Landtag,
20. Sitzung vom 04.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 56
großes Areal für den Ausbau zu einem
Industriegebiet.“ Die Studie stammt vom August 1994. Es hat in der Tat
keine zehn Jahre gedauert, bis die SPÖ diesen Vorschlag aufgegriffen hat. Das
nenne ich wirklich eine intellektuelle und konzeptive Tempobolzerei der
Sonderklasse! Ich gratuliere, dass das innerhalb eines Dezenniums möglich war! (Beifall
bei der ÖVP.)
Kehren wir in die Gegenwart zurück, Herr
Vizebürgermeister. Sie haben vor kurzem eine weitere Studie des WIFO – die
machen ja viele Studien, das ist ihr Geschäft – im Auftrag der Stadt Wien
präsentiert: „Der 2. Bericht zur Internationalen Wettbewerbsfähigkeit Wiens“.
Das ist ja viel weiter gegangen, wir erinnern uns daran. Seitdem rastet ihr
euch aus, aber es werden sich die Zeiten wieder ändern. (Beifall bei der
ÖVP.- Abg Godwin Schuster: Haben wir fünf Jahre lang den Planungsstadtrat gehabt
oder ihr?)
Ich komme wieder zu dieser WIFO-Studie zurück. Die ist ja sehr interessant auch hinsichtlich der selektiven Wahrnehmungen, die von diesem Bericht ausgehen. Ich zitiere die Kernaussage des Autors, nämlich Peter Maierhofer, der Folgendes sagt. „Wien ist nach den hier präsentierten Daten“ - also in der Studie - „keine der genannten Spezialisierungsmuster hochentwickelter Stadtregionen zuzuordnen. Für eine Entwicklung nach dem Muster dynamischer Industriestädte fehlt mittlerweile die Industrieorientierung. Von den hochrangigen Dienstleistungszentren im europäischen Kernraum unterscheidet sich die Stadt wiederum durch ihre vergleichsweise geringe Ausstattung mit komplexen international handelbaren Diensten.“
Wien ist also, das ist der Befund, keine
hochentwickelte Stadtregion, weder eine dynamische Industrieregion noch ein
hochrangiges Dienstleistungszentrum. Das ist die traurige Realität, die uns
Wirtschaftsexperten bestätigen und das ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen
SPÖ-Stadtpolitik! Und wenn ich...(LhptmStv Dr Sepp Rieder: Das ist aber nur
die teilweise Wiedergabe der Studie!) Ich sage das, was der Herr Maierhofer
offensichtlich bei der Präsentation nicht sagen durfte und somit ist es ein
Beitrag zur Wahrheitsfindung und zur Aufklärung.
Wenn ich die Schlussfolgerung aus dieser WIFO-Studie
höre, dann ist es um die Entwicklung Wiens in keiner Weise gut bestellt und wir
sehen auch diese Folgen Monat für Monat. Wir haben sie gerade wieder bei den
Arbeitslosenzahlen gesehen. Wenn Sie sagen, dass Wien als städtische
Agglomeration mit dem Rest Österreichs nicht vergleichbar ist, so gebe ich
Ihnen Recht. Wien ist wirklich anders. Rund um Österreich, rund um Wien gibt es
Städte, die sich durch ein wesentlich höheres Wachstum und niedere Arbeitslosenraten
auszeichnen und das sind nicht bloß Städte im früheren Osten, das sind auch
Städte in den westeuropäischen Industrieländern, München, Mailand, Bern,
Stuttgart (LhptmSt Dr Sepp Rieder: Welche großen europäischen Städte haben
eine so niedrige Arbeitslosenrate? Sag’ mir das!), Budapest und Prag. (LhptmSt
Dr Sepp Rieder: Das stimmt überhaupt nicht! Das stimmt überhaupt nicht!)
Was Wien wirklich fehlt, das musst du mir zugestehen,
sind neue Betriebe, die eine wirkliche Lokomotivfunktion ausüben und die
wirklich im produzierenden Bereich eine Lokomotivfunktion für andere Betriebe,
die im Dienstleistungssektor sind, ausüben. Wir brauchen eine industrielle
Struktur, die auch das produzierende Gewerbe, die produzierende Industrie mit
einschließt.
Wenn wir heute vom Lebensgefühl einer Stadt sprechen,
dann ist das nicht nur die Freizeit, das Wohnen, der kulturelle Aspekt oder die
gute Luft und das viele Grün - zugegeben, davon hat Wien einiges -, aber es
geht auch um ein Lebensgefühl, das sich in Arbeit, in Beschäftigung
artikuliert. Es kann nicht das Ziel und das Interesse Wiens sein, dass wir
quasi diesbezüglich zu einem Vorort einer dynamisch wachsenden Metropole wie
Bratislava werden.
Über die Beschäftigungszahlen brauche ich mich hier
nicht auszulassen. Aber eines ist mir schon ein Anliegen zu sagen, weil jetzt
wiederholt die Forderung an den Bund gekommen ist, dass durch die Steuerreform
Wien Gelder verloren gehen, wo man eigentlich vom Bund Geld haben möchte.
Präsidentin Erika Stubenvoll (unterbrechend):
Herr Stadtrat, die Redezeit ist beendet.
StR Dr Johannes Hahn (fortsetzend):
Herr Vizebürgermeister! Sie müssten eigentlich dieser Bundesregierung dankbar
sein, weil diese Steuerreform mit der Absenkung der Körperschaftssteuer der
wesentlichste Beitrag zur Standort- und Arbeitsplatzsicherung in den letzten
Jahren und Jahrzehnten ist. Und insofern sind hier... (Abg Godwin Schuster:
Da ist noch nichts bewiesen! Noch nichts bewiesen!) Entschuldige, es gibt
-zig Firmen und meine eigene ehemalige Firma nehme ich da nicht aus, die
darüber diskutiert haben zu verlagern oder Produktionskapazitäten woanders
aufzubauen. Mit der Ankündigung dieser Steuerreform sind schlagartig alle
Aktivitäten in diese Richtung eingestellt worden. Fragen Sie bei den Herren von
der Austrian Business Agency nach. Auch dort werden Sie diese meine Aussage
bestätigt finden. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächste ist die Frau StRin Landauer gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
StRin Karin Landauer: Frau Präsidentin!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Der Herr Abg Friedrich Strobl hat am Schluss seiner
Ausführungen eingeladen, dass wir alle gemeinsam für Wien arbeiten. Wenn das
ernst gemeint wäre, wäre es sehr zu begrüßen. Das würde aber bedeuten, dass man
vielleicht auch Kritik und Anregungen der Opposition wahrnehmen und auch in die
Überlegungen einbeziehen sollte.
Als wir gestern den Titel gehört
haben, habe ich mir gedacht: Was bedeutet der Standort Wien für Innovation? Die
höchste Arbeitslosigkeit in Österreich, die höchste Jugendarbeitslosigkeit in
Österreich, die sozialistische Wirtschaftspolitik hat zum größten
Lehrstellenmangel in der Geschichte der Stadt geführt und dass die vorhandenen
Ausbildungsplätze für die Schulen für die allgemeine Gesundheits- und
Krankenpflege und für die
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