Landtag,
20. Sitzung vom 04.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 56
einzuleiten.
Berichterstatterin amtsf StRin Mag Renate Brauner: Sehr geehrte Damen und
Herren!
Ich bitte Sie, diesen Gesetzentwurf zu diskutieren
und zu beschließen.
Präsident Johann Römer: Danke. - Gemäß § 30c
Abs 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General- und die
Spezialdebatte zusammenzulegen.
Wird gegen eine Zusammenlegung eine Einwendung
erhoben? - Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen.
Die Debatte ist eröffnet. Zum Wort gemeldet ist Frau
Abg Dr Vana.
Abg Dr Monika Vana (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir haben heute das Zuweisungsgesetz für die
Bediensteten der Gemeinde Wien an den Fonds Soziales Wien auf der Tagesordnung.
Die Wiener GRÜNEN lehnen bekanntlich die Ausgliederung der sozialen Dienste aus
dem Verantwortungsbereich des Magistrats ab. Wir haben darüber schon
verschiedene Debatten - sehr ausführliche Debatten - in diesem Haus, auch in
den Ausschüssen, abgehalten.
Wir lehnen auch das Zuweisungsgesetz für die
Bediensteten ab – natürlich nicht deshalb, weil wir prinzipiell gegen die
Zuweisung und gegen rechtliche Regelungen für die Bediensteten, die heute
zugewiesen werden, wären - es betrifft zirka 750 öffentlich Bedienstete, die
mit Stichtag 1. Juli 2004 zugewiesen werden -, sondern wir stimmen gegen
das Zuweisungsgesetz, weil Ausgliederungen prinzipiell personalpolitisch heikel
sind und aus unserer Sicht personalpolitische Probleme aufwerfen und auch
insgesamt Verschlechterungen für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit sich
bringen.
Denn lassen Sie uns ehrlich sein: Wir wissen zwar,
dass die Überlassung von Gemeindebediensteten zu Dienstleistungen an Private -
so heißt es korrekt - zwar verfassungsrechtlich völlig zulässig ist - natürlich
-, aber sie ist es politisch nicht, denn die Ausgliederungen sind eine Flucht
aus der Budgetverantwortung des Gemeinderats, aus der Kontrolle des
Gemeinderats, und sie sind vor allem auch eine Flucht aus dem Dienstrecht.
Warum eine Flucht aus dem Dienstrecht? - Es stimmt
zwar, wie Sie sagen, dass für die zugewiesenen Bediensteten dienstrechtlich,
arbeitsrechtlich, besoldungsrechtlich, pensionsrechtlich alles beim so
genannten Alten bleibt, wenn sie zugewiesen werden; das gilt aber nicht für die
nach dem 1. Juli 2004 neu Eintretenden, neu Aufgenommenen. Diese werden
dem Privatrecht unterliegen und nicht mehr den größtenteils - seien wir ehrlich
- besseren und arbeitnehmerInnenfreundlicheren Bestimmungen des öffentlichen
Dienstes. Es werden Kollegen und Kolleginnen, die, Schreibtisch an Schreibtisch
sitzend, dieselbe Tätigkeit verrichten, völlig ungleich behandelt werden,
unterschiedlichem Arbeitsrecht, unterschiedlichem Dienstrecht,
unterschiedlichen Besoldungen, unterschiedlichen Personalvertretungen und
unterschiedlichem Pensionsrecht – dieses ist ja nicht harmonisiert –
unterliegen. Wir halten das für nicht fair. Wir halten das für viele
DienstnehmerInnen, wie wir auch bei den letzten Ausgliederungen gesehen haben,
für sehr, sehr problematisch und auch demotivierend, und wir halten es für
nicht förderlich für ein gutes Betriebsklima im neuen Fonds Soziales Wien.
Das private Dienstrecht für die neu Eintretenden wird
unserer Ansicht nach insbesondere für Frauen ein Problem. Viele Dienstnehmerinnen
gerade im Sozialbereich sind ja Frauen. Das heißt, wir reden heute auch
größtenteils über Frauen, die hier die Betroffenen sind. Wir wissen, dass das
Gleichbehandlungsgesetz des öffentlichen Dienstes, das Wiener
Gleichbehandlungsgesetz ein wesentlich besseres ist als jenes, das die Frauen
dann in der Privatwirtschaft haben werden. Es hat eine
50-Prozent-Frauenförderquote, es hat die automatische Bevorzugung bei gleicher
Qualifikation, es hat wesentlich weitgehendere Antidiskriminierungsbestimmungen
bei Aus- und Weiterbildung. Es ist daher nicht einzusehen, dass es dann eine
Gruppe von Frauen gibt, die nach wie vor dieses gute Gleichbehandlungsgesetz
haben, nämlich die jetzt zugewiesenen - und für dieselbe Tätigkeit, quasi
Schreibtisch an Schreibtisch, face to face, eine Gruppe von Frauen, die dieses
gute Gleichbehandlungsgesetz nicht haben. Denn das Gleichbehandlungsgesetz in
der Privatwirtschaft ist, wie Sie wissen, ein wesentlich schlechteres - und vor
allem auch in der Umsetzung und der Anwendung ein wesentlich schlechteres.
Das heißt, es ist auch im Interesse der Frauen, dass
wir heute einen Antrag an die zuständigen Stadträtinnen betreffend
Mindestrechte für neue Bedienstete im Fonds Soziales Wien stellen. Wir wissen
natürlich, dass es aus kompetenzrechtlichen Gründen für uns nicht möglich ist,
heute direkte dienstrechtliche Vorschriften zu erlassen, aber wir können ein
politisches Signal senden: Ein Signal für die ArbeitnehmerInnen, dass wir die
zwei Klassen von Bediensteten nicht wollen, dass wir nicht wollen, dass nach
der Ausgliederung die negativen Aspekte beider Systeme, nämlich des privaten
und des öffentlichen Systems, überwiegen und ArbeitnehmerInnenrechte sukzessive
nach unten nivelliert werden.
Wir GRÜNEN wollen die besten Standards für alle
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir sehen uns nach wie vor als
verantwortlich für diesen Bereich. Wir wollen die Verantwortung für die
Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer im Fonds Soziales Wien nicht ausgliedern, so
wie Sie es tun. Ich denke, es ist, gerade in Anbetracht des Sozialabbaus und
des Abbaus von ArbeitnehmerInnenrechten auf Bundesebene, auch eine Frage der
Fairness, dass wir von Wien aus heute ein Signal setzen, dass wir uns für die
bestmöglichen und vor allem für einheitliche Standards für ArbeitnehmerInnen im
Fonds Soziales Wien aussprechen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wir stellen daher folgenden Antrag:
"Der Wiener Landtag ersucht
die Frau amtsführende Stadträtin für Integration, Frauenfragen,
Konsumentenschutz und Personal und die Frau amtsführende Stadträtin für
Gesundheit und Soziales, sich nachhaltig bei der Leitung des Fonds Soziales
Wien dafür einzusetzen,
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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