Landtag,
3. Sitzung vom 25.01.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 78
Mietrechtsgesetz, und wir sollten auf Grund der bestehenden
bundesrechtlichen Lage das Beste daraus machen.
Wir haben leider ein Problem mit leerstehenden
Geschäftslokalen und mit toten Auslagen. Das stört das Stadtbild, das ist nicht
ästhetisch, das senkt das subjektive Sicherheitsgefühl der Wienerinnen und
Wiener, und auch die objektive Sicherheit sinkt, und es ist ganz einfach nicht
schön und unserer schönen Stadt nicht würdig. Wir haben alleine in der
Westeinfahrt von Schönbrunn bis in die Innere Stadt links und rechts, auf
beiden Seiten im Wiental 200 tote Auslagen, also 200 leerstehende
Geschäftslokale gezählt.
Mir geht es jetzt darum, dass Sie als Landeshauptmann
sagen: Ergreifen wir eine politische Initiative! Wir haben ein Problem, lösen
wir es auf irgendeine mögliche Art und Weise, sei es, dass wir einen
Paragraphen in der Bauordnung heranziehen, um baupolizeiliche Maßnahmen
umzusetzen, denn es gibt immerhin auch eine Strafbestimmung, die einen
Höchststraftatbestand von 21 000 EUR und sechs Wochen
Primärfreiheitsstrafe vorsieht.
Ich bin nicht sicher, ob das der richtige Ansatzpunkt
ist, ausschließlich mit Strafen gegen dieses Problem vorzugehen. Man könnte
sich Förderungen ausdenken. Es gibt da schon einiges in diesem Bereich, aber
jedenfalls ist es insgesamt noch zu wenig. (Abg
Godwin Schuster: Er will die Rechtsanwälte beschäftigen, oder was?) Daher
frage ich Sie, ob man da nicht mit einer Enquete oder mit einem anderen
politischen Paukenschlag etwas erreichen könnte, um die Situation in unserem
Wien zu verbessern.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herr
Landeshauptmann, bitte.
Lhptm Dr Michael Häupl:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter!
Ich bin für alles, was neue Ideen, zusätzliche Ideen,
Vorschläge erbringt, was immer. Ich bin ja kein Jurist, wie Sie wissen – im
Gegensatz zu Ihnen –, und wenn mir Juristen jetzt völlig klipp und klar und
eindeutig sagen, es bedarf einer Änderung der Bundesverfassung, damit wir in
der Bauordnung die Frage der leerstehenden Geschäfte bekämpfen können, dann
nehme ich das einmal so zur Kenntnis.
Das Mietrecht, wie es zurzeit besteht, nehme ich
schon weniger zur Kenntnis, denn ich glaube, dass wir da durchaus
übereinstimmen, Herr Abgeordneter, Gesetze sind dazu da, dass man ihre
Wirksamkeit in Hinblick auf die Zielerreichung valorisiert. Und wenn sie das
nicht tun, sondern zum Beispiel wesentlich zum Geschäftesterben beitragen, dann
kann man sie auch ändern. Gesetze sind von Parlamenten und von Abgeordneten
gemacht, daher kann man sie auch wieder ändern.
Ich hoffe intensiv und werde mich auch intensiv
bemühen, dass dies geschieht, und sobald man über das Mietrecht wieder reden
kann, sobald man wieder Partner findet, über das Mietrecht zu reden, die ich
leider bei beiden derzeitigen Regierungsparteien nicht gefunden habe, obwohl
alles das eingetreten ist, was man seinerzeit bei der Änderung dieses
Mietrechtes, bei der so genannten Liberalisierung dieses Mietrechtes befürchtet
hat, werde ich mich auch sehr dafür einsetzen, dass es geändert wird.
Aber auch bis dahin sind wir nicht untätig. Ich darf
noch einmal auf die gemeinsamen Aktivitäten mit der Wirtschaftskammer
verweisen, die wir in diesem Jahr 2006 auch gemäß den Beschlüssen des
Wirtschaftsförderungsfonds noch aufstocken, und zwar erheblich und signifikant
aufstocken, weil wir durchaus sehen, dass es hier auch um direkte
Unterstützungen gehen muss und nicht nur um die Frage der Bewerbung der so
genannten Nebenlagen. Das wollen wir auch tun.
Ich gehe auch offenen Auges durch die Stadt, so wie
Sie, und habe mir diese Sachen durchaus auch angeschaut. Ja, Sie haben Recht,
es ist nicht gut, wenn man bei der Westeinfahrt den Eindruck gewinnt, dass über
Gebühr viele Geschäfte zugesperrt haben und niemand Neuer aufgesperrt hat, aber
es ist auch zum Beispiel für die Josefstädter Straße nicht gut. Da gibt es ein
Herrenausstattergeschäft – weil wir gerade bei einem Teilbeispiel sind – an der
Ecke Strozzigasse/Josefstädter Straße, das ist seit nunmehr zwölf Jahren zu.
Ich habe mich der Mühe unterzogen, mich zu erkundigen, warum das so ist, warum
das zu ist. Und eine Antwort findet sich schon, warum der zugesperrt hat. Er
ist in Pension gegangen, hat aber niemanden gefunden, weil sich mit einer
Änderungskündigung nach dem Mietrecht die Miete dort schlicht und ergreifend
vervielfacht hat und sich folgerichtig natürlich kein Unternehmer findet, der
mit dem Herrenausstattergeschäft oder von mir aus mit einem vergleichbaren
Geschäft das Geld verdienen kann, was er dort an Miete zahlen müsste.
Und das ist der Punkt für mich. Und wenn ich das
alles sehe, dann kann ich nicht sagen, das Mietrecht ist halt so. Man kann von
mir nicht verlangen, dass ich hergehe und sage, der darf Miete verlangen, was
er will, und wir sollen aus Steuergeldern da zuschießen und zahlen, damit der
Unternehmer dort überleben kann, und der Hausherr hat auch eine übermäßige
Rendite bei der ganzen Geschichte. Das kann es nicht sein!
Wobei ich dann durchaus auch sage, dass die Renditen
heute im Immobilienbereich nicht gewaltig sind. Sie liegen bei etwa
6 Prozent, sofern ich das jetzt richtig im Kopf habe, also in etwa im
Durchschnitt der Baubranche und weit unter dem, was beispielsweise im
Gelddienstleistungssektor zu verdienen ist. Aber das ändert jetzt nichts an der
Tatsache, dass gerade für den kleinen Unternehmer das auf diese Art und Weise
nicht leistbar ist.
Daher sage ich noch einmal: Jawohl, wir bekennen uns
absolut dazu, offensiv gemeinsam mit der Interessensvertretung der Wirtschaft
hier Aktivitäten zu setzen, und wollen diese auch wirklich durchführen, aber
ich muss auf der anderen Seite auf diesen Punkt, der ein bedeutender Punkt ist,
nämlich das Mietrecht, aufmerksam machen. Und ich sage Ihnen heute schon: Wenn
ich Gehör finde, dann werde ich zweifelsohne massiv dafür eintreten, dass das
Mietrecht geändert wird, um den kleinen Unternehmen ein Überleben zu
ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ.)
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