Landtag,
12. Sitzung vom 21.09.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 60 von 71
Gericht und die Gegenpartei muss genau nichts sagen,
die Stellungnahme wird Ihnen vorenthalten. Dahinter zeigt sich ein
obrigkeitliches Herangehen an die Patienten. Das ist keine Kommunikation auf
Augenhöhe. Der Umstand, dass man erst den Rechnungshof braucht, um zu
erzwingen, dass man diese Stellungnahmen aus Eigenem und nicht erst durch
Nachbohren den Geschädigten weitergibt, ist schon bemerkenswert.
Dass der Rechnungshof auch noch feststellen musste,
dass die Entschädigungszahlungen hinsichtlich des Grundes und der Höhe nach
nicht nachvollziehbar waren, zeigt ein weiteres Element von Willkür. Ich sage
jetzt damit gar nicht, dass man sozusagen dem Patienten damit etwas
vorenthalten hat, aber nicht nachvollziehbare Entscheidungen in ihrem Grund und
in ihrer Höhe nach machen es für die Patienten und Patientinnen zu einem
Pingpongspiel, ob sie zu ihrem Recht kommen, ob sie entschädigt werden oder
nicht. In einem Rechtsstaat muss klar sein, wie gehandelt wird und wie
Entscheidungen zu Stande kommen. Da darf es nicht sein, dass der Rechnungshof
feststellen muss, der eine kriegt es offensichtlich, der andere nicht, die
Höhe, der Grund bleiben im Dunkeln.
Man hat also in der Verwaltung des anvertrauten
Geldes des Entschädigungsfonds gravierende Mängel im Laufe der Jahre zu
verantworten gehabt. Das deckt sich durchaus auch mit unserem Unbehagen, das
wir in der Vergangenheit mit der Patientenanwaltschaft immer wieder geäußert
haben. Sie erinnern sich, jahrelang gab es gar keine Berichte, dann gab es
einen Bericht über viele Jahre und man hat offensichtlich die Bringschuld an
Transparenz und Berichtslegung sehr nachlässig gehandhabt.
Auch der jetzige Tätigkeitsbericht ist in vielerlei
Hinsicht enttäuschend. Er ist enttäuschend, weil einmal bis Seite 38 so gut
wie gar nichts Substanzielles darin steht. Man blättert und blättert, es ist
immer gut, wenn das Gesetz, seine Grundlagen und die Patientenrechte abgedruckt
sind. Das finde ich ohnedies gut. Aber es müssten sozusagen, wenn das bis
Seite 38 Platz einnimmt, dann hinten noch 200 Seiten Substanz kommen.
Aber leider ist man dann schon im ersten Drittel des Textes. Hinten hat man
dann noch einige Vergaberichtlinien von den Fonds und so weiter. Also wenn man
all diese Texte abzieht, die überhaupt nur das sagen, was Grundlage ist, dann
ist es recht dünn.
Es werden, und das halte ich an diesem Bericht für
besonders kritikwürdig, dort, wo es um Dinge geht, die wir strukturell im
Krankenhaus, im Gesundheitswesen als diskussionswürdig, als
veränderungsbedürftig ansehen, auf Seite 60 nur kleine Anmerkungen auf
weitere Themenbereiche gemacht: Wartezeiten, unfreundliches Verhalten von
Ärzten, Verrechnungsproblematik, Arzthonorare und so weiter. All diese Dinge,
die darauf hinweisen können, dass es strukturelle Probleme gibt, werden
abgehandelt. Bei Wartezeiten steht überhaupt nur: „Wartezeiten: Hauptsächlich
Beschwerden wegen zu langer Wartezeiten auf Operationstermine und in
Spitalsambulanzen." – Na, das haben wir gewusst. Vom Patientenanwalt
würden wir uns wünschen, dass er uns das detailliert sagt, worüber sich die
Menschen beschweren und dass er uns vor allem sagt, was er unternommen hat, um
dem abzuhelfen. Das alles steht nicht drinnen, offensichtlich deshalb, weil er
nicht meint, dass er dafür zuständig wäre.
Mit dieser Feststellung komme ich nun zum
Amtsverständnis des Herrn Amtsvorgängers Dr Dohr. Offensichtlich hat er sein
Amt so verstanden, dass er gemeint hat, die Beschwerden, die kommen, werden
bearbeitet und die Fragen, die sich sozusagen grundsätzlich ergeben, sind nicht
sein Thema. Er hat das hinsichtlich der Pflegeheime durch viele Jahre bewiesen,
dass die ganze Debatte, die in Wien geführt wurde, ohne seine Beteiligung
gelaufen ist.
Mit Herrn Dr Dohr habe ich lange und oft genug in
verschiedenen Kontexten darüber geredet. Sie haben nun mit Herrn Dr Brustbauer
einen neuen Patienten- und Pflegeanwalt bestellt. Ich sage jetzt, was ich mir
wünsche. Ich sage jetzt, was ich mir an Amtsverständnis und Zugang zu den
Aufgaben wünsche, weil ich meine, dass sie im Pouvoir dieses Amtes liegen:
Ich möchte, dass der Patientenanwalt und sein Team
sich nicht nur mit den Beschwerdefällen befassen, die an sie herangetragen
werden, die Einzelfälle, Schadensfälle, Beschwerden über medizinische oder
andere Behandlungsfehler.
Ich möchte, dass der Patientenanwalt ein Partner in
der gesundheitspolitischen Debatte ist, parteilich für die Interessen von
Patienten und Patientinnen hinsichtlich der Rahmenbedingungen, unter denen bei
uns das Gesundheitswesen arbeitet.
Ich möchte, dass der Patientenanwalt seine Stimme
erhebt, wenn es darum geht, dass man Gesundheitsgefährdendes und
Gesundheitsschädigendes in der Stadt diskutiert. Wir wissen, darüber sind wir
uns einig und mit einem rot-grünen Projekt versuchen wir auch Abhilfe zu leisten,
es gibt in den verschiedenen Bezirken der Stadt ganz unterschiedliche
Lebenschancen. Man stirbt im 15. und im 20. Bezirk schlicht und
einfach früher, hat eine geringere Lebenserwartung als in grünen Bezirken, in
so genannten bürgerlichen Bezirken. Das ist uns nicht egal. Ich möchte, dass
diese Gesundheitsförderung, die Prävention, die Information und Unterstützung
der Menschen nicht das Thema der Politik ist, das es ohne Weiteres ist, sondern
ich möchte auch, dass die Patientenanwaltschaft hier ihre Stimme erhebt und
deutlich macht, dass die Aufklärung und Information von speziellen Minderheiten
hinsichtlich ihrer Lebensfristen, hinsichtlich von Umweltbedingungen,
Wohnbedingungen, Verkehrssituationen, all das, was Menschen krank macht, auch
ein Thema für die Patientenanwaltschaft ist. Wir wissen alle, und es ist eine
Binsenweisheit, dass dann, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, wenn wir
krank sind, die Medizin als Reparaturmaßnahme wichtig und segensreich ist. Aber
ob wir gesund sind oder krank werden, bestimmt sich nicht in der Apotheke und
nicht in der Ordination, sondern in den Lebensverhältnissen.
Ich möchte in der
Patientenanwaltschaft eine
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