Landtag,
6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll
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In Zeiten der höchsten Arbeitslosigkeit seit langem, wo die
blau-schwarze Bundesregierung die Zumutbarkeitskriterien verschärft, wo
gleichzeitig die Arbeitslosigkeit und die Notstandshilfe gekürzt werden nach
und nach, zizerlweise, will der Herr Landeshauptmann die
Arbeitslosenversicherung kürzen? Wie stellt er sich denn das vor? (Zwischenruf des Abg Johann Driemer.) Ich
habe den Satz vorgelesen. Wenn schon die Beiträge in der
Arbeitslosenversicherung sind, ist es besser, sie dort drinnen zu lassen und
endlich arbeitsmarktpolitisch etwas zu unternehmen, und nicht die
Arbeitslosenversicherung zu kürzen. (Zwischenruf
des Abg Johann Driemer.) Weniger Beiträge, und das wissen Sie so gut wie
ich - das tut mir echt weh, das von Ihnen zu hören, Kollege Driemer -, geht
Hand in Hand mit einer weiteren Kürzung der Arbeitslosenunterstützung und einer
weiteren Kürzung der Notstandshilfe. Sie kennen doch das realpolitische Spiel
mindestens so gut wie ich. Und wenn das gleichzeitig gepaart war mit dem
anderen Sager: "Es geht darum: Ich würde mir eine Gegensteuerungspolitik
wünschen, wie das die amerikanische Wirtschaftspolitik unter Bush tut" -
wortwörtliches Zitat; und ich nehme an, dass der Herr Landeshauptmann seine
Interviews schon gegenlesen lässt, wenn er es nicht selber tut -, dann ist
vollkommen klar, welcher Geist dahinter steckt, wenn man sich anschaut, was die
ersten Maßnahmen der Regierung Bush waren. (Abg
Johann Driemer: Da muss die Regierung eingreifen!) Wie gesagt, ich bin
erfreut über den Meinungswandel des Herrn Landeshauptmanns, denn seine heutige
Grundsatzrede zur Daseinsvorsorge hätte durchaus auch von einem kritischen
Ökonomen geschrieben sein können.
Die GRÜNEN sind immer dagegen
aufgetreten und werden auch in Zukunft dagegen auftreten, dass der Bereich der
kommunalen Daseinsvorsorge Profitinteressen unterworfen wird. In diesem Sinne
ersuche ich Sie nochmals am Ende meiner Rede um Zustimmung zu unserem Antrag. -
Danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Johann Römer: Als Nächster ist Herr Abg
Dkfm Dr Aichinger zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Obwohl heute schon sehr viel über Theorie gesprochen
worden ist und wir gehört haben, dass wir uns unter Umständen in einem Hörsaal
der Universität befinden können und auch Herr Abg Hufnagl sehr viele
theoretische Ausführungen getätigt hat, bleibt es mir trotzdem leider nicht
erspart, auch mit einem Zitat beziehungsweise mit der Definition der
Daseinsvorsorge, wie es die EU sieht, zu beginnen. Die EU sagt:
"Leistungen der Daseinsvorsorge sind marktbezogen oder nicht marktbezogen
in Tätigkeiten, die im Interesse der Allgemeinheit erbracht und daher von den
Behörden mit spezifischen Gemeinwohlverpflichtungen verknüpft werden."
Diese Definition, meine Damen und Herren, impliziert
natürlich, dass es hier keine Schwarzweißmalerei geben kann, dass es ein
Nebeneinander gibt, zwischen kommunalen Aufgaben, die die Gemeinde übernimmt,
aber auch privaten Aufgaben, und es wäre gerade in diesem Hause beziehungsweise
für die Politiker notwendig, hier genau zu definieren beziehungsweise zu
unterscheiden, was die Privaten durchführen können, was sie besser machen
können, einen Status zu erheben, um zu sehen, wie das ausschaut.
In der Wirtschaft, meine Damen und Herren, gibt es
hier ein theoretisches Wort, das in letzter Zeit sehr viel angewandt wird,
nämlich "bench-marking". Was heißt das? - Messen an den Besten. Und
der Herr Landeshauptmann hat auch heute gesagt, für ihn ist Daseinsvorsorge
Lebensqualität, das heißt Qualität, und wir müssen auch hier schauen, ob das in
allen Bereichen wirklich sozusagen vorhanden ist. Aber wie wir wissen oder wie
wir an den Einfahrten von Wien sehen, ist Wien anscheinend doch ein bisschen
anders.
Und die Volkswirtschaft, meine Damen und Herren, sagt
uns schon: Monopole sind nicht das einzig Wahre beziehungsweise sind nicht das
einzig Richtige. Und Monopole in der Politik nennen sich eben
Alleinregierungen. Und eine Alleinregierung, wie wir sie in Wien haben, hat
eben ganz einfach nicht die Korrektur durch eine Diskussion, durch eine
fortschrittliche Ansichtsweise.
Aber damit genug Theorie, meine Damen und Herren. Ich
möchte in die Praxis gehen und einige wenige Beispiele zitieren, wie ernst es
die Sozialdemokratie zum Beispiel mit Liberalisierung oder mit
Liberalisierungsideen meint.
Es ist heute schon sehr viel gesprochen worden über die
Strompreise oder über die Stromliberalisierung. Man kann auch Liberalisierung,
meine Damen und Herren, konterkarieren, indem man ganz einfach dann über
Steuern all das wegnimmt, was durch Liberalisierung unter Umständen den
Konsumenten, den Bürgern, aber auch der Wirtschaft gegeben wird, indem man es
mit einer Steuer wieder wegnimmt. Ich kann Sie daher nur bitten, unserem
Antrag, den unser Klubobmann eingebracht hat, zuzustimmen.
Ein wesentlich gravierenderes Problem sind die WIENER
LINIEN. Sie sind ausgegliedert, meine Damen und Herren. Vor Weihnachten wurde
hier im Landtag der ÖPNV beschlossen. Die Opposition ist bewusst nicht
mitgegangen und hat bereits davor gewarnt, was sich abspielen wird, wenn man
jemand blanko sozusagen im Jahr 4 Milliarden S Betriebskostenzuschuss
und 1,7 Milliarden S Investitionskostenzuschuss gibt.
Und wie ernst es auch hier die Sozialdemokraten mit
der Qualität meinen beziehungsweise mit der Diskussion meinen, haben wir bereits
im letzten Finanzausschuss gesehen, wo nicht einmal über die Installierung
eines Fahrgastbeirats eine Einigkeit erzielt werden konnte, damit wir die
Diskussion beginnen können. Wir mussten das ganz einfach wieder verschieben,
das heißt auf die lange Bank schieben.
Wie wir in den letzten Tagen in den Zeitungen gelesen haben,
hat Herr VBgm Rieder ganz einfach eine Fahrpreiserhöhung angekündigt und ich
hätte bald ge-
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