Landtag,
12. Sitzung vom 21.09.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 71
Ich verstehe also Ihre Furcht vor Büchern.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den GRÜNEN.) Ich bin auch völlig Ihrer
Meinung, dass man etwa katholischen Fundamentalismus oder fundamentalistische
Theorie, islamischen Fundamentalismus, Fundamentalismus generell gesehen mit
Religionsgemeinschaften nicht gleichsetzen kann. Ja, der Auffassung bin ich
auch, und die Trennlinie ist für mich ganz glasklar dort, wo der Terror, die
gewaltmäßige Verbreitung, ein Bestandteil der Religionsgemeinschaft ist.
Deswegen verurteile ich die Scharia. (Abg Mag
Wolfgang Jung: Können Sie es auch ausschließen?) Ich verurteile die Scharia.
(Abg Nurten Yilmaz in Richtung Abg Mag Wolfgang Jung: Können Sie es
ausschließen? Das ist ja ...!) Daher wird man von mir niemals eine
Verteidigung - egal, aus welcher Religionsgemeinschaft heraus - hören. Ich habe
schon als Schüler nicht die Kreuzzüge verteidigt, und ich verteidige auch nicht
die moderne Form der Kreuzzüge, die offensichtlich heute zurückkommen. Damit
ist auch meine Position dazu völlig unmissverständlich benannt. (Beifall bei
SPÖ und ÖVP.)
Heute geht es zweifelsohne darum, sich auch mit den
geistigen Unterlagen, Grundlagen, Hintergründen dessen, was den Terrorismus
letztendlich initiiert, das heißt, auch dem Versuch der gewaltmäßigen
Verbreitung der Religion zu befassen. Da haben wir jetzt wieder gehört, dass ein
Ihnen über Bilder bekannter Terrorist aus der Al-Kaida gemeint hat, er muss das
Kalifat Andalusien wiederherstellen, das im 15. Jahrhundert beseitigt
wurde - übrigens auch militärisch.
Ich denke, dass wir, die wir uns, so hoffe ich
jedenfalls, alle den Traditionen der Aufklärung verbunden fühlen - bei Ihnen
spreche ich gerne auch die Traditionen von 1848 an, weil ich mich dem auch
verbunden fühle -, zweifelsohne auch die intellektuelle Kraft haben, uns mit
Fundamentalisten jeglicher Prägung auseinanderzusetzen, mit demokratie- und
rechtsstaatsgefährdenden politischen Kräften, mit all jenen, die etwa Popper
als die Feinde der Freiheit bezeichnet - ein Begriff, der auch ein Kind der
Aufklärung ist. Das, glaube ich, ist unsere große Aufgabe.
Es war ein großer amerikanischer Präsident, der sich
der Aufklärung verbunden fühlte und der gesagt hat: Wenn wir durch unsere
Politik die Menschen zwingen, zwischen Sicherheit und Freiheit zu wählen,
werden wir beides verlieren. - Das ist der Grund, warum wir unsere Politik auf
der Basis von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat so machen, wie wir sie
machen: nicht Menschen gegeneinander aufzuhetzen, sondern aufzuklären und
zusammenzuführen. Das ist das, was mir eben abgeht. (Anhaltender Beifall bei
SPÖ, ÖVP und GRÜNEN.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herr
Landeshauptmann, auch die 3. Anfrage (FSP - 04112-2007/0001 - KGR/LM)
ist an Sie gerichtet. Diese wurde von Frau Abg Dr Sigrid Pilz gestellt. (Die
Landesregierung hat im vergangenen Frühjahr die Position des Wiener Patienten-
und Pflegeanwaltes neu besetzt. Welche Merkmale und Qualifikationen der
BewerberInnen wurden im Auswahl verfahren als besonders wichtig erachtet?)
Ich bitte um Beantwortung.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrte
Frau Abgeordnete!
Die Frage, die Sie mir stellen, ist eine sehr
formale, und ich fürchte, ich muss sie, zumindest am Anfang, auch sehr formal
beantworten.
Die Auswahlkriterien für die Qualifikationen für den
Bewerber sind im Amtsblatt, der „Wiener Zeitung" und in unserer Stadtzeitung
auch entsprechend veröffentlicht worden, ich brauche sie Ihnen daher nicht zu
wiederholen. Eine Prioritätenreihung gibt es dabei nicht, da alle diese
Kriterien, die hier aufgezählt wurden, gleich wichtig sind, notwendigerweise
gleich wichtig sind.
Ich weiß daher, ehrlich gesagt, nicht genau, was Sie
von mir wirklich wissen wollen.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Dr
Pilz stellt die 1. Zusatzfrage.
Abg Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im
Rathaus): Danke, Herr Landeshauptmann!
Die Ausschreibung war tatsächlich so formuliert, dass
es verschiedene Möglichkeiten einer Ernennung gab. Man hat sich - und das
wissen Sie so gut wie ich - für Herrn Dr Brustbauer entschieden, der ein
ausgesprochen sympathischer und sicher sehr, sehr kompetenter Jurist ist und aus
seinem Werdegang auch eine respektable Geschichte hat.
Ich bin darüber informiert, dass sich auch sehr, sehr
kompetente Frauen beworben haben, die im Gegensatz zum jetzt ernannten
Patientenanwalt auch Erfahrungen aus dem Gesundheitswesen im engeren Sinn
mitgebracht hätten.
Warum hat man sich angesichts der Möglichkeiten - es
war ja nicht auszuschließen, dass man Erfahrungen aus dem Gesundheitsbereich
mitbringen könnte - so entschieden und nicht anders?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herr
Landeshauptmann, bitte.
Lhptm Dr Michael Häupl: Normalerweise
bekomme ich ja die umgekehrte Frage, nämlich die Frage: Warum haben Sie sich
irgendwo für den Zweit-, Dritt- oder Viertgereihten und nicht für den
Erstgereihten entschieden?
Im gegenständlichen Fall ist das eine sehr klare
Geschichte gewesen. Es ist eine Empfehlung an mich ergangen, vornehmlich
natürlich von jenen, die diese Qualifikationsüberprüfung durchgeführt haben.
Denn wie Sie wissen, haben wir das ja extern vergeben. Die Empfehlung war im
Prinzip sehr klar, und ich habe nach Rücksprache mit jenen, die natürlich auch
in hohem Ausmaß mit ihm in der Verwaltung zu arbeiten haben, den Erstgereihten
mit all den Qualifikationen, die er hat, genommen.
Das war daher eigentlich eine ziemlich logische und,
wenn man so will, normale Entscheidung.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke
schön. - Wir kommen zur 2. Zusatzfrage: Frau Abg Korosec.
Abg Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Herr Landeshauptmann!
Gerade die Position des
Patientenanwaltes ist ja
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