Landtag,
20. Sitzung vom 04.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 56
Bestimmungen Bezug nimmt – das sind die §§ 4 und folgende bis 6 –, die Sie mit Beschluss der Stadtregierung vom 23. Jänner dieses Jahres vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpfen, wobei der Bürgermeister über die Asylgesetz-Novelle gesagt hat, dass sie Rechtsbeschneidung bedeute, ungeheuerlich sei und was noch alles.
Also das muss mir jetzt einer erklären, warum dieses
Land, warum diese Stadtregierung für eine Vereinbarung mit dem Bund ist, unter
Bezugnahme auf die Bestimmungen des § 4 ff im Asylgesetz, eines Gesetzes,
das genau in jenen Bestimmungen gleichzeitig von dieser Landesregierung beim
Verfassungsgerichtshof bekämpft wird.
Das heißt jetzt nicht, dass ich gegen die
Vereinbarung bin. Ich bin für das Asylgesetz und daher auch für die
Vereinbarung, aber wie man für einen Teil sein kann, und zwar unter Hinweis auf
bestimmte Bestimmungen im Gesetz, und gleichzeitig diese Bestimmungen vor dem
Verfassungsgerichtshof bekämpft, das ist für mich etwas, was ich überhaupt
nicht nachvollziehen kann. So etwas bringt nur diese Stadt-SPÖ zusammen.
Sie bringen das auch deswegen zusammen, weil Sie sich
den Problemen nicht stellen. Sie bekämpfen unter anderem die sichere
Drittstaatenregelung im Gesetz. Was heißt denn das konkret? Das heißt konkret
im neuen Asylgesetz, dass jemand, der zum Beispiel aus Ungarn kommt, am
Grenzübergang identifiziert wird, einen Reisepass hat – man weiß also, woher er
kommt – und am Grenzübergang um Asyl ansucht, darauf hingewiesen wird, dass er
nach unserem bestehenden Gesetz in Österreich kein Asyl bekommen kann und daher
sofort am Grenzübergang zurückgewiesen wird.
Diese logische Bestimmung der Drittstaatenregelung
bekämpfen Sie vor dem Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig. Und das,
meine Damen und Herren von der SPÖ, versteht niemand. (Beifall bei der FPÖ.)
Das versteht auch deswegen niemand, denn was ist denn
die logische Konsequenz aus dieser Haltung? – Die logische Konsequenz aus
dieser Haltung ist, dass man unseren Nachbarn, die am 1. Mai der EU
beitreten, unterstellt, dass sie keine sicheren Drittstaaten wären, keine
Rechtsstaaten wären, die ein ordentliches Asylverfahren haben, die daher die
Kopenhagener Kriterien des Jahres 1992 nicht erfüllen.
Was wäre daraus die logische Konsequenz? – Der
Nichtbeitritt zur Europäischen Union. Die Kommission hat das aber
richtigerweise so entschieden, dass die beitreten, und jetzt sagen Sie und
bekämpfen daher diese Bestimmung vor dem Verfassungsgerichtshof: Das ist aber
kein sicherer Drittstaat. Da kann man die Leute nicht sofort zurückweisen.
Dorthin kann man den, der trotzdem illegal hereinkommt und nachweislich aus
Ungarn kommt, nicht zurückschieben und sagen, es mangelt am Rechtsstaat. –
Meine Damen und Herren, das versteht niemand.
Das Gegenteil ist der Fall. Das Asylgesetz 2003, auf
das sich diese Vereinbarung, die wir heute beschließen, bezieht, befindet sich
auf dem absoluten Boden der Rechtsstaatlichkeit, und wir Freiheitlichen stehen
daher zu diesem Gesetz und zu diesen Bestimmungen.
Lassen Sie mich an einigen Beispielen des Gesetzes
darlegen, weshalb das wirklich so widersprüchlich ist, dass Sie zwar für die
Vereinbarung sind, aber gegen die Gesetzesbestimmungen. Sehen wir uns zum
Beispiel den § 4 Abs 2 des neuen Asylgesetzes 2003 an. Überschrift
"Unzulässige Asylanträge wegen Drittstaatensicherheit". Sie bekämpfen
konkret mit Beschluss der Stadtregierung vom 23. Jänner – ich wiederhole
das – diesen Paragraphen, diesen Absatz. Was steht da drinnen? Unzulässiger
Antrag wegen Drittstaatssicherheit, Abs 2: "Sofern nicht besondere in der
Person des Asylwerbers gelegene Umstände ausnahmsweise für eine gegenteilige
Annahme sprechen, ist Drittstaatensicherheit in Liechtenstein und der Schweiz
jedenfalls gegeben."
Was sagt die SPÖ-Stadtregierung mit ihrer Anfechtung
vor dem Verfassungsgerichtshof? – Liechtenstein und die Schweiz – kein sicherer
Drittstaat, kein Rechtsstaat, indem die Rechtsordnung gilt, kein Staat, der die
Menschenrechtskonventionen unterschrieben hat, kein Staat, in dem es ein
ordentliches Asylverfahren gibt.
Aber Sie bekämpfen nicht nur diese Bestimmung,
sondern in eventualiter noch dazu eine Sondernorm im Detail, nämlich den Satz
"in der Person des Asylwerbers gelegene Umstände". Jetzt habe ich
darüber nachgedacht: Kann es eine bestimmte Person geben, die aus Liechtenstein
einreist und die dort wirklich kein ordentliches rechtsstaatliches Verfahren
hat. Es ist mir nur einer eingefallen aus der Heimatgemeinde meiner Frau: Der
Pfarrer. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei
der FPÖ.) Nein, lass mich erzählen, Herbert. Der Pfarrer von
Engelhartstetten – das ist die Heimatgemeinde meiner Frau – ist ein
österreichischer Adeliger, der sich das Privileg herausgenommen hat, nicht
unter unsere Rechtsordnung kommen zu wollen, weil er der Meinung ist, er hat
immer noch seine Adelsprivilegien, und ist daher Staatsbürger von
Liechtenstein. Also wenn Sie diesen Satz bekämpfen, dann haben Sie vielleicht
die Überlegung im Hintergrund, dass der Pfarrer von Engelhartstetten, weil er
Liechtensteiner ist und nicht auf sein Adelsprädikat verzichten wollte, unter
jene Personen fällt, die nicht aus Liechtenstein einreisen dürfen und daher
vielleicht doch in Österreich in ein Asylverfahren kommen sollten.
Diese Überlegung ist natürlich hanebüchen, daher ist
die Überlegung hanebüchen, diesen Teil dieses Satzes, dieses Absatzes zu
bekämpfen. Und niemand, wirklich niemand versteht, warum die Stadtregierung
diese Bestimmung vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpfen will.
Lassen Sie mich noch ein anderes
Beispiel nehmen, den § 32 Abs 8 des neuen Asylgesetzes, eine wirklich
vernünftige Bestimmung. Worum geht es? Es geht um die Frage, dass jemand,
dessen Asylantrag bereits vor zwölf Monaten rechtskräftig abgelehnt wurde – wo
immer er ihn auch gestellt hat, in einer österreichischen Vertretungsbehörde,
wo auch immer –, heute, wenn er wieder an die Staatsgrenze kommt, nicht das
Recht hat, einen
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