Landtag,
3. Sitzung vom 25.01.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 78
eines europaweiten Referendums ebenfalls.
Bei dem Antrag betreffend Anpassung der
Sozialhilfebestimmungen und des Vollzugs werden wir nicht mitgehen können, vor
allem auch deshalb, weil wir keiner Aufforderung bedürfen, dass wir EU-Recht
umsetzen – das ist uns eine Selbstverständlichkeit –, wir aber sehr wohl gerne
und notwendigerweise darauf hinweisen, dass die Bundesgesetznovelle zur
Niederlassung und zum Aufenthaltsgesetz erst in der letzten Dezemberwoche
eingelangt ist und wir im Unterschied zur Bundesregierung hier tatsächlich auch
entsprechende Verfahren der Begutachtung einleiten wollen und deshalb eine
entsprechende Bearbeitungsfrist benötigen. Sehr wohl ist die Anweisung erteilt
worden, dieses Gesetz bereits entsprechend zu vollziehen, aber dennoch soll es
die Möglichkeit geben, in der Begutachtung auch Meinungen einzuholen. Das zur
Erklärung, warum wir diesen Beschluss- und Resolutionsantrag nicht unterstützen
werden.
Schließen möchte ich mit einem Zitat des
Schriftstellers Cees Notteboom, den Kollege Schreuder vielleicht auch kennt,
der gemeint hat, Europäer wird man nicht durch Geburt, sondern durch harte
Arbeit. – Es liegt noch viel Arbeit vor uns, habe ich den Eindruck, aber es ist
eine Arbeit, die sich lohnt für Europa und für unser Wien. (Beifall bei der
SPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Margulies. Ich erteile es ihm.
Abg Dipl Ing Martin Margulies (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, auf einige
zentrale Aspekte im Rahmen der Europäischen Union hinzuweisen, die heute schon
ganz kurz bei einem anderen Tagesordnungspunkt zutage getreten sind. Was ist
sozusagen der Hintergedanke bei der gesamten Erweiterung gewesen? Sicher auch
friedenspolitische Überlegungen. Wobei friedenspolitische Überlegungen nicht
nur im Bereich der Außenpolitik eine Rolle spielen, sondern selbstverständlich
auch dann, wenn es darum geht, innere Konflikte, wie sie verstärkt über lange
Zeit in Frankreich, in Italien immer wieder aufgetreten sind – ich erinnere nur
einerseits an Le Pen, andererseits an andere rechtsradikale und
nationalistische Gruppen in ganz Europa –, hintanzuhalten und diese
nationalistischen Gruppen nicht aufkommen zu lassen.
Das ist der Bogen zum heutigen Vormittag, und damit
möchte ich einleiten, bevor ich dann relativ kurz über die
Dienstleistungsrichtlinie sprechen werde und die beiden Anträge einbringen
werde.
Nicht umsonst gibt es in Wien eine europäische Stelle
zur Beobachtung auch von Rassismus, und ich hätte überhaupt nichts dagegen,
eine Expertise erstellen zu lassen, ob die Freiheitliche Partei eine
rassistische Partei ist oder nicht. (Abg
Mag Harald STEFAN: Da gibt es schon mehrere!) Ich habe da überhaupt
kein Problem damit: (Abg Mag Harald STEFAN: Wir auch nicht!) Aber
eines muss klar sein – ich weiß mittlerweile, ich werde einen Ordnungsruf
bekommen –, aber eines muss klar sein: Es gibt keinen Platz für Rassismus in
Europa. Und da darf es auch nicht zur Selbstverständlichkeit werden – man möge
nur die internationalen Medien einmal beobachten, wie diese internationalen
Medien über die jetzige FPÖ schreiben (Abg
Mag Wolfgang Jung: Ja, ja, das kennen wir schon!); und das ist nur zum Teil
sozusagen diesem typisch Österreichischen zu verdanken, ständig zu sagen, na,
es wird ja nicht so schlimm sein, bauen wir die Widersprüche nicht auf, tun wir
ein bisschen harmonisch, reden wir alle miteinander, nur nicht streiten, dass
die FPÖ nicht als das dargestellt werden kann, was sie eigentlich ist, und dass
wir uns in diesem Haus tatsächlich darüber unterhalten müssen, ob wir den
Tatsachen ins Auge sehen können und ob wir die Tatsachen auch aussprechen
dürfen, dass die FPÖ von sich selbst nicht behaupten kann, mit Rassismus hätte
sie nichts zu tun, ausländerfeindlich sei sie auch nicht, islamophob sei sie
auch nicht. Schauen wir uns doch die letzten Wahlkämpfe an! Schauen wir uns an,
wie der Spitzenkandidat oder die KandidatInnen dieser Partei öffentlich
auftreten!
Und genau deshalb ist es notwendig, dass das Projekt
Europa zu einem Erfolg wird. Denn nur wenn es gelingt, die Arbeitslosigkeit zu
senken, nur wenn es gelingt, dass Menschen in Europa, in der Europäischen Union
nicht nur formal die Reisefreiheit, die Bewegungsfreiheit und alles genießen,
sondern es sich auch leisten können, wenn es gelingt, die Zahl von
18 Millionen Arbeitslosen in Europa zu reduzieren, den Reichtum gleich zu
verteilen und aus diesem Europa nicht nur ein Europa im Interesse der Konzerne,
sondern wirklich ein Europa im Interesse der Menschen zu machen, dann haben
rassistische, undemokratische, nationalistische Parteien keine Chancen. Dann
gibt es sie nicht mehr. Und das ist der Tag, auf den es hinzuarbeiten gilt. (Beifall
bei den GRÜNEN und von Abg Dipl Ing Omar Al-Rawi.)
Unter anderem deshalb ist es notwendig, dass es
endlich europaweit Mindestlöhne gibt. Daher ersuche ich die Kollegen aus der
ÖVP, insofern noch einmal darüber nachzudenken, ob sie nicht zustimmen können (Abg Mag Wolfgang Jung: Die können ja nicht
überall gleich sein!), als es da nicht um einen fixen Mindestlohn
europaweit geht, sondern um Mindestlöhne natürlich abgestimmt auf das
durchschnittliche Lohneinkommen in den jeweiligen Ländern. (Abg Mag Wolfgang Jung: Sie reden immer von einem Mindestlohn für ganz
Europa!)
Schauen Sie, Kollege Jung, wenn man Debatten auf
europäischer Ebene tatsächlich verfolgte – und die zentrale Debatte über
Mindestlöhne spielt sich nicht so ab, dass es europaweit um einen Mindestlohn geht –, dann würde man
so wie wir Grüne und auch so wie
die Sozialdemokratie diesen Antrag richtig verstehen. (Abg Mag Wolfgang Jung, ein Blatt Papier in die Höhe haltend: Aber
schreiben tun Sie etwas anderes!) Aber jetzt verrate ich Ihnen eines: Ob Sie
zustimmen, ist mir wirklich herzlichst egal. Danke.
In diesem Sinne ersuche den
Landtag zu beschließen, den zuständigen Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit aufzufordern, in den zuständigen EU-Gremien für europaweit verbindliche
Maßstäbe für Mindestlöhne einzutreten. Des Weiteren werden auch die Wiener
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