Landtag,
19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 49
mit dem damaligen Noch-Bundeskanzler Schüssel, unserem Außenministerium, und mit dem nachmaligen und neuen Bundeskanzler in den Koalitionsverhandlungen, wo wir über diese Frage diskutiert haben, wo es ja inhaltlich nicht besondere Auffassungsunterschiede gegeben hat, sondern wo eigentlich der zentrale Punkt war, dass wir uns dort gemeinsam verpflichten, diesen inhaltlichen Dialog mit der Bevölkerung auch zu führen, nicht nur Medienkampagnen zu machen, sondern tatsächlich auch strukturell zu führen mit der Zielsetzung, hier zu einem tatsächlichen gemeinsamen Verständnis dieses Europa auch zu kommen.
Und da hat es meiner Auffassung nach nicht sehr viel
Sinn, wenn man mit dem einen Finger zeigt auf den Bundeskanzler - ich meine
jetzt außer für die Tribüne vielleicht, bei der FPÖ ist das wieder eine ganz
andere Geschichte - aber es hat jedenfalls von Seiten der FPÖ und der ÖVP wenig
Sinn zu sagen, der Bundeskanzler ist auf der einen Seite schuld, die Frau
Außenministerin ist auf der anderen Seite schuld, sondern da muss man einfach
sagen, wir haben das nicht gemacht, was wir uns eigentlich vorgenommen haben.
Das muss man in aller Offenheit auch sagen, und das
muss man in diesen Minuten, wo man sich noch nicht vollkommen in den Wahlkampf
hinein begibt, auch so tun. Wir haben den Dialog nicht geführt und ich bin der
Meinung, weil wir nicht gezwungen wurden dazu. Und jetzt reduziere ich dieses
mea culpa vielleicht eine Spur anders. Ja, Herr Wolf, ich habe auch Ihre
ehemalige Zeitung aufmerksam gelesen. Ich werde das mea culpa ein bisschen
reduzieren, denn wenn man beispielsweise den EU-Botschafter in Österreich
fragt, wer am meisten diesen Dialog auch noch geführt hat, so hat er darauf
eine klare Antwort, indem er nämlich sagt: Wien, Niederösterreich und das Burgenland.
Denn dieses EU-Projekt, die EU-Region Zentraleuropa, war zweifelsohne das
sichtbarste Projekt, das es in all diesen Dialogphasen im ganzen Europa auch
gegeben hat, und mit wenigen Ausnahmen, wo es etwa in Deutschland und
Frankreich ein ähnlich gelagertes Projekt auch gibt, war es das einzige
derartige Projekt.
Wir haben frühzeitig damit begonnen, wir haben jede
Gelegenheit in Österreich, in Ungarn, in der Slowakei, in der Tschechischen
Republik dazu benützt, um diese Diskussionen auch regional zu führen. Und man
kann immer sagen - und ich denke sehr häufig darüber nach, weil mich das sehr
bekümmert, dass ein so tolles Projekt wie diese Europäische Union, noch dazu in
einem Land, das so großen wirtschaftlichen Nutzen davon getragen hat, lediglich
bei 28 Prozent der Leute auch seine Zustimmung findet -, dass wir
wahrscheinlich auch zu wenig gemacht haben.
Mag immer noch sein, aber es war immer noch, so würde
man in Wien sagen, um Häuser mehr als das, was alle anderen getan haben.
Trotzdem, es wird unsere Aufgabe sein, die kommende
Wahlauseinandersetzung, auch zum Europäischen Parlament, nicht so sehr dazu zu
nutzen, dass wir uns wechselseitig erzählen, wie unglaublich schlecht der
jeweilig andere ist, sondern dass wir dort auch die Diskussion über die Zukunft
Europas führen, denn sonst werden jene, die dieses Europa nicht wollen, die
eigentlich den Zerfall dieser Europäischen Union wollen, die eigentlich das
Heraus Österreichs aus dieser Europäischen Union wollen, hinter all dem, was
sie sonst sagen, natürlich auch über die Zukunft Europas bestimmen. Und der Weg
geht nun mit Sicherheit in die völlig falsche Richtung, jedenfalls aus meiner
Sicht. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich wollte Ihnen damit auch begründen, warum ich
durchaus auch im Rahmen meiner Bundesorganisation, der Bundespartei, dem
Vorschlag zugestimmt habe, künftig diese Fragen durch eine Volksabstimmung
abhandeln zu lassen. Und ich sage das bewusst auch vor dem Hintergrund dessen,
dass heute ja niemand ernsthaft davon ausgehen kann, dass, wenn dieser
Lissabon-Vertrag aufgedröselt wird, er also noch einmal aufgemacht wird, es zu
weiteren Veränderungen und Verhandlungen kommt, die wiederum
ratifizierungspflichtig sind, und es in einer dritten Ratifizierungswelle zu
einem Europäischen Vertrag kommt, dass man dies dann ohne eine Volksabstimmung
machen kann. Das kann doch nicht ernsthaft jemand glauben und es tut jeder
gut ... (Abg Dr Matthias Tschirf: Bei jeder Änderung in Irland!) Ja,
das ist jetzt, aber ich sage noch einmal, weil ich offensichtlich nicht
verstanden wurde: Wenn es zu einer Aufdröselung dieses Vertrages kommt und es
zu Änderungen dieses Vertrages in einer dritten Ratifizierungswelle kommt, dann
glaubt ja kein Mensch mehr, dass man dies ohne Volksabstimmung machen kann. Ja,
selbstverständlich wird man das tun müssen, wenn man für dieses ... (StRin
Mag Katharina Cortolezis-Schlager: Was ist mit dem Koalitionsvertrag!) Ich
komme gleich zum Wahlkampf, macht euch keine Sorgen. Offensichtlich braucht ihr
es. (Beifall bei der SPÖ.)
Es ist doch gar keine Frage, dass sich überhaupt kein
Land in Europa mehr wird leisten können, wenn es zu einer dritten
Ratifizierungswelle des Vertrages kommen wird, dass man dies ohne Zustimmung
des Volkes machen kann. Das kann niemand ernsthaft glauben, denn wenn man das
glaubt, dann kann man gleich davon ausgehen, dass es nicht nur 28 Prozent
sein werden, die zustimmen, sondern nur mehr 15 Prozent. Ja, davon kann
man fundamental ausgehen.
Es wird daher unsere Aufgabe sein ... (Abg Dr
Matthias Tschirf: Herr Bürgermeister, warum können wir keine Volksabstimmung
machen!) Ich habe gerade vorher gesprochen darüber. Nicht böse sein, ich
habe gerade vorher darüber gesprochen. Da bin ich in ganz hohem Ausmaß identer
Meinung mit dem, was Frau Vassilakou gesagt hat, in ganz hohem Ausmaß,
natürlich wäre das vernünftiger.
So, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wollte
einfach klar begründen, dass es inhaltliche Gründe gibt, warum ich dem
zugestimmt habe, und nicht etwas, was gelegentlich als Opportunismus bezeichnet
wird.
Nun komme ich zum letzten, dem ja
die Hauptkritik gilt, nämlich zum Brief. Wer mir immer zugehört hätte,
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