Landtag,
7. Sitzung vom 28.02.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 53
unmenschlichen Regierungspolitik abzulenken. Das ist der
einzige Lenkungseffekt, der eingetreten ist! (Beifall bei der SPÖ. - Abg Gerhard Pfeiffer: Das glauben Sie doch selber
nicht! - Abg Dr Matthias Tschirf: Also, das glauben Sie doch selbst nicht!)
Die Regierung weigert sich, die finanzielle Basis für
ein Weiterbestehen des ausgezeichneten österreichischen Gesundheitssystems zu
schaffen. Von 1997 bis 2001 sind die Medikamentenausgaben um 41,9 Prozent
gestiegen, die Beitragseinnahmen jedoch nur um 13,5 Prozent, und daneben
steigen die Gewinne der Pharmakonzerne ins Unermessliche.
Im Interesse der Wienerinnen und Wiener rufe ich
daher auf, gegen diese unsoziale Menschen verachtende blau-schwarze Politik
aufzutreten, die Ambulanzgebühren, die Studiengebühren und die Unfallrentenbesteuerung
abzuschaffen und das Sozialstaatvolksbegehren zu unterstützen! (Beifall bei der SPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in
Erinnerung, dass sich die Damen und Herren Abgeordneten nur ein Mal zum Wort
melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist.
Als nächste Rednerin hat sich Frau Abg Dr Pilz gemeldet.
Ich erteile ihr das Wort.
Abg Dr Sigrid Pilz
(Grüner Klub im Rathaus): Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Da können wir uns sehr schnell in unserer Kritik an
den Steuerungsdefiziten der Bundesregierung in der Gesundheitspolitik einig
sein, denn die Gesundheitspolitik kommt tatsächlich nur mehr unter den
Stichworten des Zwangs zur Wirtschaftlichkeit, der Kostenexplosion und vor
allem der Leistungskürzungen vor. Die Instrumente, die die Bundesregierung hier
wählt, sind, die Verantwortung für die Gesundheit den Menschen als ganz
persönliches Problem aufzuhalsen und im Übrigen die Leistungen zu kürzen, wie
die Ambulanzgebühren und die Selbstbehalte zeigen.
Eine moderne gesamtgesellschaftliche Sicht demgegenüber
würde in Prävention investieren und andere implizite Gesundheitsfelder wie
Arbeitsbedingungen, Armut, Bildung, Lebensumgebung und so weiter einbeziehen.
Das alles tut die Bundesregierung nicht, und sie zu kritisieren, ist heute
tatsächlich Anlass!
Aber, und wir sind hier im Gemeinderat, die negative
Gesundheitspolitik auf Bundesebene wird in fataler Weise von der
sozialdemokratischen Gesundheitsstadträtin in Wien auf abträglichste Weise
verdoppelt. Also, bleiben wir einmal beim nahe Liegenden, bei der Wiener Ebene.
Viele Wissenschafter sagen, dass die Krise des Gesundheitssektors
vor allem damit zu beschreiben ist, dass nur mehr in der Ökonomisierung der
medizinischen Versorgung gedacht wird, dass die Gesundheit zunehmend
medikalisiert wird und dass es einen Rückzug der Politik aus dem öffentlichen Gesundheitssektor
gibt. Frau StRin Pittermann trifft mit ihrem Mut zur Nichtentscheidung auf eine
unnachahmliche Weise genau diesen Trend und lähmt die Wiener Gesundheitspolitik.
Ich möchte Ihnen das jetzt an ein paar Beispielen
auch konkret machen: Sie haben im "Standard" vor einiger Zeit nachlesen
können, dass Herr Dir Kaspar vom Krankenanstaltenverbund berichtet, dass so
wenig Geld für Investitionen da ist, dass der Putz von den Wänden fällt und
dass die Tat des Sparstifts zu einem Substanzverlust der Krankenhäuser führen
wird.
Ein Beispiel dazu: Im Donauspital gibt es heuer sage
und schreibe 20 Millionen S, um Investitionen vorzunehmen. Das allein
würde der längst überfällige Linearbeschleuniger schon auffressen und um das
Mammographiegerät zu ersetzen, ist kein Geld da.
Frau StRin Pittermann bestätigt aber auch den Trend,
dass es einen absolut medizinischen Zugang zu ihrem Sektor gibt und dass sie
als Gesundheitspolitikerin nichts steuern will, und sie demonstriert auch den
Rückzug der Politik aus dem öffentlichen Sektor.
Auch dazu ein konkretes Beispiel: Im letzten Gesundheitsausschuss
habe ich das eingemahnt, was die GRÜNEN immer schon fordern, nämlich einen
Einblick in die Geschäftsgebarung, in die Budgets der einzelnen Krankenhäuser.
Wir wissen aus den Häusern, dass die Zielvereinbarungen zwischen der Generaldirektion
des Krankenanstaltenverbunds und den Häusern im Moment ausgehandelt werden.
Frau StRin Pittermann weigert sich, dem Gesundheitsausschuss,
der ja quasi als Aufsichtsorgan fungiert, diese Zielvereinbarungen vorzulegen.
Wir werden mit einem Wirtschaftsplan abgespeist, der aussageleer ist und der
nur Globalzahlen vorlegt. Und jetzt kommt es: Frau StRin Pittermann hat, und
das hat Herr Kaspar dann auch in der Beantwortung meiner Frage verdeutlicht,
selbst kein Interesse an den Zielvereinbarungen ihrer Häuser. Dr Kasper hat
nämlich auf meine Frage, wo denn die Vereinbarungen wären, gesagt, er will uns
nicht mit Telefonbüchern langweilen und Frau StRin Pittermann selbst würde die
Zielvereinbarungen ja nicht einmal lesen wollen. Das ist der Rückzug der
Politik aus dem öffentlichen Gesundheitssektor: Eine Stadträtin, die darauf verzichtet,
ihre eigenen Häuser zu kontrollieren, und die darauf verzichtet, zu wissen, was
dort wirtschaftlich gemacht wird.
Sie hat den ausschließlich medizinischen Blick auf ihre
Aufgabe dadurch bewiesen, dass sie auf meine ungläubige Nachfrage: "Frau
Pittermann" - sie war nämlich auch im Ausschuss -, "ist es
tatsächlich wahr, Sie interessieren sich nicht dafür, was in Ihren Häusern wirtschaftlich
vereinbart wird?" gemeint hat, sie wäre Ärztin, sie sei an der
medizinischen Betreuung der Bürger und Bürgerinnen interessiert und für die
Vollziehung im Krankenanstaltenverbund wären die Beamten da und die hätten sich
an die Gesetze zu halten.
Das, Frau Stadträtin, ist ein etwas kurzsichtiger Zugang
zu Ihren eigenen Aufgaben! (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Sie setzen Ihr eigenes Unternehmen Krankenanstaltenverbund
aus und übernehmen nicht Führung, wo Sie sie sollten!
Es gibt eine Reihe ungelöster Probleme: Keinen Wiener
Krankenanstaltenplan ...
Präsidentin Erika Stubenvoll
(unterbrechend): Sie
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular