Landtag,
19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 49
hätte euch, die Ihr aus dem Urlaub zurückgekommen seid, den heutigen Tag ersparen können. Die Kritik, die daraufhin gekommen ist, auch innerhalb der SPÖ, war ganz klar auf die Form gerichtet, und ich habe von der ersten Minute an gesagt, dass ich mit dieser Form nicht nur unglücklich bin, sondern dass ich sie für schlichtweg falsch halte. Ich halte sie aus handwerklichen Gründen für falsch, weil ja jeder weiß, wenn man mit so einer Information ausschließlich an eine einzige Zeitung herantritt, dass dann alle anderen böse sind. Das ist pures politisches Handwerk.
Aber ich halte eine solche Vorgangsweise auch darüber
hinaus gehend für falsch, und ich sage hier ganz unumwunden dasselbe, was ich
auch in Zeitungsinterviews, in Fernsehinterviews oder sonst wo gesagt habe,
dass ich es darüber hinaus gehend für falsch halte, weil man doch begründen
muss, wenn man in einer Frage der Demokratiepolitik und EU etwas tut und warum
man es tut, dies nicht nur inhaltlich und erklärend, wie man dazu steht, aber
auf jeden Fall, warum man so vorgeht. Und es ist zweifelsohne erstens einer
entsprechenden innerparteilichen Diskussion zu unterziehen. Ich bin überzeugt
davon, dass die weit überwiegende Mehrheit dieser Argumentation auch gefolgt
wäre, so wie sie es nachher dann auch getan hat, und dass man dies darauf auch
in einer entsprechenden Form, in einer ganz normalen öffentlichen Form – ich
denke hier etwa an eine Pressekonferenz - der Öffentlichkeit kommunizieren
hätte können und man sich da einiges an Polemik erspart hätte.
Aber es ist halt anders gemacht worden, und ich sage
es in derselben Offenheit hier, wie es auch Bundesminister Faymann in der
Öffentlichkeit getan hat, der ja mehrmals auch gesagt hat, er würde das heute
nicht mehr so tun, das war ein Fehler.
Daher können Sie, und das werden Sie ja auch tun,
nehme ich an, in der nächsten Zeit entsprechend herumreiten auf diesem Brief.
Okay, es ist Wahlkampf, das verstehe ich. Ich sage Ihnen da, ich halte es für
richtig, dass man hier diesen demokratiepolitischen Schritt gesetzt hat. Ich
halte es für falsch, auf welche Art und Weise man ihn dazu auch kommuniziert
hat.
Und so sollte man auch die zitierte Kritik von Franz
Vranitzky sehen. Natürlich zitieren Sie mit Genuss seine Erstreaktion, die er
darauf gesetzt hat. Er war damals im Ausland - und bemerkenswerterweise haben
die Ex ja offensichtlich irgendwie Hochkonjunktur - er war bei einem Treffen
der Ex-Ministerpräsidenten in Norwegen, und ist dort mündlich informiert
worden. Natürlich falsch, weil er informiert wurde, dass es hier einen
inhaltlichen Schwenk der SPÖ zu einer EU-feindlichen Linie gegeben hätte.
Seine Äußerung hierauf war die Erstreaktion. Ich
bitte Sie, mit der gleichen Beflissenheit, mit dem gleichen Eifer, mit der
gleichen Aufmerksamkeit und mit der gleichen intellektuellen Redlichkeit, mit
der Sie sein Erstinterview gelesen haben, sich auch seine folgenden Interviews
anzuschauen und zu lesen, insbesondere auch jenes, das im Rahmen der ZiB 2
gesendet wurde und merkwürdigerweise offensichtlich in einem Turnsaal
stattgefunden hat, wofür es bei Franz Vranitzky durchaus biographische
Anknüpfungspunkte gibt, vielleicht weil er Basketball gespielt hat. Das haben
Sie leider nicht, und ich auch nicht. Der Franz Vranitzky hat offensichtlich
hier noch alte Reminiszenzen dazu, und dann hat er halt dieses Interview, ein
sehr gutes Interview, in der Turnhalle gegeben.
Ich würde Sie ersuchen, schauen Sie sich das auch an
und bemühen wir uns, sozusagen gemeinsam und mit jener Würde, die der Herr
Bundespräsident eingefordert hat, diese Regierungs-Scheidung über die Bühne zu
bringen.
Lassen Sie mich noch einmal ganz kurz auf die Frage
zurückkommen, was können denn wir denn nun auch tun, denn auf die
Bundesregierung werden wir mit Sicherheit auf ein paar Monate verzichten
müssen. Auf die paar Monate soll es auch nicht ankommen, soll sein, aber Sie
haben einige Vorschläge unterbreitet - die man mir freundlicherweise
übermittelt hat - im Hinblick darauf, den Dialog in den Institutionen in der
Stadt zu stärken, vom Landtag bis zur Europakommission, Bezirksvertretungen und
Ähnlichem. Ich habe sie deswegen noch nicht beantwortet, weil ich Ihnen
eigentlich den Vorschlag machen - aber dieser gilt natürlich nicht nur für die
ÖVP, die diese Anträge eingebracht hat - und sagen wollte, dass ich gerne
bereit bin, dass wir, wenn die Zeit intellektueller Normalität wieder
eingekehrt ist - also am Tag nach der Nationalratswahl - uns im Zuge eines Halbtages
der Europakommission einmal zusammensetzen und dort diese Vorschläge, aber auch
andere Vorschläge, die ich gerne unterbreiten würde, in Richtung auf einen
Dialog mit der Bevölkerung hin, anzusehen, denn die institutionellen Gespräche
und institutionellen Erklärungen sind schon okay, aber ich glaube, dass es in
allererster Linie für uns auch darum gehen sollte, in den Dialog mit der
Bevölkerung einzutreten, und dies kann man zweifelsohne in den verschiedensten
Formen machen. Etwa in der Form - man hat früher so Tage der offenen Türen
gemacht - so einen Europatag zum Beispiel zu veranstalten, dies auch hier im
Rathaus, der als ein Tag des Dialogs verstanden wird. Das wäre ein solcher
Vorschlag, oder eine Europavorlesung, ähnlich wie unsere Wiener Vorlesungen, zu
organisieren, die ja immerhin enormen Zulauf haben. Das wäre zweifelsohne
etwas, was auf anspruchsvollerer Ebene durchgeführt werden könnte. Und so gibt
es mit Sicherheit einige Vorschläge, auch dezentrale Vorschläge, wo man
strukturiert in einen solchen Dialog mit der Bevölkerung eintreten könnte.
Ich würde es für vernünftig halten, ich diktiere das
jetzt natürlich nicht, ich schlage das jetzt nur vor, dass wir im Rahmen der Europakommission
das Gespräch darüber führen, was wir nun in der Tat hier auch tun können, um zu
einem strukturierteren Dialog mit dem Volk zu kommen, weil das ist ja
wahrscheinlich das größte Problem, das wir dabei haben.
So, meine sehr geehrten Damen und
Herren, ich will Sie nicht überstrapazieren, und mich der allgemeinen
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