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Landtag, 16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 66 von 78

 

beschlossen. Die Weltmeisterschaft kommt, da kann man in den schönen Innenstädten nicht brauchen, dass arme Leute am Boden sitzen und wir alle damit konfrontiert werden. Das ist das Hauptproblem.

 

Deswegen ist es schade, weil was der Herr Schuster gesagt hat, wäre eigentlich richtig, dass man niemandem durch ein Verbot hilft. Dass man niemandem durch diese Vorgangsweise nützt, sage ich dazu. Aber darum geht es auch nicht. Vorzuspielen, es geht um die Kinder, ist alles ein Schmäh, weil darum geht es nicht! Es geht darum, dass der 1. Bezirk EURO-tauglich ist! Es tut mir sehr leid, dass man eine Europameisterschaft dafür hernimmt und glaubt, sie dafür hernehmen zu müssen. Da gibt es dann noch die paar, die sagen, das machen wir nur deswegen, weil die Leute dann sicherer sind, weil das ist dann während der Europameisterschaft besonders gefährlich für Menschen, die betteln. Das wäre noch die zynische Begründung dafür.

 

Ich möchte ein paar Mythen, die im Zusammenhang mit der BettlerInnenszene im Umlauf sind, hier widerlegen. Als ich versucht habe, mir selbst ein Bild davon zu machen, gebe ich zu, habe ich auch so wie viele Wiener und Wienerinnen angefangen. Man sieht das Kind und denkt sich, das kann nicht gut sein, ideal ist das nicht. Die Frage ist, wie man es besser macht. Dieses Gesetz heute macht es nicht besser, für niemand von den Betroffenen! Das ist leider keine schöne Situation. Da brauchen wir uns nicht lange aufzuhalten. Es ist schade, dass es Leute gibt, die das tun müssen. Aber dass zusätzlich versucht wird, die Leute in einem Maße zu kriminalisieren, damit man nachher solche Gesetze wie heute beschließen kann, soll zumindest für dieses Protokoll widerlegt werden.

 

Hinter den Frauen, die in Wien betteln, steckt eine organisierte Mafia, hört man von der FPÖ. Zwischendurch sagt das die Polizei laut. Nachher sagen sie, sie reden nicht mehr im Vieraugengespräch, weil sie wissen, dass es nicht stimmt, weil es so nicht ist. Das sind hauptsächlich große Familien, die herkommen. Dort, wo sie tatsächlich ausgenommen werden, passiert nichts. Die Quartiergeber dieser Familien, die zu uns betteln kommen, nützen die Leute nämlich tatsächlich schamlos aus. Weil die zahlen bis zu 150 EUR für eine Matratze für einen Monat und für ein Kind 70 bis 80 EUR. Das sind Quartiere, wo in zwei Wohnungen zwischen 35 und 40 Personen wohnen. Die Quartiergeber leben gut und lange davon. Die Polizei weiß das, weil sie kommt dort hin und kontrolliert dort. Nein, natürlich nicht die Vermieter, sondern die Leute, die dort auf den Matratzen liegen. Den Vermietern dort passiert überhaupt nichts. Da fragt man sich, wie können die dort viele Tausende Euro mit einer Wohnung und viele Tausende Euro mit der Wohnung daneben jeden Monat verdienen. Dann kommt immer ein Offizialorgan vorbei und macht nichts. Man fragt sich, wie das möglich ist.

 

Mythos: Es gibt Männer, die dort hinkommen und den Frauen das Geld abknöpfen. Wenn man genau hinschaut und wenn man das überprüft, kommt man dann darauf, tatsächlich kommt es vor, dass dort eine Frau sitzt, bettelt, jemand kommt und ihr das Geld wegnimmt. Wenn man den Verwandtschaftsgrad überprüft, kommt man oft darauf, das ist entweder der Ehemann oder der Onkel. Warum machen die das? Weil wenn die Polizei vorbeikommt, was tut die als Erstes? Sie knöpft ihnen das Geld ab! Die Polizei knöpft ihnen als Erstes das Geld ab! (Abg Mag Wolfgang Jung: Also bitte, Naivität ist das nicht mehr! Das ist eine Frechheit! - Abg Monika Riha: Das kann ja nicht Ihr Ernst sein!) Die Alternative, was sie auch machen, was man auch beobachten kann, wenn man lange genug zuschaut, ist, sie verstecken es manchmal selbst, weil sie nicht immer jemand dabei haben, der ihnen helfen kann, tragen es hinter einen Strauch und holen es dann später heraus.

 

Es wurde zwischendurch auch von der Polizei und von der FPÖ immer wieder behauptet, dass die kleinen Kinder über Strecken hinweg mit Medikamenten ruhig gestellt werden. Bewiesen ist davon nichts! (Abg Martina Ludwig-Faymann: Ich will auch nicht, dass Kinder dort ohne Medikamente sitzen müssen!) Es gibt Untersuchungen, aber bei keinem einzigen der Kinder ist irgendwas festgestellt worden. Das ist ein Mythos, das stimmt nicht, das ist falsch! Diese Behauptung wird nur eines um das andere Mal als Begründung dafür aufgestellt, warum wir dieses Gesetz brauchen.

 

Wir reden sehr wohl über das Betteln generell. Das Nächste ist nämlich, dass Bgm Häupl momentan keinen Handlungsbedarf sieht. Momentan! Irgendwann sieht er vielleicht aber doch Handlungsbedarf! Er hat nämlich nicht gesagt, dass ein komplettes Bettelverbot niemals in Frage kommt!

 

Ein allgemeines Verbot ändert nichts an der Armut, und dieses Gesetz ändert auch nichts. Da geht es keiner Frau besser, aber es geht einigen nachher schlechter. (Abg Godwin Schuster: Aber den Kindern geht es nachher besser!) Das wäre die Frage, ob es den Kindern wirklich besser geht. (Abg Martina Ludwig-Faymann: Es geht ihnen besser, wenn sie nicht mehr auf der Straße sitzen müssen!) Die Alternative für die Kinder ist aber dann nicht, bei Ihnen oder bei mir in der Wohnung zu leben, und die Alternative ist auch nicht eine schöne Wohnung in Rumänien, denn dann würden die Leute ja nicht hierher kommen! Das braucht uns keiner einzureden! Wenn sie ein schönes Loft irgendwo in Bukarest hätten, dann würden sie ja nicht nach Wien zum Betteln fahren, sondern sie wohnen dort in Verhältnissen, in welchem zum Glück niemand hier in diesem Raum leben muss.

 

Es ist kein Wunder, dass vor allem Organisationen, die sich um Sozialpolitik annehmen, oder auch kirchliche Institutionen scharfe Stellungnahmen gegen diese neue Bettelverordnung abgeben. So fordert zum Beispiel die Katholische Aktion, dass man den Entwurf überdenkt, was natürlich jetzt verschüttete Milch ist. SOS Mitmensch ist der Meinung, dass wir das Gesetz nicht brauchen. – Aber die SPÖ hätte es gerne so, wie Sie das heute vorgeschlagen haben, vielleicht noch mit ein paar Maßnahmen zusätzlich.

 

Betrachten wir die Situation vor Ort: In Wien sind es

 

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