Landtag,
12. Sitzung vom 21.09.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 71
die AHS gehen, kommen die Kinder, deren Eltern das
nicht können, dann in die Hauptschule.
Damit würde ich einmal sagen, ist der Befund erlaubt,
dass dieses Schulsystem ein schlechtes ist. Wenn ich alle diese Punkte
zusammenfasse und betrachte, sage ich, das Schulsystem ist nicht gut genug für
die Kinder. Wir haben diesen Befund nunmehr ja auch schwarz auf weiß von Seiten
der OECD oder von Seiten von Pisa
bestätigt, und wir wissen, es wird nie mehr wieder Ruhe sein mit dem Thema,
weil Pisa uns alle drei Jahre
trifft, und im kommenden Dezember wird es wieder der Fall sein.
Und jetzt denke ich mir, wir wissen das ja schon so
lange, dass dieses Schulsystem ungerecht und daher nicht gut ist, aber es wurde
nie etwas dagegen getan. Und wenn man jetzt etwas dagegen tun will, so weniger,
um diesen Kindern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen oder um diese Kinder
optimal zu fördern, sondern weil uns dieses scheußliche Ranking so wahnsinnig
stört und beschämt.
Ich bin eine, die Rankings aller Art und dieser Art
besonders, verabscheut, aber in diesem einen Punkt, denke ich mir immer wieder,
Pisa sei Dank, weil es ist mir
jetzt schon wurscht, warum dieses Schulsystem endlich verbessert werden soll,
ob ein Ranking dahintersteht oder weil man sich nun tatsächlich Sorgen macht um
das Bildungssystem und diesen Kindern helfen möchte.
Nachdem mir nicht viel Zeit bleibt, hier in der
Aktuellen Stunde darüber zu reden, lasse ich jetzt sehr viele Punkte aus, an
denen man ebenfalls sehen kann, dass dieses Schulsystem als System versagt -
das sagt nichts über die Lehrerinnen und Lehrer aus, sondern warum es als
System versagt - und möchte noch einiges dazu sagen, was die Grünen wollen:
Ich beginne das, was ich will, mit dem, was ich nicht
will, denn das ist mir ganz wichtig. Und nie mehr wieder will ich in einer
Zeitung unreflektiert lesen: „Die Grünen
wollen ein Gesamtschulsystem." Ich möchte bitte immer nur lesen: „Die Grünen wollen ein gutes
Gesamtschulsystem ohne Leistungsgruppen, ohne Frontalunterricht mit
Reformpädagogik und individuellen Lernplänen für jedes Kind." Das wollen
wir.
Wir wollen nicht, dass aus dem jetzigen System ohne
jede Veränderung einfach eine Gesamtschule mit Frontalunterricht wird, denn
dann habe ich nämlich eine noch heterogene Klasse, Gesamtschule,
Frontalunterricht. Und dann, schwöre ich Ihnen, haben wir eine schlechtere
Schule als vorher. Was wir also brauchen, ist eine qualitativ hochwertige
Gesamtschule, die sich an den Kindern orientiert, die das Lernen der Kinder
organisiert und die dafür sorgt, dass Kinder das bekommen, was sie brauchen.
Und daher abschließend auch noch einiges, was Kinder
tatsächlich brauchen und was unverzichtbar ist: Kinder sind an sich neugierig
und lernbegierig, also greifen wir das auf und fördern wir dieses
Lernbegierige, diese Lust und Freude am Lernen, holen wir die Kinder dort ab,
wo sie stehen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Geben wir jedem einzelnen Kind
Anerkennung, geben wir diesen Kindern Respekt, stärken wir sie dort, wo sie
ihre Stärken haben und helfen wir ihnen dort, wo sie ihre Schwächen haben. Vor
allem aber, und jetzt wende ich mich mit dem intensivsten Blick, den ich
aufbringe heute Morgen, an die SPÖ: Bitte, stülpt den Lehrplan und die
Leistungsstandards, die jetzt noch zusätzlich entwickelt werden, nicht
undifferenziert über jedes Kind drüber. Kinder sind verschieden, die brauchen
keine uniformen Lehrpläne, die zu vollziehen sind, und alle müssen gleichzeitig
dasselbe können, sondern Kinder sind verschieden, sie brauchen individuelle
Lernpläne, damit sie anhand ihrer eigenen Persönlichkeitsstruktur lernen
können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin schon
fertig, die Zeit ist um, aber ich erlaube mir einen allerletzten Satz: Ein
vergnügtes Hirn lernt besser und lernt mehr. Sorgen wir also dafür, dass die
Schule auch eine fröhliche Schule ist, die den Kindern bekömmlich bleibt.
Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Für die weiteren Wortmeldungen bringe ich in
Erinnerung, dass sich die Damen und Herren Abgeordneten nur einmal zu Wort
melden dürfen und die Redezeit mit fünf Minuten beschränkt ist.
Als nächster Redner hat sich Herr Abg Mag Gudenus
gemeldet, ich erteile ihm das Wort.
Abg Mag Johann Gudenus, MAIS
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir reden heute, wie schon so oft heuer, über die
Schule, über die Bildung, und ich bin ja sehr froh, dass heute der Titel schon
etwas realistischer gewählt wurde, nämlich „Bildungsnotstand", und dass
hier in Wien in der Bundeshauptstadt akuter Handlungsbedarf besteht. So
tragisch eben das Thema ist, wir sind mit der Wahl des Titels einverstanden,
aber die Schlussfolgerungen, wie sie jetzt eben von meiner Vorrednerin gebracht
wurden, stoßen uns eher ab.
Wir reden heute vom Bildungsnotstand. Apropos, wo ist
eigentlich die Frau Präsidentin des Stadtschulrats, Brandsteidel, wenn wir zum
Bildungsnotstand sprechen. Wo ist sie? (Abg Mag Wolfgang Jung: Sie ist gar
nicht da!) Kann sie vielleicht aus ihrem Elfenbeinturm herab hierher in den
Landtag oder in den Gemeinderat kommen und sich den Problemen und der Kritik
der Politik, der Bürger und der Schüler stellen und nicht dauernd die Ohren
verschließen vor dem, was wirklich Sache ist in den Schulen.
Wo ist Frau Brandsteidel? Vielleicht können Sie das ausrichten,
dass Frau Brandsteidel bei den nächsten Diskussionen zumindest zuhört, meine
sehr geehrten Damen und Herren.(Beifall bei der FPÖ.)
Wir haben einen veritablen
Bildungsnotstand und ich bin froh, dass das endlich erkannt wird. Frau
Jerusalem hat, nachdem sie Studien hinsichtlich Pisa und OECD angeführt hat, vollkommen richtig bemerkt, dass
diese Rankings oftmals nicht ganz ernst zu nehmen sind, beziehungsweise sagen
sie nicht immer das aus, was
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