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Landtag, 10. Sitzung vom 28.06.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 98

 

Zu Ihrer Frage: Seit 1.7.2006 gilt Zwangsverheiratung in Österreich als schwere Nötigung nach dem § 106 Abs 1 Z 3 Strafgesetzbuch und ist mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahre bedroht. Wenn die Tat den Selbstmord oder einen Selbstmordversuch der genötigten Person zur Folge hat, dann droht eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren.

 

Alle an der Nötigung zur Eheschließung beteiligten Personen, auch die Familie, welche die Zwangsverheiratung organisiert und auf die betroffenen Personen Druck ausübt, macht sich des Delikts der schweren Nötigung strafbar und unterliegt derselben Strafdrohung.

 

Vor dem 1.7. 2006 regelte der § 193 des Strafgesetzbuches die Tatbestände der Ehenötigung und der Ehetäuschung. Danach konnte ein Mann, der seine Partnerin mit Gewalt oder gefährlicher Drohung nötigte, mit ihm die Ehe einzugehen, nur durch eine Privatanklage der betroffenen Frau und auch nur nach Aufhebung der erzwungenen Eheschließung durch das Zivilgericht strafrechtlich verfolgt werden. Die Strafdrohung betrug maximal ein Jahr.

 

Diese Privilegierung des nötigenden Ehegatten wurde durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2006, BGBl I Nr 56/2006, beseitigt. Durch die rechtliche Wertung der Zwangsverheiratung als schwere Nötigung im Sinne des § 106 Abs 1 Z 3 Strafgesetzbuch ist die erfolgte Aufhebung der Ehe keine Bedingung mehr für die strafrechtliche Verfolgung des Täters, ebenso kann die Nötigung zur Eheschließung nicht mehr nur auf Verlangen der genötigten Person verfolgt werden, sondern ist nun ein Offizialdelikt.

 

Im Auftrag der Magistratsabteilung 57, der Frauenabteilung der Stadt Wien, hat das Zentrum für soziale Innovation eine Studie zum Thema Zwangsverheiratung und arrangierte Ehen in Österreich mit besonderer Berücksichtigung Wiens durchgeführt. Diese Studie war im Dezember 2006 fertig. Wir haben sie im Jänner präsentiert, haben sie sowohl in meinem Ausschuss, in dem Arbeitskreis Integration als auch im Arbeitskreis Frauen diskutiert. Die im Rahmen der Studie befragten ExpertInnen beurteilen die Änderung des Strafrechts in Österreich im Bezug auf die Zwangsverheiratung durchwegs als positiv. Also das heißt, der Rahmen, der da jetzt sozusagen gegeben ist, wird auch von den ExpertInnen als positiv erachtet, und das Strafrecht setzt aus deren Sicht ein eindeutiges Zeichen, dass die Zwangverheiratung eben von staatlicher Seite nicht toleriert wird und dass die TäterInnen zu bestrafen sind. Diese Umkehr war, glaube ich, auch für die rechtliche Stellung dieser Frauen – es sind überwiegend Frauen – ein ganz wichtiger Schritt.

 

Die Erfahrung der Opferschutzeinrichtungen zeigen, dass die Betroffenen von Gewalt, auch in ihrem familiären Umfeld von Gewalt betroffen, immer wiederum in der Situation sind, dass diese Auseinandersetzungen in der Familie mit diesem Thema immer wieder auch mit dem Thema Rache in Kombination stehen. Dadurch, dass nun die schwere Nötigung ein Offizialdelikt ist, wird den Opfern auch der Druck genommen.

 

Die rechtlichen Bestimmungen sind für die Bekämpfung und Verhinderung von Zwangsheirat unerlässlich, worum es aber auch geht – und das ist, denke ich mir, ein ganz wichtiger Teil –, ist, dass wir auch versuchen, hier präventiv zu arbeiten und den Frauen die entsprechende Unterstützung zu geben, die Beratung zu geben und hier auch ein Netz anzubieten.

 

Auf Grundlage dieser Studie, die ich vorher erwähnt habe, ist es auch darum gegangen, zu schauen, welche Empfehlungen brauchen wir denn über diese strafrechtlichen Rahmenbedingungen hinaus, um da besser absichern zu können und auch letztendlich die Frauen in eine unabhängigere Position zu stellen. Das heißt, wir haben im gesamten Gewaltbereich auch erlebt, dass es eine neue Form der Gewalt gibt an Migrantinnen. Wenn sie nicht eigenständig abgesichert sind, ist das auch noch ein zusätzliches Drohmoment, um den Frauen zu sagen: Du bist von mir abhängig, du musst dir das gefallen lassen. Wenn du dir das nicht gefallen lässt, dann musst du gehen.

 

Das kann man jetzt letztendlich nicht mit dem Strafgesetzbuch ändern, sondern da brauchen wir auch im Fremdenrecht andere Regelungen, Regelungen, die den Frauen eben einen eigenen Aufenthalt und damit letztendlich auch eine Unabhängigkeit gewähren können. Das ist auch meine Position als Integrationsstadträtin zur dieser Frage.

 

Es geht jetzt auch darum, sich viel mehr die Praxis anzuschauen. Die Rechtslage gibt es ja noch nicht so lange. Wir denken, dass wir in einem Zeitraum von zwei Jahren einen Überblick gewinnen können, was wir evaluieren wollen, und dann werden wir uns noch einmal mit den ExpertInnen zusammentun.

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. – 1. Zusatzfrage: Herr DDr Schock.

 

Abg DDr Eduard Schock (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Stadträtin!

 

Es gibt hier Untersuchungen aus Deutschland, dass in der islamischen Parallelgesellschaft jede zweite Ehe, also 50 Prozent, eben eine Zwangsehe ist, und diese Größenordnung deckt sich auch mit Untersuchungen von Amnesty International, die in der Türkei angestellt worden sind, wonach auch in der Türkei jede zweite Ehefrau eigentlich gegen ihren Willen verheiratet wird.

 

Wir müssen daher davon ausgehen, dass auch bei uns in Wien, in unserer Wiener islamischen Parallelgesellschaft, eigentlich jede zweite Frau zur Ehe gezwungen wird, und ich meine, das sollten wir nicht zulassen, dass hier eine Parallelgesellschaft entsteht, die nach eigenen Gesetzen lebt und für die eigentlich unsere Rechtsordnung nicht gilt. Ich meine daher, dass ein eigener Straftatbestand auch mit der Überschrift „Zwangsheirat" mit einem besonderes hohen Strafrahmen – zehn Jahre nicht nur bei Selbstmordversuch des Opfers, sondern generell bis zu zehn Jahren etwa – eben auch ein Signal sein könnte.

 

Sie haben die Prävention angesprochen, und ich möchte Sie daher fragen: Meinen Sie nicht auch, dass ein solcher eigener Straftatbestand mit dem Titel

 

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