«  1  »

 

Landtag, 7. Sitzung vom 28.02.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 53

 

offenen Augen durch die Straßen und durch die Stadt - nur den Schwedenplatz vor Augen führen. Das wird ein ganz schlimmer Platz, wo immer mehr junge Menschen unter 16 sich völlig mit Alkohol zuschütten. Im Grunde genommen fehlt es der Gesellschaft sicher an Zivilcourage, dass man hier so hellhörig wird, wie wir es beim sexuellen Missbrauch geworden sind.

 

Die Jugendpolizei ist auch der Meinung, dass der Alkohol die Einstiegsdroge sein könnte, weil der Zugang viel zu leicht ist, da in Supermärkten, in Tankstellen jeder Jugendliche den Alkohol problemlos kaufen kann. Wir sind davon überzeugt, dass wir als Gesellschaft die Verantwortung dafür haben, jungen Menschen Grenzen zu setzen. Wir sind auch der Meinung, dass junge Menschen selbst verlangen, dass wir Grenzen setzen, weil sie in ihrer Identitätsfindung herausfinden und herausloten müssen, wo ihre Grenzen sind. Daher - wie gesagt - bedauere ich es zutiefst, dass der § 11 zwar einen ganz wesentlichen Bestandteil zum Schutz der jungen Menschen darstellt, aber leider für uns viel zu wenig auf die Pflichten der Gastwirte, Lokalitäten, Supermärkte und so weiter und vor allem auf die Ausweispflicht hinweist.

 

Ich möchte noch kurz erwähnen, dass immer mehr Drogen über das Internet angeboten und verkauft werden. Das erfinden nicht wir Freiheitliche, sondern darauf ist vom internationalen Suchtstoffkontrollrat hingewiesen worden. Er kritisiert, dass auch im Internet einschlägige Drogenrezepturen angeboten werden. Ich muss sagen, ich habe mir heute einmal eine herausgesucht. Es geht dabei um Cannabis. Das beginnt so, dass man als Zweck des Anbaus angibt: "Der eigentliche Vorteil des Eigenbaus in Zeiten der Illegalität ist eindeutig die Qualität." - Ich meine, allein dieser Satz ist für mich schon erschreckend. Dann wird noch geschrieben, wie gut das ist, wenn man es sich zu Hause selber anbaut, weil man dann weiß, welche Qualität man hat und dass die Preise natürlich um einiges niedriger sind als die Straßen- oder Listenpreise und wenn man es auf der Straße kauft, weiß man auch die Inhaltsstoffe nicht. Hierzu würde ich meinen, dass man den Aufruf des internationalen Suchtstoffkontrollrats nach einer internationalen Bekämpfung der Datennetzkriminalität unbedingt aufgreifen sollte.

 

Wir sind der Meinung, dass dieses Jugendschutzgesetz bei den Jugendlichen keine Sicherheit erzeugt, sondern dass man ihnen eigentlich eine Verantwortung aufoktroyiert, welche die jungen Menschen noch gar nicht tragen können. Wir leben in einer Zeit, in der die Scheidungsrate in Wien bei 53 Prozent liegt, in der Gesprächs- und Konfliktkultur immer mehr verloren gehen. Konsum und Hektik prägen das Leben vieler jungen Menschen. Bei Verstößen gegen das Gesetz sind junge Menschen durchaus bereit, selbst Konsequenzen auf sich zu nehmen, von Gesprächen mit Eltern und Sozialarbeitern bis zum Sozialdienst, und zeigen sich damit vernünftiger und verantwortungsbewusster als so mancher Erwachsene. Daher begrüßen wir den Abänderungsantrag der Grün-Alternativen sehr, die darauf hinweisen, dass diese Gespräche nur von ausgebildeten Fachreferenten oder Fachpersönlichkeiten geführt werden sollen. Wir werden diesem Antrag zustimmen.

 

Wir sind der Meinung, dass alle Erwachsenen gefordert sind, um unseren jungen Menschen einen Rahmen zu bieten, in dem sie gesunde und psychisch starke Persönlichkeiten werden. Wir sind der Ansicht, dass Sie mit diesem Jugendschutzgesetz nicht diesen Rahmen bieten. Daher werden wir auch nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächster ist Herr Abg Wutzlhofer zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

Abg Jürgen Wutzlhofer (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Viele Jugendliche in Wien verbringen ihre abendliche Freizeit außerhalb der Wiener Stadtgrenzen. Noch mehr Jugendliche aus Niederösterreich und dem Burgenland gehen am Abend in Wien weg. Es war daher ein besonderer Anachronismus, dass man sich als Jugendlicher drei verschiedene Gesetze vergegenwärtigen musste, wenn man das Haus verließ. Das war ein Grund für uns, einen Versuch der Harmonisierung der Jugendschutzbestimmungen zu starten, der, wie wir in dem heute vorliegenden Gesetzesentwurf sehen können, gelungen ist.

 

Die wesentlichen Jugendschutzbestimmungen gelten künftig in der gesamten Ostregion. Das letzte Jugendschutzgesetz von 1985 war darüber hinaus in vielen Punkten nicht zeitgemäß. Das neue, hier vorliegende Jugendschutzgesetz trägt - darauf bin ich stolz - dem faktischen Leben junger Menschen Rechnung. Die Formulierungen im Gesetzestext sind lesbar, verständlich und keine bloße Aneinanderreihung technokratischer Formalismen, sondern diejenigen, die das Gesetz betrifft, müssen es lesen und verstehen können, es aber auch lesen wollen.

 

Kollegin Sommer-Smolik hat darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, dass man ein Gesetz, das an sich richtig ist, so weit wie möglich in die verschiedenen Lebenswelten der Jugendlichen hinausträgt, verbreitet und Information darüber verschafft. Ich möchte darauf hinweisen, dass die MA 13 schon in den letzten Wochen ein breites Informationskonzept ausgearbeitet hat und dass es damit sicher gelingen wird, dass es in allen Lebensbereichen, ob über die Jugendzentren oder die Jugendarbeit, ob über die Schulen oder auch in Kooperation mit der Wiener Wirtschaft - so hoffe ich -, Information geben wird.

 

Die Gesellschaft hat sich verändert. Jugendliche haben in der Ausbildungswahl, in der Familie selbst und damit natürlich auch in der Freizeitgestaltung mehr Freiheit. Deshalb - nur aus logischer Konsequenz - wurden auch die Ausgehzeiten liberalisiert. Junge Menschen bis zum vollendeten 14. Lebensjahr können nunmehr bis 22 Uhr, zwischen dem 14. und 16. Lebensjahr bis 1 Uhr und darüber hinaus immer weggehen, wenn es die Erziehungsberechtigten erlauben. Damit ist die Verantwortung sowohl der Jugendlichen als auch der Erziehungsberechtigten hervorgehoben. Das entspricht der tatsächlichen Lebenswelt.

 

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular