Landtag,
20. Sitzung vom 04.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 56
Ablehnung hat ja, genauso wie die Debatte jetzt im Ausschuss, genauso wie der Umgang mit der Volksanwaltschaft, gezeigt, dass bei der Mehrheitsfraktion ja eigentlich überhaupt der politische Wille fehlt, die parlamentarischen Kontrollrechte in diesem Haus für die Opposition zu garantieren.
Und, meine Damen und Herren, beim hier zu beschließenden
Fonds Soziales Wien wird die Budgethoheit des Landtages komplett ausgeschaltet.
Bei diesem Fonds gibt es ja kein Genehmigungsrecht dieses Hauses mehr, etwa für
den Wirtschaftsplan, es gibt kein Genehmigungsrecht mehr des Gemeinderates oder
des Landtages auch für den Jahresabschluss.
Es war immer üblich, es war gute Sitte in Wien, dass
alle Fraktionen Sitz und Stimmrecht in allen ausgegliederten Fonds eingeräumt
bekamen, und zwar genau Sitz und Stimmrecht in dem Gremium, wo auch das Budget
des Fonds beschlossen wird. Und es ist daher beim Wiener
Arbeitnehmerförderungsfonds natürlich so, dass selbstverständlich alle
Fraktionen im Kuratorium des WAFF vertreten sind, im Kuratorium des WAFF, wo
auch das Budget beschlossen wird.
Anders bei diesem Fonds Soziales Wien. Im Kuratorium
des Fonds sind überhaupt nur Vertreter der Stadtregierung und der Beirat, in
dem dann die Vertreter der Opposition sitzen dürfen, der zu einem bloßen
Diskussionsforum ohne jegliche Kompetenzen degradiert wird. Und wenn man sich die
Satzung genau durchliest, dann ist dieser Beirat ja nicht einmal ein Organ des
Fonds, denn Organe sind ausschließlich das Präsidium, die Geschäftsführung und
das Kuratorium.
Und es zeigt daher, meine Damen und Herren, auch
diese Fondssatzung so deutlich, welchen Stellenwert demokratiepolitische Fragen
vor allem für die Mehrheitsfraktion noch haben.
Und, Frau Stadträtin, es ist daher diese Satzung, wie
sie vorliegt und beschlossen und von ihnen auch als Fondsbehörde genehmigt
wurde, es ist diese Satzung daher ein Anschlag auf die Budgethoheit dieses
Hauses. Es ist diese Satzung ein Ausdruck für die Arroganz der absoluten Macht,
mit der diese Mehrheit in diesem Haus bereits gebraucht wird. Und wir fordern
Sie daher auch ausdrücklich noch einmal auf, nehmen Sie diese Satzung zurück
und räumen Sie wenigstens, so wie es bisher in Wien immer gute Sitte war, allen
Fraktionen Sitz und Stimmrecht in diesem Kuratorium ein und respektieren sie
die Budgethoheit dieses Wiener Landtages.
Meine Damen und Herren, was aber noch viel schwerer
wiegt als alle verfassungsrechtlichen Bedenken, was viel schwerer wiegt als die
Ausschaltung der Budgethoheit, ist die soziale Dimension einer solchen
Ausgliederung, ist der soziale Sprengstoff, der mit dieser Vorgangsweise geschaffen
wird. Und was noch viel schwerer wiegt, ist vor allem die Flucht aus der
politischen Verantwortung für die Sozialpolitik in dieser Stadt und wir kennen
diese Flucht aus der Verantwortung ja spätestens seit der Ausgliederung der
Spitäler. Und die gestrige Debatte, Frau Stadträtin, meine Damen und Herren,
hat ja gezeigt, dass diese Ausgliederung der Spitäler punktgenau in den
Finanzkollaps des Krankenanstaltenverbundes geführt hat. Man hat diesen KAV
gegründet, man hat in auf die Reise geschickt, aber man hat ihm eine
ordentliche Budgetdotation verwehrt und die Freiheitliche Fraktion hat daher
eben schon vor zwei Jahren von dieser Stelle aus gewarnt, dass die Eigenmittel
nur zwei Jahre reichen werden, bis zum Jahr 2004. Man wollte diese
Warnungen damals nicht wahrhaben, man hat diese Warnungen damals ignoriert, und
es hat sich ja gerade in diesen Tagen bestätigt, dass genau diese unsere
Prognose jetzt eingetroffen ist.
Es gibt auch jetzt keine politische Verantwortung
mehr für den Pflegenotstand, für den Personalmangel. Jetzt sind plötzlich nur
mehr die Manager Schuld. Die Manager sind Schuld, und als Konsequenz wird
höchstens vielleicht einmal ein Manager, der kurz vor der Pension steht,
suspendiert. Es gibt aber keine politische Verantwortung mehr, keine politische
Verantwortung der Gesundheitsstadträtin etwa, des Finanzstadtrates oder des
Herrn Bürgermeisters. Und, meine Damen und Herren, genau dieselbe Flucht aus
der Verantwortung erfolgt jetzt mit diesem Fonds Soziales Wien. Und es war ja,
erinnern wir uns doch zurück, es war ja die Unterbudgetierung dieses Bereiches
genau der Anlass für die Gründung dieses Fonds und es ist daher natürlich die
Aufgabe dieses Fonds, die fehlenden Mittel auf Kosten der Bedürftigen in
Zukunft einzusparen. Und das Ziel der Ausgliederung ist es ja auf der ganzen
Welt, den Kostendeckungsgrad dieses Bereiches zu erhöhen. Es haben die sozialen
Dienste natürlich einen ganz geringen Kostendeckungsgrad. Wenn man den
Kostendeckungsgrad der sozialen Dienste nachrechnet, dann kommt man auf etwa
27 Prozent, und es wird daher mit dieser Ausgliederung natürlich das Ziel
verfolgt, diesen Kostendeckungsgrad anzuheben auf mindestens 50, oder besser
über 50 Prozent. Aber was heißt denn das für die Betroffenen, was heißt
das für die Bedürftigen, für die sozial Schwachen, für die kranken Menschen?
Das heißt ja nichts anderes, als dass der Fonds seine
Preise auf Kosten dieser sozial Bedürftigen in Hinkunft anheben wird müssen.
Das heißt nichts anderes, als dass der Fonds seine Leistungen auf Kosten der
Betroffenen in Hinkunft jetzt drastisch einschränken wird müssen.
Und, meine Damen und Herren, Frau Stadträtin, es ist
daher gar nicht schwer, heute von dieser Stelle aus die gleiche Prognose zu
wagen, wie damals für unser Gesundheitssystem. Es hat sich unsere zwei Jahre
alte Prognose für die Spitäler jetzt als völlig richtig herausgestellt, und es
wird sich auch diese Prognose in spätestens zwei Jahren wieder als völlig
richtig herausstellen. Es wird sich die Prognose als völlig richtig herausstellen,
dass der Fonds ja spätestens in zwei Jahren massive Preiserhöhungen und massive
Leistungskürzungen durchführen muss.
Und, meine Damen und Herren, es
hat die Bundesregierung ihre budgetären Hausaufgaben bereits gemacht und wir
liegen heute in der Bundespolitik mit der Budgetpolitik wieder im guten
europäischen Mittelfeld
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