Landtag,
20. Sitzung vom 04.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 56
aussehen. Es wird in Hinkunft möglich sein, ein eigenes Familienverfahren abzuführen; über Familienangehörige wird mit einem Bescheid entschieden werden. Die Rechtssicherheit wurde verbessert, die Verfahren beschleunigt und der Schutz verbessert.
Das grundsätzlich Neue bei dem Grundversorgungsmodell
nach dieser 15a-Vereinbarung ist, dass nicht nur Asylwerber umfasst sind,
sondern im Prinzip alle hilfs- und schutzbedürftigen Fremden. Umfasst sind
daher Asylwerber während ihres Verfahrens, aber auch Asylwerber, deren Antrag
abgelehnt worden ist, die aber aus den unterschiedlichsten Gründen – seien es
rechtliche oder faktische – nicht abschiebbar sind, aber auch Fremde, die, aus
welchem Grund auch immer, gar keinen Asylantrag gestellt haben und ebenfalls
aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abschiebbar sind. Dazu gehören
auch Fremde mit so genanntem humanitären Aufenthaltsrecht.
Wir erreichen durch diese Vereinbarung, die heute
beschlossen wird, eine Verbesserung für die Stadt, wobei ich nicht versäumen
möchte zu erwähnen, dass Wien seine Verpflichtung hinsichtlich der Asylplätze
nunmehr erfüllt hat, dass da die Stadt Wien sehr erfreulicherweise ihren
Beitrag geleistet hat. Ich hoffe, dass alle anderen Bundesländer dieser
Verpflichtung auch rechtzeitig nachkommen. Es ist ja schon gelungen, vom Jahr
2000 bis zum Jahr 2003 die Zahl der Asylplätze von 2 000 auf 9 000 zu
erhöhen. Also eine sehr erfreuliche Entwicklung im Sinne der Stadt, im Sinne
der Republik. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Stadt und Republik ist immer im
Sinne der hier lebenden Menschen, aber und vor allem auch im Sinne der hilfs-
und schützbedürftigen Fremden in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Johann Hatzl: Zu Wort gelangt
Herr Abg Barnet.
Abg Günther Barnet (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Herr Präsident! Frau Stadträtin! Meine Damen und Herren!
Ich habe mich in der vorigen Debatte streichen
lassen, ich kann Ihnen leider nicht den Gefallen tun, so kurz zu bleiben wie
Kollegin Jerusalem und Kollege Ulm. Sie können sich gemütlich darauf
einrichten, dass wir uns einige Zeit mit diesem Thema beschäftigen werden. (Abg Johann Driemer: Tun Sie sich keinen
Zwang an!) Wenn es Sie nicht freut, Kollege Driemer ... (Abg Johann
Driemer: Ich habe nur gesagt, tun Sie sich keinen Zwang an!) Es freut Sie? Mich freut es auch! Ich
schaue Ihnen gern treuherzig ins Auge. Ich erzähl' Ihnen etwas; wenn Sie mir
auch zuhören, ist es schon einmal ein netter Anfang. (Rufe: Zur Sache!)
Zur Sache: Meine Damen und Herren! Diese Vereinbarung
zwischen den Ländern und den Bund gemäß Art 15a B-VG ist durchaus zu
begrüßen. Sie ist zu begrüßen, weil der Zweck der Vereinbarung ein notwendiger
ist. Es geht darum, die Versorgung zur vereinheitlichen und zu verbessern, die
Mitwirkung der Länder an den Kosten sicherzustellen, die Mitwirkung der Länder
auch an den Kosten der Schubhaft sicherzustellen – ein Faktum, das nicht jedem
immer gefällt – und die Länder in die Ziehung zu nehmen, am Asylverfahren
teilzunehmen mit der Informationspflicht.
Der Ausgangspunkt der Vereinbarung ist – der Kollege
Ulm hat es gesagt – die Asylgesetz-Novelle vom Herbst des Jahres 2003. Dieses
Gesetz, meine Damen und Herren, auch wenn Sie von der SPÖ es im Nationalrat
bekämpft haben und auch diese Landesregierung es nun vor dem
Verfassungsgerichtshof bekämpfen will, diese Asylgesetz-Novelle ist ein
Meilenstein, ist ein positiver Fortschritt für alle Asylverfahren.
Was ist der Zweck dieses Gesetzes, das Grundlage für
diese heutige Vereinbarung ist? – Zunächst die Beschleunigung der Verfahren.
Viele Verfahren sind noch immer offen, sind nicht abgeschlossen. Das ist ein
untragbarer Zustand, für alle Seiten.
Es geht auch darum, in einem so genannten
Erstabklärungsverfahren innerhalb von 48 beziehungsweise 72 Stunden einmal
festzulegen, ob der Betroffene überhaupt in ein Asylverfahren in formeller Form
eintreten kann oder nicht.
Es geht darum, jeden – und das entgegen der
bisherigen Linie – am Anfang schon in einer Erstaufnahmestelle aufzunehmen und
ihm eine Grundbetreuung durch den Bund und die Länder zukommen zu lassen. Und
das ist ein Fortschritt.
Es geht darum, die Drittstaatenregelung festzuhalten,
es geht um das Neuerungsverbot, um das Verhindern des Untertauchens in die
Illegalität und um die Verbesserung für die Familienangehörigen im
Asylverfahren.
Warum ist das notwendig? Sehen wir uns die Verfahren
an. Seit 1998, also nach der Asylgesetz-Novelle 1997, hat es in Österreich
160 549 Verfahren nach dem Asylgesetz gegeben. Davon sind
36 448 noch immer offen, aber eine viel größere Zahl, nämlich über
90 000, sind unerledigte Verfahren, unerledigt in dem Sinne, dass mehr als
die Hälfte jener, die in ein Asylverfahren eingetreten sind, aus welchen
Gründen auch immer, aber auch wegen mangelnder Betreuung, aus dem Asylverfahren
verschwunden sind.
Es ist auch eine Illusion zu glauben, dass bei
jährlich zirka 40 000 Asylwerbern und Betreuungsplätzen in der Anzahl
von zirka 10 000 tatsächlich vernünftige Asylbetreuung statt finden kann.
Da reicht nicht aus, was die Länder tun, was der Bund tut, und auch die
privaten Unterkünfte sind keine wirkliche Lösung.
Aber was macht die
SPÖ-Stadtregierung in diesem Zusammenhang, weil Sie so schauen, als hätten Sie
damit nichts zu tun? Sie verweigern den Blick auf die Realität. Sie haben – und
zwar konkret Teile der Wiener Stadt-SPÖ und der Bundes-SPÖ – die
Bundesregierung im Zuge der Asylgesetz-Novelle als unfähig und als unmenschlich
bezeichnet, Sie rufen jetzt gegen dieses Gesetzt den VfGH an – mit einer
Argumentation, die durchaus skurril ist –, Sie reden gleichzeitig der ungehinderten
und ungezügelten Zuwanderung das Wort, treffen aber jetzt diese Vereinbarung.
Sie tun dies, obwohl diese Vereinbarung – und das ist für jeden nachlesbar, der
die Vereinbarung lesen wollte, sowohl im Text als auch in den Erläuterungen –
genauest geradezu auf jene
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