, das heißt, er ist nicht so wie die Bauordnung etwas, was in einem Landtag beschlossen wird, was verbindliche Regeln enthält, wo in einer Beschlussfassung Private in dieser Stadt auch Stellungnahme-Möglichkeiten haben im Gesetzgebungsverfahren, sondern er ist ein Beschluss des Gemeinderats, der leitend ist für die Abteilungen unseres Hauses, der aber auch für die privaten, gemeinnützigen Bauträger ein wichtiges Instrument ist. Genau darum ist, wenn ich Verbindlichkeit herstellen will, die Beteiligung, das Einbeziehen der Fachwelt, der Planungswelt, der Bauträger so zentral, und diese Einbeziehung haben Sie komplett ausgelassen, das war der Stadtregierung egal, und das ist schlecht, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN und von GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc.)
Ich möchte jetzt auf die inhaltliche Ebene eingehen. Wenn man sich den Stadtentwicklungsplan durchliest, hat man ja zuerst einmal den Eindruck, das ist so ein Best-of des Stadtentwicklungsplans 2025. Es könnte mich jetzt natürlich freuen und ich könnte auch sagen, das ist super, weil da haben wir vor zehn Jahren irgendwie ein gutes Näschen gehabt und haben schon gewusst, was in zehn Jahren wieder so grob im Stadtentwicklungsplan drinstehen soll. Also offenbar war der STEP 2025 wirklich gut und vorausschauend.
Gleichzeitig glaube ich aber, dass das nicht genug ist, dass das nicht der Anspruch sein kann, den man heute haben muss. Ich nenne Ihnen fünf Themen, die aus meiner Sicht in den nächsten Jahren extrem wichtig sind, aber leider der Stadtregierung nicht wichtig genug sind.
Ich beginne beim Grünraum. Ich glaube nämlich, dass wir mit Blick auf die nächsten Jahre für unsere Stadt so etwas brauchen wie einen Masterplan für die grüne und blaue Infrastruktur, das heißt, einen Masterplan dafür, wo in unserer Stadt wir mehr Wasser, mehr Bäume, mehr Grün brauchen. Warum ist das so wichtig? Wir haben 2023 eine Lancet-Studie gesehen, die veröffentlicht wurde, wo es um den Beschattungsgrad in unserer Stadt geht. Städte brauchen, um sich gegen die Auswirkungen der Klimakrise gut wehren zu können, einen Beschattungsgrad des bebauten Gebiets von ungefähr 30 Prozent, dann können wir uns gut gegen die Hitze schützen. Wien hat einen Beschattungsgrad von 15 Prozent, das ist genau die Hälfte von den 30 Prozent, die es bräuchte. Das heißt, wir müssen da viel besser werden, sagt auch die Umweltanwaltschaft in einem Bericht und in einem Projekt, und ich glaube, wir schaffen das einfach nicht mehr, wenn wir dort, wo es zufällig möglich ist, Bäume pflanzen, sondern nur, wenn wir einen Masterplan entwickeln, wie wir zusammenhängende Baumalleen, zusammenhängende Blätterdächer schaffen können. Denn jeder zusätzliche Baum in Wien ist ein Schutzschild gegen die Hitze und da müssen wir viel, viel mehr tun in den nächsten Jahren, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Der zweite Punkt - und der ist aus meiner Sicht in den letzten Jahren einfach ein bisschen unter den Tisch gefallen, ist aber sehr wichtig - ist das Thema gemischt genutzte Stadtquartiere. Wieso ist der aus meiner Sicht so wichtig? Weil da eigentlich super Arbeit geleistet wurde und viele Grundlagen da sind, beispielsweise das Fachkonzept Produktive Stadt, gemeinsam mit der Wirtschaft entwickelt, wo man schon sehr, sehr viel hätte, worauf man aufbauen könnte. Aus meiner Sicht ist das zu wenig betont im Stadtentwicklungsplan und insgesamt in der Stadtentwicklung. Da müssen wir viel mehr darauf schauen, dass wirklich Stadtquartiere entstehen, wo die Produktion wieder in die Stadt geholt wird, wo es Platz für Gewerbe gibt, wo es Platz für Grünraum gibt, für Bildung, für Wohnen, wo all diese Funktionen in Stadtquartieren miteinander vereint und gemischt sind, denn gemischte Stadtquartiere sind lebendige Stadtquartiere, und wir wollen doch eine Stadt, wo Menschen gerne leben, arbeiten, unterwegs sind und nicht eine Schlafstadt und eine Arbeitsstadt und dazwischen pendelt man, wir wollen lebendige Stadtquartiere. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Das dritte Thema ist das Thema Verkehr, eines der Klimasorgenkinder in unserer Stadt. Ich möchte aber dort beginnen, dass wir eigentlich in Wien vieles haben, was gut ist, was eigentlich Startvorteile sind. Die 365-Euro-Jahreskarte ist ein riesiger Startvorteil für uns, und auch die Radwegplanung, die die letzten Jahre passiert ist, die auch schon die Jahre davor passiert ist, die intensiviert werden konnte, weil Leonore Gewessler das Budget für die aktive Mobilität versiebenundzwanzigfacht hat. Wir haben viele Dinge, die eigentlich gute Startbedingungen sind, aber in ganz vielen Bereich fehlt am Ende das Tempo für die Veränderung und es fehlen die Anreize zum Umsteigen. Denn am Ende wollen wir ja - und das will die Stadt in all ihren Zielen -, dass wir insgesamt alle gemeinsam einen kleineren Anteil der Wege, die wir in der Stadt zurücklegen, mit dem Auto zurücklegen. Ich möchte ein Zitat bringen aus einem „Standard“-Artikel vor einiger Zeit, der sich damit auseinandergesetzt hat, was denn die Wünsche der Expertinnen und Experten sind an einen zukünftigen Stadtentwicklungsplan, und ich zitiere da die Andrea Weninger von Rosinak & Partner, Zitat Anfang: „Was Wien leider noch nicht gut kann: improvisieren, ausprobieren, experimentieren. Die Klimakrise verlangt schnelle Maßnahmen, die rasch wirken. Hier kann Wien noch mutiger werden.“ - Zitat Ende. Ich kann mich diesem Zitat vollkommen anschließen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich gebe Ihnen auch ein Beispiel dafür. Die Kollegin Arapović hat vorhin nämlich die Gartenstraßen angesprochen. Für alle, die den STEP nicht gelesen haben oder diesen Begriff noch nicht gehört haben: Gartenstraßen sind die Idee, einen Abschnitt im dicht bebauten Gebiet zu nehmen und den für den Durchzugsverkehr zu
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