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Landtag, 8. Sitzung vom 26.01.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 59

 

York, in Madrid, in London zu entstehen droht oder teilweise entstanden ist, in der Debatte sehr vorsichtig sein und müssen uns gemeinsam vor pauschalen Verurteilungen in Acht nehmen. Konservative oder orthodoxe Gläubige, ob das jetzt Muslime, Christen oder Juden sind oder sie aus anderen Religionen kommen, mag man persönlich sympathisch oder unsympathisch finden, sie pauschal als potenzielle oder vermeintliche Gotteskrieger abzutun (Abg David Lasar: Das haben wir ja gar nicht gesagt!), tut allerdings nicht nur jenen unrecht, die gesetztreue Menschen sind, die vielleicht Gesetzestreue, aber auch Strenggläubige oder Orthodoxgläubige sind, denn solche Menschen gibt es in jeder Religion, sondern diese Vorgehensweise verharmlost an sich auch den Extremismus. Weil wo vermeintlich alle extrem sind, gibt es wieder keinen Extremismus. Der Vorwurf und der inhaltliche Extremismus werden dann ad absurdum geführt. Ganz abgesehen davon, dass mit so einer Vorgehensweise, mit so einer Haltung Menschen, wieder egal, welcher Glaubensrichtung, an den Rand der Gesellschaft gedrängt und somit erst recht in die Arme von Extremisten und Extremistinnen getrieben werden. Das kann, wie wir alle hier sitzen, hoffentlich nicht das Anliegen und der Wunsch von uns allen sein!

 

Deshalb finden wir, dass die FPÖ, wenn ihr wirklich etwas an der Verhinderung von extremistischen Tendenzen liegt, aufhören sollte, ständig gegen „die Muslime“ und, wie es inzwischen offensichtlich beabsichtigt ist, gegen die Islamische Glaubensgemeinschaft pauschal zu Felde zu ziehen, denn damit tut sie nicht nur der Sache nichts Gutes, sondern verstärkt bestehende oder in nächster Zeit aufkommende Vorurteile gegen Muslime und Musliminnen noch mehr und versucht offensichtlich andererseits auch, aus diesem Bestreben politisches Kapital zu schlagen. (Abg David Lasar: Sie verurteilen pauschal, sonst niemand!)

 

Ich möchte mit einem Tatsachenbericht abschließen. Manche haben es vielleicht in den Medien gelesen. Vor zwei Wochen hat eine Briefwelle in Wien eingesetzt. Mit dieser Briefwelle haben zu Recht empörte Anrufe von Muslimen und Musliminnen eingesetzt. Vor zwei Wochen hat mich der erste Bürger angerufen, der gesagt hat: „Frau Korun, ich habe einen schrecklichen Brief bekommen! Ich kann das nicht fassen! Können Sie mir bitte erklären, warum ich für diesen Hetzbrief ausgesucht wurde?" - Das ist ein Brief, der mit dem Satz „Servus Du!" beginnt und dann steht der Name des Empfängers drauf. Es geht dann weiter mit „Du dreckige Moslemsau!". Wir sind in Wien inzwischen so weit, dass solche Serienbriefe an Namen und Wohnadressen von Wiener Muslimen und Musliminnen verschickt werden, die dann einfach schockiert und fassungslos sind, die teilweise so schockiert sind, dass sie bei sich selbst anfangen nachzudenken, was sie gemacht haben könnten, dass sie so einen Brief bekommen, wie das möglich ist. Auch das ist Folge der Politik der FPÖ! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Das muss man hier ganz klar sagen. (Abg Dr Herbert Madejski: Sagen Sie es nur!) Die Saat für die Missgunst zwischen Muslimen und Nichtmuslimen, die Sie immer wieder versuchen zu säen, scheint leider teilweise aufzugehen. Ihre Wahlkampfpropaganda „Daham statt Islam" wird von einigen Wienern und Wienerinnen leider offensichtlich ernst genommen, weil sie glauben Islam und „Daham" würden sich ausschließen. Tausende Wiener Muslime und Musliminnen, die völlig unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft gesetzestreue Bürger und Bürgerinnen sind, zeugen genau vom Gegenteil, ganz abgesehen davon, dass wir inzwischen die zweite Generation von gebürtigen Wiener Muslimen und Musliminnen haben. Sie sollten endlich mit dieser Hetze aufhören (Abg Henriette FRANK: Sie hetzen!), weil ganz abgesehen davon, dass das völlig am Kern des Problems vorbeigeht (StR Johann Herzog: Das stimmt ja gar nicht!), wie wir miteinander leben, wie weit die Grenzen der Religionsfreiheit sind (StR Johann Herzog: Das stimmt alles überhaupt nicht!), betreiben Sie eine Hetze, die ganz konkret das Leben von vielen Menschen in Wien erschwert und teilweise zur Hölle macht! (StR Johann Herzog: Sachlich sind Sie am Thema vorbeigegangen!) Ich würde mir wünschen, dass Sie auch solche Anrufe von empörten und schockierten Muslimen in Wien bekommen, die solche Briefe erhalten, einfach verzweifelt sind und nicht einsehen, warum sie als Menschen, die hier ganz legal leben und die sich an die Gesetze halten, sich so demütigen und erniedrigen lassen sollen.

 

Ich möchte an alle restlichen Kollegen und Kolleginnen und an die Personen, die auf der Besuchergalerie sitzen, sagen: Sie müssen es nicht! Wo kommen wir denn hin? Natürlich sind das Menschen, die das Recht haben, hier in Wien zu leben. Wir werden nicht müde werden, auf ihre Rechte hinzuweisen. (Abg Dr Herbert Madejski: Darum geht es ja gar nicht! Sie hetzen! Sie hetzen!) - Das ist jetzt natürlich eine ganz infame Verkehrung, dass Sie Menschen, die versuchen, Menschenrechte zu verteidigen, Hetze unterstellen! (StR Johann Herzog: Sie sind auf die Problematik nicht eingegangen! In keiner Weise sind Sie auf die Probleme eingegangen! Mit keinem Wort! Weil es keine Hetzrede gibt!) Menschenrechte sind unteilbar! Es gibt in diesem Land eine Religionsfreiheit und ich bin im Moment am Wort! Danke vielmals für Ihre so genannte „Toleranz“! So viel zum Begriff Toleranz bei der FPÖ! (Abg Dr Herbert Madejski: Haben Sie schon einen Heiligenschein oder noch keinen?)

 

Wir werden nicht zulassen, dass Sie den gesellschaftlichen Frieden in dieser Stadt und in diesem Land weiter auf diese Art und Weise stören! Wir werden nicht müde werden, die Menschenrechte von allen Menschen in dieser Stadt und in diesem Land zu verteidigen! Sie sollen wissen, dass wir deren Bündnispartner und Bündnispartnerinnen sind. Sie werden das Zusammenleben nicht zerstören können! - Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Präsident Heinz Hufnagl: Ich freue mich über die rege Interessenslage auf der Galerie als Zeichen von politischer Partizipation. Seien Sie willkommen!

 

Ich darf dem nächsten Redner, Herrn Dr Ulm, das

 

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