Landtag,
13. Sitzung vom 07.03.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 57
Bundesregierung als verfassungsrechtlich nicht klar
dargestellt, und ich frage Sie: Wenn schon Prof Mayer, auf dessen Gutachten Sie
sich verlassen, hier Problematiken sieht, weil dazu eine Teilung notwendig ist,
wie können Sie dann ein Wahlrecht für alle Wiener zu allen Funktionen hier so
klar und deutlich darstellen?
Präsident Johann Hatzl:
Frau Stadträtin!
Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Prof
Mayer hat sich in seinem Gutachten mit mehreren Fragen befasst, mit allen in
der Diskussion relevanten. Sie bestätigen ja jetzt indirekt, dass seitens der
Bundesregierung keine neuen Argumente gekommen sind, sondern dass es Fragen
sind, mit denen wir uns schon befasst haben, mit denen sich der
Verfassungsdienst der Stadt Wien schon befasst hat und auch das externe
Gutachten von Dr Mayer. Die Frage, die Sie jetzt ansprechen, ist die von
hoheitlichen Aufgaben in der Bezirksvertretung.
Es stimmt, Mayer befasst sich damit, aber, sehr
verehrter Herr Kollege, Sie müssen auch den zweiten Teil sagen, er gibt auch
eine Antwort. Und diese Antwort heißt, dass hoheitliche Aufgaben dort in der
Bezirksvertretung vorgenommen werden, wo es sich um Mitglieder des
Bauausschusses handelt. Selbst hier relativiert er in dem Gutachten und ist,
wenn ich das als Nichtjuristin salopp sagen darf, sozusagen auf der sicheren
Seite. Denn er relativiert sogar, ob die Frage im Bauausschuss wirklich eine so
bedeutende ist, dass sie als entsprechend diese Konsequenz hervorrufende Sache
gesehen werden kann. Aber es stimmt, es wird in diesem Gutachten auf diese
Fragen eingegangen – deswegen haben wir es ja eingeholt, damit wir jedenfalls hier
korrekt vorgehen –, und es wird darauf hingewiesen, dass im Bauausschuss
hoheitliche Aufgaben da sind und dass die Damen und Herren Bezirksvorsteher und
–stellvertreterInnen – mit großem I – durch ihr Über-dem-Bauausschuss-Stehen
sozusagen indirekt ebenfalls diese Aufgaben haben.
Deswegen haben wir uns auch in völlig korrekter Form
an dieses Gutachten, an diese vorsichtigen Empfehlungen gehalten. Wie Sie
selber gesagt haben, ist das Gesetz so formuliert, dass Menschen, die nicht die
österreichische Staatsbürgerschaft haben, nicht in den Bauausschuss gewählt
werden können, nicht BezirksvorsteherIn oder -stellvertreterIn werden können,
und insofern denke ich, dass Mayer in seinem sehr ausführlichen, sehr guten und
auch für Nichtjuristen verständlichen Gutachten – was ich besonders
bemerkenswert finde – sehr wohl Antworten gibt und keine neuen Fragen im
Zusammenhang mit dem Einspruch der Bundesregierung aufgeworfen wurden.
Präsident Johann Hatzl:
Dr Stürzenbecher hat die nächste Zusatzfrage.
Abg Dr Kurt Stürzenbecher
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Sie haben auf Univ Prof DDr Heinz Mayer verwiesen,
dessen außerordentliches wissenschaftliches Renommee von überhaupt niemandem in
Österreich in Frage gestellt wird, Sie haben auf die höchstqualifizierten
Stellungnahmen der Rathausjuristen verwiesen, Sie haben darauf verwiesen, dass
im Unterausschuss auch die ÖVP, insbesondere Dr Ulm, intensiv mitgearbeitet
hat. Also man kann überhaupt nicht sagen, dass hier nicht ganz ausführlich
diskutiert worden ist.
Darüber hinaus möchte ich noch anfügen, dass die ÖVP
Graz interessanterweise für ein AusländerInnenwahlrecht ist, dass Herr Dr
Gerstl früher in seiner Funktion als Landesparteissekretär der ÖVP auch für ein
Ausländerwahlrecht eingetreten ist, wobei man hinzufügen muss, dass Herr Dr
Gerstl als Jurist früher in außerordentlich wichtigen Funktionen im
Landesverteidigungsministerium tätig war, also sicher als höchstqualifizierter
Jurist eingeschätzt werden kann und eben das Ausländerwahlrecht gefordert hat,
und es sei darauf hingewiesen, dass die Wirtschaftskammer zumindest für das
aktive Wahlrecht ist, dass kirchliche Organisationen intensiv für das
AusländerInnenwahlrecht eintreten – aber mit denen hat ja die ÖVP, siehe
Strasser, wirklich nichts mehr zu tun –, und es sei darauf hingewiesen, dass
der langjährige ÖVP-Landtagspräsident, Prof Wehlan, auch ein
höchstqualifizierter Jurist, in seinen jüngeren Stellungnahmen – und die sind
ja ausschlaggebend – auch darauf hingewiesen hat, dass das Ausländerwahlrecht
inhaltlich sehr sinnvoll ist.
Wie schätzen Sie angesichts all dieser Fakten die
Glaubwürdigkeit der Wiener ÖVP ein, und wie stehen Sie überhaupt dazu?
Präsident Johann Hatzl:
Frau Stadträtin!
Amtsf StRin Mag Renate Brauner:
Es steht mir nicht zu, die Glaubwürdigkeit zu beurteilen. Ich stelle
fest, dass es hier offensichtlich unterschiedliche Auffassungen gibt und man
mehr auf den einen als auf den anderen hört, was ich in diesem Zusammenhang bedauere.
Es gibt unterschiedliche Zugänge,
und genau daher hätte ich mir ja gewünscht, dass diese inhaltliche Diskussion
geführt wird. Offensichtlich ist das in anderen Bundesländern sehr wohl der
Fall. Diese unterschiedlichen Auffassungen überraschen mich insofern nicht,
weil ja bedauerlicherweise die ÖVP auch diejenige Partei in diesem Hause war,
die als einzige in dieser Runde gegen die Senkung des Wahlalters war. Und auch
da gibt es ja unterschiedliche Auffassungen. Wir wissen, dass das in anderen
Bundesländern schon beschlossen wurde – mit den Stimmen der ÖVP. Das scheint
also nicht so selten zu sein.
Ich bedauere es, dass wir die inhaltliche Diskussion
nicht führen konnten. Mir ist bekannt, dass die Grazer ÖVP sich besonders aktiv
für das AusländerInnenwahlrecht eingesetzt hat. Vielleicht hat sie deswegen bei
den Wahlen ziemlich gut abgeschnitten, aber das ist natürlich nur eine
Spekulation.
Präsident Johann Hatzl:
Frau Abg Dr Sommer-Smolik hat die nächste Zusatzfrage.
Abg Claudia Sommer-Smolik
(Grüner Klub im Rathaus): Frau
Stadträtin!
Uns war und ist dieses AusländerInnenwahlrecht sehr, sehr
wichtig, nur diese Diskussion ist schon etwas müßig, denn, wie Sie schon gesagt
haben, kommen
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