Landtag,
3. Sitzung vom 25.01.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 78
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön.
Wir kommen jetzt zur 2. Zusatzfrage. Herr Abg
Herzog, bitte.
Abg Johann Herzog (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Herr Landeshauptmann!
Keine Frage, dass die Leerstehungen ein echtes
Problem sind. Sie finden allerdings nicht nur in den großen Geschäftsstraßen
statt, sondern natürlich auch in den Grätzeln, die schon seit langem
Leerstehungen in großem Ausmaß haben und wo Verödungen eintreten. Wir haben ja
vor längerer Zeit eine Förderschiene für Kleingaragen errichtet, die die
Möglichkeit für ebenerdige Kleingaragen geschaffen hat. Die Ausnützung hält
sich in Grenzen. Das wäre aber, wie ich glaube, ein guter Beitrag, um den
ruhenden Verkehr deutlich zu entlasten. Das wird leider auch zu wenig
ausgenützt.
Was das Mietrecht betrifft, möchte ich mir schon den
Hinweis erlauben, Herr Landeshauptmann, dass letzten Endes der Kern der
Bestimmungen, die Sie heute beklagen, großkoalitionären Ursprungs gewesen ist.
Wir haben hier in diesem Haus Anfang der 90er Jahre heftige Debatten mit dem
Herrn Edlinger als damaligen Stadtrat gehabt, bei denen es um das Ja oder Nein
zu dieser Mietrechtsreform gegangen ist, die sicherlich dann durch
Änderungsgesetze noch weiterentwickelt wurde. Aber im Kern geht das auf
großkoalitionäre Bestimmungen zurück, und was Sie heute beklagen, haben Sie
damals heftig verteidigt. Übrigens ist auch die Arbeiterkammer, die damals
massiv für dieses Recht eingetreten ist, heute natürlich massiv dagegen.
Von dem einmal abgesehen würde ich auch feststellen,
dass die Gemeinde Wien ja der größte Hausherr Europas ist – Sie sozusagen oder Wiener
Wohnen oder StR Faymann, das kann man sich aussuchen –, und es gibt dieses
Geschäftesterben ja auch im Gemeindebau. Jetzt weiß ich schon, dass natürlich
von den Lagen her die wirtschaftliche Substanz gegeben sein muss, damit sich
ein Geschäft halten kann. Aber dessen ungeachtet möchte ich wissen: Was können
Sie machen, damit das Geschäftesterben im Gemeindebaubereich hintangehalten
wird?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herr
Landeshauptmann, bitte.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr Abgeordneter!
Ich bezweifle ja nicht Ihre Kenntnisse im Bau- und
Mietenbereich, aber ich darf Sie auf einen wesentlichen Unterschied hinweisen.
Der Unterschied besteht darin, dass man tatsächlich in jener fernen Zeit, wo
wir noch wesentlich jünger gewesen sind und wo es eine große Koalition gegeben
hat, die Mietzinsobergrenzen bei den Kategorien A und B abgeschafft hat. Es war
dies, wie Sie sich vorstellen können, nicht gerade das Herzensanliegen der
Sozialdemokraten, aber sie haben dem letztendlich zugestimmt.
Das allerdings hat immerhin bedeutet, dass beim
Wohnen C- und D-Mietzinsoberbegrenzungen damals erhalten geblieben sind, und
selbstverständlich hat die Wirtschaft damals auch darauf geachtet, dass die ÖVP
Obacht gibt auf die Mieten bei den Geschäftslokalen. Das hat sich im Zuge
bestimmter Entwicklungen rund um das Jahr 2000 verändert. Warum ich mich das
mit dieser Sicherheit zu behaupten traue, ist, weil ich den Auftrag gehabt
habe, die Fragen des Mietrechts mit dem heutigen Ersten Präsidenten des
Nationalrates auf Parteienebene zu verhandeln, was allerdings über den
Austausch von Papieren nicht hinausgegangen ist. Wie Sie ja wissen, ist Ihre
Partei in die Regierung eingezogen und nicht die Sozialdemokraten.
Daher hat sich natürlich auch die Position, die Herr
Präsident Khol damals zum Mietrecht vertreten hat, was aus dem Papier auch
nachweisbar ist, auch in der Gesetzesrealität durchgesetzt, mit der Zustimmung
der Freiheitlichen, und die unterscheidet sich massiv von dem, was Sie hier als
großkoalitionär abgetan haben. Erstens sind nämlich auch beim Wohnen die
Mietzinsobergrenzen abgeschafft worden, aber im besonderen Ausmaß gilt dies
auch für die Geschäftslokale, sodass eigentlich hier ein Mietrecht geschaffen
wurde, das im Wesentlichen den Hausherren alle Rechte einräumt und den Mietern,
egal, ob Sie nun Wohnungsmieter oder Geschäftsmieter sind, die Rechte genommen
hat, jedenfalls was die ökonomische Grundlegung betrifft. Das ist ein
wesentlicher Unterschied. (Abg Johann Herzog: Das ist eine Angelegenheit der
Angemessenheit!) Der Angemessenheitsbegriff – eine tolle Geschichte. Ohne
Mietzinsobergrenzen ist der Angemessenheitsbegriff heute so – und das muss ich
Ihnen halt auch sagen, weil Sie mich gefragt haben, was die Stadt Wien macht –:
Bei uns, zum Beispiel im Gemeindebau oder in Häusern und Liegenschaften, die
der Stadt Wien gehören, kostet heute der Quadratmeter für Geschäftslokale
zwischen 8 und 9 EUR, wie mit der Wirtschaftskammer vereinbart, und auf
der anderen Seite reden wir heute bei durchaus vergleichbaren Lagen von 100,
150 und noch mehr. Da sage ich halt schon, das ist ein wesentlicher
Unterschied.
Auf einen Umstand darf ich Sie auch noch hinweisen,
ohne zu sehr ins Detail zu gehen, aber es ist einfach notwendig, dass man
Sachen nicht im Raum stehen lässt. Das Geschäftesterben im Gemeindebau liegt
bei 10 Prozent von dem, was mit dem Geschäftesterben im Allgemeinen
vergleichbar ist, und im Wesentlichen sind dies Nachfolgeprobleme und nicht
durch das Mietrecht induzierte Probleme, weil wir hier rechtzeitig von unserer
Seite her den Beitrag geleistet haben – ich sage es noch einmal, in einer
Vereinbarung mit der Wirtschaftskammer –, den man von der Stadt nicht zuletzt
auch in der Versorgung solcher Gebiete erwarten kann.
Ich denke, dass es dabei gar nicht um ein Federl am
Hut oder um Schuldzuweisungen oder sonst etwas geht, sondern es geht um eine
klare Problemanalyse, denn nur vor dem Hintergrund der Problemanalyse wird man
ergänzend zu dem, was wir an Fördermaßnahmen heute schon machen, ausweiten –
ich sage es noch einmal: Für jeden vernünftigen Vorschlag bin ich immer dankbar
und offen gewesen –, aber auf der anderen Seite muss die Änderung des
Mietrechtes stehen. Das sind die Lösungsansätze dafür.
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