Landtag,
6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll
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Anleitung zu einem Crash-Kurs, vor allem bei der
Wirtschaftpolitik, ist das Budget der Bundesregierung, vorgestellt von Herrn
Finanzminister Grasser, unterstützt von den restlichen Regierungsmitgliedern!
Präsidentin Erika Stubenvoll (unterbrechend):
Ihre Redezeit ist zu Ende.
Abg Friedrich Strobl
(fortsetzend): Ich komme schon zum
Schluss, denn leider habe ich nicht mehr Zeit zur Verfügung. - Sie spielen seit
geraumer Zeit das gleiche Spiel, nämlich uns den Schwarzen Peter für all die
Missstände, die von der Bundesregierung kommen, anzudrehen! Sie sollten aber,
meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem von der ÖVP und von der FPÖ,
zur Kenntnis nehmen, der Stadt Wien vorzuwerfen, was auf Bundesebene verbockt
wird, wird immer wieder zu Eigentoren führen! - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Die Abgen Dr Kurt
Stürzenbecher, Mag Sonja Wehsely und Johann Driemer haben gemäß § 30b der
Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend ein Gesetz, mit dem die
Bauordnung für Wien und die Wiener Stadtverfassung geändert werden, betrifft
Verländerung der Bundesstraßen B, eingebracht.
Diesen Antrag weise ich den Ausschüssen Integration,
Frauenfragen, Konsumentenschutz und Personal sowie Wohnen, Wohnbau und
Stadterneuerung zu.
Der Herr Landeshauptmann hat sich gemäß § 16 der
Geschäftsordnung zu einer Mitteilung (00518/2002-MDALTG) betreffend
"Daseinsvorsorge" zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm, wobei ich
bemerke, dass seine Redezeit mit 40 Minuten begrenzt ist. - Bitte, Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl:
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Mehrere Anlässe haben mich dazu bewogen, bei dieser
heutigen Landtagssitzung zum Thema "Daseinsvorsorge" zu sprechen. Zum
einen ist, wie Sie alle wissen, das Thema ganz prominent auf der Tagesordnung
der Europäischen Union, zum anderen sind die Städte unmittelbar betroffen, und
auch in Wien werden wir immer wieder mit Forderungen nach Liberalisierungen und
Privatisierungen öffentlicher Dienstleistungen konfrontiert. Ich halte es daher
für angebracht, die Gelegenheit zu ergreifen, die Position der Wiener
Stadtregierung zu diesen Fragen in aller Deutlichkeit darzustellen.
Meine Damen und Herren! "Daseinsvorsorge"
ist ein nicht leicht zu verstehendes Wort. Der Inhalt wird aber greifbar, wenn
man sich vor Augen ruft, was dahinter steckt. Es geht um nicht weniger als die
Versorgung der Bevölkerung mit notwendigen Dienstleistungen wie
Wasserversorgung, Abfallbeseitigung, Mobilität, auch soziale Absicherungen und
Ähnliches. Es geht damit schlicht um Lebensqualität und zwar um fundamentale
Aspekte dieser. Für das Funktionieren dieser Bereiche zu sorgen, ist eine der
zentralen Aufgaben der Politik. Dies wurde in der Regel bereits Ende des
vorvorigen Jahrhunderts erkannt, nicht nur in Wien, sondern in den meisten
europäischen Städten. Wien kann mit Recht stolz darauf sein, auf diesem Gebiet
eine Vorreiterrolle gespielt zu haben. Es war der christlich-soziale
Bürgermeister Lueger, der die Erbringung der kommunalen Dienstleistungen aus
der in jeder Hinsicht desaströsen reinen Profitlogik befreite. Das und die
international beispiellosen Leistungen der Wiener Stadtverwaltung in der Zwischenkriegszeit
haben die Basis für die - natürlich im Laufe der Zeit weiter verbesserten und
auch angepassten - weltweit hoch anerkannten öffentlichen Dienstleistungen
Wiens gelegt.
Wie Ihnen sicher bekannt ist, hat die Europäische
Kommission im Oktober 2000 eine Mitteilung zum Thema
"Daseinsvorsorge" veröffentlicht. Diese hatte mögliche
Liberalisierungsmaßnahmen in den verschiedenen Bereichen der Daseinsvorsorge
zum Gegenstand. Die Mitteilung wurde im Europäischen Parlament behandelt und
führte zunächst zur Vorlage eines Berichts des deutschen Abgeordneten Langen,
der in der Folge im zuständigen Ausschuss und auch im Plenum diskutiert wurde.
Grundtenor des Berichts war die Forderung nach noch weiterreichenden
Liberalisierungen als im Kommissionsentwurf vorgesehen. Diese Position stieß im
November 2001 bei der Debatte im Parlament auf vielfältige Widerstände.
Zu betonen ist hierbei, dass sich die
unterschiedlichen Positionen nicht an weltanschaulichen Ausrichtungen
festmachen lassen. So vertreten vor allem der bayrische Ministerpräsident
Stoiber und CSU-Abgeordnete eine ebenso kritische Position wie Wien, ja sie
haben als Erste den Begriff der "Daseinsvorsorge" in der politischen
Diskussion geprägt. Auch die Diskussionen auf Ratsebene haben die unterschiedlichen
Zugänge klar zum Ausdruck gebracht.
Diese vielfältigen Widerstände führten dazu, dass die
Thematik an den Europäischen Rat von Laeken herangetragen wurde. Dort wurde die
Kommission mit der Ausarbeitung einer Rahmenrichtlinie beauftragt, womit sowohl
dem Umstand der massiven Kritik als auch dem offensichtlichen Bedürfnis nach
einer flexibleren Herangehensweise Rechnung getragen wurde.
Das Wien-Haus in Brüssel, das auch in dieser Frage
hervorragende Arbeit geleistet hat, hält es für realistisch, dass bis Ende des
Jahres ein Entwurf dieser Rahmenrichtlinie vorliegt.
Im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs, der
von der Thematik her natürlich Bestandteil dieser Diskussionen ist, wurde ein
Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission schon vor längerer Zeit
ebenfalls auf Grund der vielfältigen Widerstände vorläufig zurückgestellt. An
einer Neuformulierung wird innerhalb der Kommission gegenwärtig gearbeitet.
Die Stadt Wien hat hier in engem Bündnis mit anderen
europäischen Großstädten wie London, Paris, Barcelona, Lissabon, München oder
Brüssel, aber auch mit kleineren Städten wie etwa Nürnberg intensiv und
erfolgreich ihre Interessen eingebracht. Auch durch die engen Kontakte mit den
Abgeordneten des Europäischen Parlaments konnte sich Wien Gehör verschaffen. So
wurde die Position Wiens in Briefen an alle Mitglieder des Verkehrsausschusses
sowie an alle österreichischen
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