Landtag,
25. Sitzung vom 25.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 72
ist auch wichtig, dass es kontrolliert wird, aber es
ist natürlich nicht alles, denn die persönliche Zuwendung des Pflegepersonals
kann nicht angeordnet oder geregelt werden. (Beifall bei der SPÖ.) Das
hängt natürlich vom Ausbildungsstatus ab und von der Motivation der dort
arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Zur Sicherstellung der notwendigen menschlichen
Zuwendungen und zur Vermeidung einer Überforderung des Personals – bei der
Betreuung einer Vielzahl älterer Menschen ist das immer eine Gefahr – soll auch
hier eine Regelung getroffen werden, durch Fortbildungen, Weiterbildungen und
Supervision eben Vorsorge gegen diese drohende Überforderung der im Pflegeberuf
Tätigen getroffen werden. Pflege ist eben einer ständigen Innovation
unterworfen und muss sich an den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft
orientieren. Auch diese Weiterentwicklung ist im Gesetz geregelt.
Der Bereich der stationären Pflege ist für
Schwerstkranke und alte Menschen meistens auch der Sterbeort. Ein Leben und
Sterben in Würde zu ermöglichen – und das hat heute auch schon die Kollegin
Klicka erwähnt –, Sterbende und Angehörige zu begleiten, stellt in diesen
Pflegeeinrichtungen an die Pflegepersonen, Ärzte und andere therapeutischen
Dienste täglich sehr, sehr hohe Anforderungen. Die Integration von Hospiz und
palliativer Versorgung erfordert nicht nur ständige Anpassung von
Qualifizierungsprozessen und eine permanente Organisationsentwicklung, sondern
auch die Möglichkeit einer Jobrotation, um den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern eine andere Perspektive zu bieten.
Aber die Zahl und die Motivation der MitarbeiterInnen
ist auch nicht alles. Es werden daher in diesem Gesetz auch die Struktur- und
Rahmenbedingungen festgestellt, die diese große Pflege braucht. Es muss auch –
und das ist auch in diesem Gesetz festgelegt – ein pflegerisches Konzept
erstellt werden. Das ist die inhaltliche und fachliche Basis der gesamten
pflegerischen Arbeit und spiegelt die besonderen Verhältnisse einer
Pflegeeinrichtung wider. Es stellt klar, wie und mit welchen Mitteln die
Leistungen für die pflegebedürftigen Personen erbracht werden, welche
Pflegemodelle der Pflegegestaltung zugrunde gelegt werden und wie deren
Umsetzung zu erfolgen hat.
Auch die Dokumentation der Pflege ist hier gesetzlich
geregelt und ist immens wichtig, nicht nur die Dokumentation pflegerischer
Maßnahmen, sondern auch über die medizinischen und therapeutischen Maßnahmen.
Bei der Pflegedokumentation ist der gesamte Pflegeprozess zu dokumentieren, um
die Qualität, die Effizienz sowie die Effektivität des pflegerischen Handelns
nachzuweisen. Die Regelung über die Aufbewahrung dieser Dokumente beinhaltet
dieses Gesetz ebenfalls.
Schließlich soll gewährleistet werden, dass
ausreichend Raum für Innovationen und organisatorische Neuentwicklungen bleibt.
Diese Innovationen, wie zum Beispiel neue Betriebskonzepte sowie Projekte
organisatorischer Neuentwicklungen innerhalb schon bestehender Heime, sollen
möglich sein, auch wenn sie von der Vorgabe dieses Gesetzes abweichen, müssen
dann aber von der Behörde extra genehmigt werden.
Ein besonders wichtiges Kapitel im Zusammenhang mit
der Lebenssituation und dem Wohlbefinden der zu pflegenden Menschen sind die
Bewohnerrechte. Die haben wir nicht in einem abstrakten Grundrechtskatalog
irgendwie umschrieben. Wir haben uns da nicht mit Versprechungen und Etiketten
begnügt, sondern konkret ausgesprochen, was für diese Menschen wichtig ist.
Meine Damen und Herren! Wien tritt mit diesem Gesetz
wieder einmal an die Spitze der Entwicklungen in Österreich und darüber hinaus.
Kein anderes Landesgesetz geht so weit, kein anderes Landesgesetz ist so
zukunftsweisend, so offen für die neuen Entwicklungen. Es ist getragen vom
Geist der sozialen Verpflichtungen der Gesellschaft gegenüber alten und
hilfebedürftigen Menschen, getragen vom Geist der Solidarität.
Nun, meine Damen und Herren, noch ein offenes Wort
über diesen Gesetzestext hinaus. Demotivation von Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern, ein Schlechtmachen ihrer Arbeit in der Öffentlichkeit,
unqualifizierte Angriffe von der Opposition, das alles kann in kurzer Frist
mehr zerstören, als innovative Gesetze in Jahren aufzubauen vermögen. Es mag
schon sein, Frau Dr Pilz, dass sie manchmal aus Zeitgründen der persönlichen
Zuwendung oder den Bedürfnissen nicht nachkommen können, aber bitte unterstellen
Sie ihnen nicht, dass sie das aus Desinteresse tun. Ich habe es schon ein
bisschen so verstanden.
Wir brauchen alle in diesem Bereich gut ausgebildete
und motivierte Mitarbeiter, wir brauchen hier Engagement, das wir mit dieser
gesetzlichen Vorgabe auch unterstützen wollen. Ich appelliere daher noch einmal
an Sie alle: Lassen wir doch das Personal und die betreuten Menschen in den
Pflegeheimen nicht im Stich! Zeigen wir ihnen, dass wir alle gemeinsam hinter
dieser Verbesserung des Rahmens für ihre Arbeit, für ihr Leben stehen. Und wenn
aus keinem anderen Grund, dann aus dem, "danke" zu sagen für den
Einsatz, den sie Tag für Tag in diesen Institutionen leisten. – Ich danke Ihnen
für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Abg Mag Kowarik. Ich erteile ihm das
Wort.
Abg Mag Helmut Kowarik
(Klub der Wiener Freiheitlichen):
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen
und Herren!
Die Gelegenheit, anlässlich der Vorlage des Wohn- und
Pflegeheimgesetzes eine Geriatrie-Debatte abzuziehen, hat sich ergeben und ist
an sich ganz klar. Auch wenn dem einen oder anderen es schon etwas lang
erscheint, dass über dieses Thema gesprochen wird, so glaube ich doch, dass wir
uns daran gewöhnen werden müssen. Wir werden uns eben daran gewöhnen müssen,
dass wir in einer Gesellschaft leben, die ständig älter wird, und die Probleme
des Älterwerdens müssen eben von uns bewältigt werden.
Aber ich möchte jetzt hier nur ein
paar kurze Anmerkungen zu diesem Gesetz machen, und zwar auch zur Geschichte
dieses Pflegeheimgesetzes. Wir haben
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