Landtag,
17. Sitzung vom 05.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 70
JugendanwältInnen!
Meine Kollegin Claudia Smolik hat sich sehr
ausführlich mit dem Bericht auseinandergesetzt. Ich möchte mich in erster Linie
auf Kinderarmut und auf Jugendarmut konzentrieren, auf das Projekt
„Berührpunkt", das im vergangenen Jahr begonnen wurde – es ist ja noch
nicht zu Ende –, ein sehr gutes Projekt, ein Projekt, das man nur unterstützen
kann und das sich mit der steigenden Kinder- und Jugendarmut in Österreich
auseinandersetzt. In dem Bereicht wird die Zahl 113 000 angegeben.
113 000 Kinder und Jugendliche in Österreich leben unter der Armutsgrenze.
Das ist ein signifikanter Anstieg innerhalb der letzten fünf Jahre von fast
20 Prozent!
Die Ausstellung hatte das Ziel, nicht nur
darzustellen und zu erklären, wie es zur Armut kommt und sich natürlich gegen Armut
auszusprechen – aber da sind sich immer alle einig, das ist immer der billige
Punkt für alle in der politischen Landschaft, denn gegen Armut, gegen
Kinderarmut sind alle. Die Frage ist nur: Was macht man dagegen? Und da geht es
dann schon wieder weit auseinander. Wer soll das finanzieren? Wer macht das?
Was bedeutet das insgesamt? Hier gibt es keine Einigkeit.
Auch wenn Armut mehr umfasst als nur materielle Armut
– Zeitarmut, Beziehungsarmut oder auch Krankheit durch Armut –, möchte ich mich
beim ökonomischen Begriff aufhalten. Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss
natürlich in erster Linie die Elternarmut bekämpfen. Kinder wachsen in
armutsgefährdeten Haushalten, in armen Haushalten auf und tragen dann natürlich
schwer daran. Sie sind bildungsferner, sind sozial ausgegrenzt, die Armut wird
weitervererbt, so wie auch Reichtum weitervererbt wird – in Österreich in einem
noch höheren Ausmaß als in anderen Ländern.
Das ist fast schon wie in manche Religionen ein
Kastensystem: Wer einmal unten angelangt ist, kommt fast nicht mehr heraus. Und
der oder die wenigen, die es schaffen aus ärmeren Haushalten, die werden dann
hergezeigt wie das Märchen vom Tellerwäscher, der dann Millionär wird. Aber das
ist die Ausnahme. Die Regel ist: Wenn ein Kind arm ist, wenn die Eltern arm
sind, dann wird es das Kind so schwer haben, dass es als Erwachsener mit hoher
Wahrscheinlichkeit auch arm bleiben wird.
Jetzt gibt es eine Menge Punkte in diesem Bericht,
die angeführt sind, was man denn tun könnte, was man tun sollte, und beim
Durchlesen dieses Forderungskatalogs kommt man seitenweise drauf, dass diese
Punkte in Wien nicht umgesetzt werden. Und jetzt frage ich mich, warum es so
viele gemeinsame Pressekonferenzen gibt, wo man sich sehr lobend, zu Recht sehr
lobend, über die Arbeit ausdrückt, wo man natürlich mitschneiden möchte an der
Arbeit, aber dann werden einfache Punkte nicht umgesetzt wie etwa die
Verankerung der UN-Kinderrechtskonvention auf Bundes- und Länderebene. Okay,
bundesweit haben Sie einen Partner, mit dem Sie es nicht leicht haben, aber in
den einzelnen Bundesländern wären zum Beispiel Punkte wie die Armutsforschung –
das ist Punkt 3 des Forderungskatalogs in dem Bericht – leicht umzusetzen.
Das machen Sie nicht; darauf ist bereits hingewiesen worden.
Bei der besseren Ausstattung von Jugendwohlfahrt –
darauf ist Claudia Smolik eingegangen – lautet die Antwort einfach: Woanders
ist es noch schlechter. Warum soll man es in Wien ändern? Der Vorschlag hier
auf dem Papier und im Bericht lautet aber, Sie sollen das tun. Bei der
Dienststellenversammlung, bei der ich war und bei der über
100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeinde anwesend waren, war das
auch der Tenor.
Hier wird ein Grundeinkommen für Kinder und
Jugendliche vorgeschlagen. Ich meine, wir haben nicht einmal die von den Grünen vorgeschlagene Grundsicherung
mit der SPÖ zu einem Erfolg bringen können, weder in Wien noch auf Bundesebene.
Wir sind weit davon entfernt. Was ist mit einem Mindestlohn auf Bundesebene? Da
höre ich nichts davon. Was ist mit den Kollektivverträgen in Österreich, die zu
einem guten Teil immer noch unter 1 000 EUR brutto liegen? Da höre
ich nichts davon. Und ich kenne natürlich die Begründung der Sozialdemokratie,
wo es dann zwischendurch heißt, das geht alles nicht mit den einzelnen
Partnern.
Ich möchte deswegen darauf hinweisen, was Sie
offensichtlich schon mit diesem Partner auf Bundesebene machen können. Es wird
kein zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt, um Kinderarmut zu bekämpfen –
und das ist ja die Frage, das kostet ja was, das bekommen Sie ja nicht gratis,
und es nützt auch nichts, wenn man es vor sich herträgt oder in Sonntagsreden
und Sonntagspredigten immer wieder wiederholt, sondern es ist auch nötig, dafür
Geld in die Hand zu nehmen –, sondern auf Bundesebene wird morgen – mit den
Stimmen der Sozialdemokratie! –, die Halbierung des
Stiftungseingangssteuersatzes beschlossen. Das wird noch als Erfolg verkauft
von der SPÖ, weil die ÖVP gerne noch viel mehr gehabt hätte. Es wird als Erfolg
verkauft, dass es morgen ein Steuergeschenk gibt. Das bedeutet, wenn einer eine
Stiftung macht – das sind im Üblichen nicht Menschen, die im armutsgefährdeten
Haushalten leben, es sind nicht Kinder und Jugendliche, die aus diesen
Haushalten kommen, sondern es sind für gewöhnlich sehr reiche Personen; ich
glaube, in dem Haus sitzen wenig Menschen, die eine Stiftung haben, vielleicht
sogar null –, dann wird diesen Stiftungsgebern, diesen Stifungsgründern und
-gründerinnen morgen ein Steuergeschenk nachgeworfen durch die Halbierung von
5 Prozent auf 2,5 Prozent. Rückwirkend gerechnet, im Schnitt auf die
letzten 20 Jahre gerechnet, waren das jährlich 10 Millionen EUR.
Ein Geschenk von 10 Millionen EUR wird in die Hand genommen und denen
gegeben, die Stiftungen gründen, damit sie anschließend, wenn sie Geld
verdienen, weniger Steuern zahlen müssen. Also eine sehr steuerschonende
Variante, die es schon gibt, wird noch einmal von Ihnen begünstigt.
Das kritisieren auch
Sozialdemokraten, zum Beispiel der Herr Peer Steinbrück, Finanzminister in der
Bundesrepublik Deutschland, der, wenn er von Steueroasen redet, nicht nur von
Liechtenstein redet, sondern immer dezidiert dazusagt: Wir reden hier nicht nur
von
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