Landtag,
25. Sitzung vom 25.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 72
Und erst diese Haltungsänderung "der Mensch steht im Mittelpunkt" hat bewirken können, dass jetzt endlich Reformen in der Stadt angegangen werden. Die Frage, die sich nun stellt, ist, ob der vorliegende Gesetzesentwurf diese Ansprüche auch erfüllt. Wir GRÜNEN haben darüber lange debattiert, ob wir nun zustimmen oder nicht zustimmen werden, denn für beide Haltungen gibt es gute Gründe. Das Glas ist halb voll und es ist halb leer. Und ich verstehe jene Kollegen hier von der Opposition, die sagen, für uns ist es halb leer. Es ist auch noch halb leer, aber wenn man es anders ansieht, ist es halb voll, und wir haben uns entschieden, die Schritte, die Chancen zu sehen, die dieses Gesetz für die Bürger und Bürgerinnen der Stadt eröffnet, und diese Chancen in den Vordergrund zu stellen.
Der Entwurf bleibt allerdings in vielen Punkten – und
da will ich auch ganz kritisch sein und das keinesfalls gering schätzen –
hinter den Erwartungen zurück. Er enthält Lücken, deren Schließung uns
weiterhin ein wichtiges Anliegen ist. Das war der Grund, warum ich heute Früh
Frau StRin Brauner in der Fragestunde gebeten habe, hier auch klar Position zu
beziehen, was den Anwendungsbereich des Gesetzes betrifft.
Es ist für uns in dem jetzigen Entwurf nicht deutlich
– es ist ja die Verordnung noch nicht mitgeliefert; Herr Senatsrat Dr Serban,
Sie schauen natürlich jetzt etwas genervt, wenn ich schon wieder davon anfange
–, aber der Wirkungsbereich des Gesetzes muss sich auf die Geriatriezentren
erstrecken. Und der Umstand, dass man Geriatriezentren zwar erfindet, benennt,
aber sie nicht rechtlich definiert, ist etwas, was in der Vergangenheit ein
echtes Versäumnis der SPÖ war. Was ist denn das, ein Geriatriezentrum? Jetzt
ist es klar: Geriatriezentren per se existieren nicht, es gibt Pflegeheime –
und das beschreibt die Wirklichkeit auch viel treffender –, und diese
Pflegeheime der Stadt Wien müssen von dem Gesetz hier betroffen sein.
Der Krankenanstaltenverbund hat sich da noch sehr
skeptisch gezeigt, ob seine eigenen Häuser tatsächlich betroffen sind. Da gibt
es offensichtlich auch noch den Wunsch, Bastionen zu verteidigen. In seiner Stellungnahme
zum Gesetzesentwurf steht nämlich: „Die Geriatriezentren kommen in die Nähe von
Krankenanstalten nach dem Krankenanstaltengesetz, weil sie kontinuierliche
ärztliche Betreuung bieten." – Das allein ist kein Grund, aus einem
Pflegeheim eine Krankenanstalt zu machen. Es ist gut, wenn es jetzt klar ist,
und wir erwarten, dass es auch schriftlich in der Verordnung klar ist, dass
sich der Anwendungsbereich auch auf die Geriatriezentren der Stadt erstreckt.
Ich möchte daher jetzt einen entsprechenden
Abänderungsantrag einbringen, der das auch klarmachen soll. – Eigentlich blöd,
dass man immer mit der Stadträtin redet und sie sitzt hinter einem, und wenn
man sich umdreht, ist das Mikrophon weg. Aber ich bin davon überzeugt, dass Sie
lauschen.
Warum ist uns das so wichtig, dass die Pflegeheime
nicht Geriatriezentren sind oder dass die Geriatriezentren unter das
Pflegeheimgesetz fallen? Das Wichtigste, das dieses Gesetz gewährleisten muss,
ist ein Aufräumen mit den spitalsähnlichen Zuständen in den Pflegeheimen. So
wie es jetzt aussieht, sind nämlich in diesen spitalsähnlichen Pflegeheimen der
Stadt die Möglichkeiten zur freien Arztwahl Fiktion. Fiktion deshalb, denn dort
gibt es angestelltes Personal, und es ist ja nur eine hypothetische
Möglichkeit, dass jemand sagt, das ist nett, dass hier um jede Ecke ein Arzt
vorhanden ist, aber ich will eigentlich meinen eigenen Hausarzt, der soll
kommen. Das ist nicht Realität.
Als weitere Schwachstelle des Gesetzes sehen wir den
Umstand, dass die Bewohnerservicestelle von der Heimleitung abhängig ist. Das
sagt einem ja eigentlich der Hausverstand, dass das Faktum, dass jemand
Angestellter der Chefetage ist und gleichzeitig die Interessen von Bewohnern
und Bewohnerinnen vertreten soll, einen Loyalitätskonflikt bedeuten kann. Es
wäre sinnvoll und richtig, alle die Stellungnahmen ernst zu nehmen – nicht nur
die Grünen, auch der Verein für
Sachwalterschaft hat das gefordert – und hier eine unabhängige
BewohnerInnenservicestelle einzurichten.
Weiters fehlt uns die Verankerung der Sozialarbeit in
den Pflegeheimen. Wir wollen das nicht deshalb so dringend einfordern, weil wir
meinen, es müssen alle Berufsgruppen eine Jobchance haben, nein, es hat einen
wichtigen inhaltlichen Grund. Sozialarbeit in den Pflegeheimen kann in vielen
Fällen vermeiden, dass Menschen zu schnell besachwaltet werden müssen.
Vielleicht kommen sie mit einem Teilproblem ihres Alltags schwerer zurecht, und
ein Sozialarbeiter, eine Sozialarbeiterin könnte helfen, das zu bewältigen.
Dann müsste nicht die gesamte Selbstverantwortung entzogen werden. Also das,
denke ich, ist ein Anspruch, den ja wohl auch die Sozialdemokratie teilen
können müsste, und ich bringe einen entsprechenden Beschluss- und
Resolutionsantrag ein.
Weiters bemängeln wir am Gesetz, dass die Kontrolle
in den Pflegeheimen mit viel zu wenig Personal ausgestattet ist. Das ist aus
den Berechnungen zu ersehen, und wir glauben, dass es Sinn macht, dass die
Kontrolle – um sozusagen vorzubeugen, dass wir nicht in wenigen Jahren wieder
etwa so einen Fall wie diesen in Lainz diskutieren müssen – personell gut
ausgestattet ist.
Wir haben heute in der Fragestunde schon über die
Heimkommission gesprochen, dass sie unserer Meinung nach fälschlich beim
Patientenanwalt angesiedelt ist, dass der Pflegeombudsmann die geeignete
Instanz wäre. Wenn es so ist, wie die Frau Stadträtin heute in der Früh gesagt
hat, dass der Pflegeombudsmann den Vorsitz dieser Heimkommission innehaben
wird, dann denke ich, ist ein erster Schritt gemacht, diesen Missstand aufzuheben
und zu sagen, es soll derjenige zuständig sein, der mit den Menschen spricht
und der ihre Wünsche und ihre Beschwerden entgegennimmt.
Die rechtliche Absicherung des
Pflegeombudsmannes soll diesem Gesetz folgen. Wir glauben, auf die Dauer ist es
notwendig, eine zweite Instanz neben dem Patientenanwalt hier einzurichten. Es
sind unterschiedliche Bevölkerungsgruppen, die da betroffen sind. Eine eigene
Pflegeombudsstelle als rechtlich zuständig würde
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