Landtag,
12. Sitzung vom 21.09.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 71
sich auch der Strukturprobleme des Gesundheitssystems
annimmt, das in eine offensive Anwaltschaft für die Patienten und Patientinnen
tritt und das sich auch im öffentlichen Diskurs übers Gesundheitswesen äußert,
ist es dieses Amtsverständnis, das einem sehr traditionellen, obrigkeitlichen
gesundheitspolitischen Begriff verpflichtet ist, ist es dieses Amtsverständnis,
das Sie in der Patientenanwaltschaft sehen wollen?
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl:
Sehr geehrte Frau Abgeordnete!
Ich sehe das, mit Verlaub gesagt, ganz anders. Denn
wenn wir bei der Begrifflichkeit des Anwalts bleiben, so muss ich schon darauf
hinweisen, dass nicht immer jene die erfolgreichsten Anwälte sind, die am
lautesten schreien und am allermeisten in den „Seitenblicke"-Sendungen
vorkommen, sondern jene, die ihrem Job nachkommen, für den sie bezahlt werden,
nämlich ihren Klienten immer zu verteidigen oder Missstände entsprechend aufzuzeigen,
was ich im gegenständlichen Fall hier meine.
Ich bin überzeugt davon, dass der Patientenanwalt in
keine Job-Konkurrenz zu Ihnen treten wird. Denn die Opposition wird mit
Sicherheit aufzeigen wollen, wo Missstände sind, und das auch mit ihrer politischen
Wertung, was ihr gutes Recht ist.
Zu den Aussagen, die Sie jetzt zitiert haben: Die
erstere kann man ja noch diskutieren, aber was die zweite Aussage betrifft,
kann ich es nicht nachvollziehen, dass Sie das so streng beurteilen. Es ist ja
mehr ein Befund: Ja, selbstverständlich sieht jeder Patient sich selbst als den
schwersten Fall. Wo ist da irgendetwas Bösartiges dabei? Ich kann da auch keine
Kritik am Patienten erkennen.
Ich habe eher ganz andere Probleme und umgekehrte Probleme:
Dass es durchaus Leute gibt, die im Gesundheitswesen, im Schulwesen, im
Verwaltungswesen der Stadt tätig sind, die meinen, dass es ohne Patienten
besser funktionieren würde, ohne Schüler in der Schule besser funktionieren
würde, dass eine Verwaltung, wo niemand kommt und etwas will, auch am
allerbesten funktionieren würde. So etwas gibt es, ja. Aber ich bin sicher,
dass der Herr Patienten- und Pflegeanwalt genau nicht zu denen gehört, sondern
eben in seinem Stil, in seinem Charakter - damit haben Sie natürlich recht,
auch in seinem Amtsverständnis - zweifelsohne das Beste machen wird, indem er
jene vertritt und jenen hilft, die sich an ihn um Hilfe wenden.
Ich kann es nur wiederholen: Wenn er dabei zu wenige
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat, dann werde ich ihm sicherlich gerne
helfen, dass ihm das nötige Personal zur Verfügung gestellt wird. Aber ich habe
volles Vertrauen zu ihm, und ich bin auch überzeugt davon, dass er nach bestem
Wissen und Gewissen eine vielleicht weniger spektakuläre, aber doch sehr
effiziente Arbeit im Interesse der Patientinnen und Patienten machen wird.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke
schön. - Wir kommen zur 4. Anfrage (FSP - 04111-2007/0001 - KVP/LM).
Sie wurde von Herrn Abg Dr Ulm gestellt und ist ebenfalls an den Herrn
Landeshauptmann gerichtet. (Wann werden Sie einen Gesetzesentwurf vorlegen,
der - basierend auf der Novellierung der Bundes-Verfassung - die Einführung der
Briefwahl bei Wiener Landtags-, Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen zum
Inhalt hat?)
Ich ersuche um Beantwortung.
Lhptm Dr Michael Häupl:
Sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter!
Die Novellierung der Bundesverfassung, welche die
Einführung der Briefwahl bei den Wahlen zu allen allgemeinen Vertretungskörpern
zum Inhalt hat, ist nicht nur im Parteienübereinkommen der beiden
Regierungsparteien enthalten, sondern mit 1. Juli 2007 auch in Kraft
getreten, sohin umgesetzt worden.
Die für die Legistik zum Wiener Wahlrecht zuständige
MA 62 ist derzeit intensiv mit der Ausarbeitung der entsprechenden
Umsetzung der Briefwahl in der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 befasst. Nach
Durchführung des gebotenen externen Begutachtungsverfahrens wird die Novelle
zur Wiener Gemeindewahlordnung 1996 so zeitgerecht dem Wiener Landtag zur
Beschlussfassung vorgelegt werden, dass die im Art 151 Abs 36
Bundes-Verfassungsgesetz mit Jahresende vorgesehene Umsetzung der Vorschriften
über die Briefwahl fristgerecht erfolgen wird.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke
schön. - Wir kommen zur 1. Zusatzfrage: Herr Dr Ulm.
Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Danke, Herr Landeshauptmann!
Wir haben heute den 21. September und haben nur
noch eine Landtagssitzung im November. Bis 31.12. des Jahres muss die
bundesverfassungsrechtliche Rechtslage umgesetzt sein.
Ich erlaube mir daher schon nachzufragen, wie sich
denn das in den nächsten Wochen und Monaten abspielen soll und wann die vier
Fraktionen da auch einmal inhaltlich Näheres erfahren dürfen.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl:
Also es wird rechtzeitig fertig werden, und Sie werden dabei mit wenig
Überraschung versehen sein. Denn wir werden eins zu eins das Bundesrecht
umsetzen, so wie tunlichst auch alle anderen Bundesländer.
Ernsthafter Teil der Beantwortung: Natürlich halte
ich es für richtig, dass wir uns zwischen den Bundesländern auch akkordieren.
Denn ich würde es für nicht besonders schlau halten, wenn etwa andere
Detailregelungen zur Briefwahl in Niederösterreich, in Oberösterreich oder in
Tirol gültig wären als in Wien. Daher werden wir uns bemühen - wir können ja
niemandem etwas vorschreiben, aber wir werden uns bemühen -, dass wir dies auch
mit den anderen Bundesländern akkordieren. Das wird auch ein Thema der nächsten
Landeshauptleutekonferenz sein, dass wir hier tunlichst gleich lautende
Landesgesetze haben.
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