Gemeinderat, 68. Sitzung vom 23.04.2025, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 116
Ich habe den Eindruck, man ist sich seitens der Regierung nicht bewusst, welche Auswirkungen die Verzögerung mit sich gebracht hat. Es tut mir jetzt leid, dass ich da ein bisschen flapsig werde, aber ich unterstelle der Stadträtin auch ein gewisses Desinteresse an dem Thema Stadtentwicklung.
Politisch strategisch ist es durchaus nachvollziehbar, denn Stadtentwicklung ist ein sehr langfristiges Geschäft, da gehen sich nicht ständig fesche PR-Aktionen aus, super Flächenwidmungsplan hört man auch eher selten. Also wenn, dann gibt es eher negative Emotionen Flächenwidmungsplänen gegenüber, das ist politisch nicht wirklich wahnsinnig attraktiv.
Stadtentwicklung wirkt auch immer technisch, dabei geht es eigentlich darum, wie unsere Stadt aussieht, wie der Ort, an dem wir leben und den wir lieben, den wir unser Zuhause nennen, gestaltet wird. Die Basis dafür legt unter anderem der STEP. Was ist dieser Stadtentwicklungsplan? - Der Name STEP verrät es, er soll sich mit der Entwicklung unserer Stadt beschäftigen und das über einen längeren Zeitraum hinaus, das jetzt einmal in aller Oberflächlichkeit.
Der Stadtentwicklungsplan per se ist eigentlich primär eine politische Willenskundgebung, er hat keinen rechtlichen Charakter in dem Sinne, wie es einem Gesetz entsprechen würde. Die Problematik eines fehlenden Raumordnungsgesetzes in Wien haben wir ja schon mehrfach diskutiert. Wir sind das einzige Bundesland, das kein Raumordnungsgesetz hat, aber das stößt wie so vieles hier bei der SPÖ auf taube Ohren, any way.
Im Stufenbau der Stadtplanung nimmt der STEP eine übergeordnete Rolle ein, flankiert von einzelnen Strategiepapieren, die thematische Schwerpunkte abbilden. Vergleicht man die letzten Stadtentwicklungspläne, dann lässt sich erkennen, dass die Inhalte von Mal zu Mal verwässert wurden. Das ist problematisch, weil gerade so ein Strategiepapier den Zweck hätte, ein klares Bild zu zeichnen, wie die Stadt in Zukunft aussehen soll, welche Rahmenbedingungen für diese Entwicklung gelten beziehungsweise geschaffen werden und im besten Fall auch Maßnahmen sowie Zeithorizonte definieren sollte, wie und wann die Ziele erreicht werden sollen.
Mit diesem Plan soll eine Perspektive geschaffen werden, die nicht nur für die Stadtverwaltung interessant und relevant ist, sondern auch für die vielen Akteurinnen und Akteure, die in unserer Stadt tätig sind, ob Projektentwickler, Unternehmen, Institutionen, Organisationen, Bildungseinrichtungen, Privatpersonen et cetera. Die Inhalte und der eingeschlagene Weg sind relevant und haben auch Auswirkungen auf jeden Einzelnen.
Ja, der neue STEP hätte den alten schon längst ablösen sollen. Laut beschlossenem Zeitplan hätte der STEP, der bis zum Jahr 2035 in die Zukunft blicken soll, wie schon erwähnt, bereits im vergangenen Jahr zur Beschlussfassung vorliegen sollen. Eine Verzögerung ist insofern verantwortungslos, weil viele Stakeholder, die für die Entwicklung dieser Stadt relevant sind, abwarten, was der neue STEP vorsieht, in welche Richtung es gehen soll und vielleicht auch in welche nicht, und mögliche Schwerpunkte natürlich einen Einfluss auf die Aktivitäten und Ausrichtung so mancher Unternehmen haben können.
Das Ergebnis durch diese Verzögerung ist: Vieles steht. Die Stadtregierung hat mit dieser Verzögerung die Stadt zum Stillstand gebracht. Warum es zu dieser Verzögerung kam, ist unklar und wird auch salopp vom Tisch gewischt. Was die Inhalte betrifft, hat die Stadt bei der Erstellung des STEP nicht gerade mit Transparenz geglänzt. Dass die Opposition, bei der Erstellung keine wesentliche Rolle gespielt hat - gut, das hat mich nicht wahnsinnig überrascht. Aber Sie dürfen sich dann auch nicht wundern, wenn wir, wie auch die GRÜNEN gesagt haben, nicht zustimmen, wenn wir nach einem fast vierjährigen Prozess, ohne auch nur einen Beistrich mitzubekommen und kurz vor der Beschlussfassung, etwas hingeknallt bekommen.
Das hat ja auch einen gewissen Treppenwitz, sehr geehrte Damen und Herren, weil in der Einleitung auf Seite 10 Beteiligung, Partizipation und Kooperation als Grundpfeiler niedergeschrieben sind. Wo war dieser Grundpfeiler in den letzten vier Jahren? (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.)
Da geht es mir nicht nur um die Rolle der Opposition oder der verschiedenen Fraktionen, sondern diese Säule wurde mehrfach gebrochen, weder relevante Institutionen noch Organisationen noch die Bezirke waren eingebunden. Das ist wirklich bemerkenswert, wenn man sich dann groß auf die Fahnen heftet, Kooperation als Grundpfeiler leben zu wollen. In diesen vier Jahren oder auch im Zuge der Fertigstellung des Dokuments war keine Stellungnahme möglich beziehungsweise konnten auch keine eingeholt werden, viele wussten nicht einmal, dass der Stadtentwicklungsplan beschlossen wird. Ich habe mich da letzte Woche noch vermehrt umgehört, und ich sage Ihnen eines, da fühlt man sich wirklich, wenn man das liest und wenn man weiß, wie die Praxis gelebt wird, mehr als nur gepflanzt.
Aber gut, das fasst das Mindset der SPÖ-Stadtregierung gut zusammen: Wien gehört uns, wir sind wir, wir brauchen sonst niemanden, wir machen, was wir wollen. Das wird auch bei vielen Formulierungen im STEP deutlich. Private spielen wenig bis keine Rolle, es sei denn, sie dürfen sich finanziell beteiligen. Aber, sehr geehrte Damen und Herren, das ist zu wenig. Organisationen, Institutionen und Private sind wichtige Player in der Stadt, ohne sie würde die Stadt vieles nicht schaffen. Aber sie werden immer mehr - und das ärgert mich wirklich - zu Bittstellern degradiert. Was ist das für ein Zugang? (Beifall bei der ÖVP und von GR Dipl.-Ing. Martin Margulies.)
Dieser Zugang stellt auch die Maßnahmen, die drinstehen, in den Schatten. Wir können jetzt darüber streiten, wer mehr Bäume pflanzt oder wer mehr Autos verhindert oder wie auch immer, aber der Kern für mich in diesem STEP, die Metabotschaft, die der STEP transportiert, ist: Wir sind wir.
Dennoch will ich zwei, drei Themen kurz ansprechen. Einerseits das Stadtbild, Sichtachsen, Baukultur - das sind Themen, die sich in diesem Stadtentwicklungsplan überhaupt nicht wiederfinden, da wird auch nichts festge
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