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Landtag, 19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 22 von 49

 

Stimmung jetzt schon anheim fallen lassen. Wir werden in den nächsten vier, fünf, acht Wochen – in vier Wochen wahrscheinlich nicht so sehr, aber in den darauf folgenden vier Wochen eine Menge Zeit haben, um uns beim Volk wieder beliebt zu machen, indem wir uns gegenseitig beschimpfen, das mögen Sie ja besonders gern. Ich kenne übrigens keine andere Berufsgruppe, die sich derartig wechselseitig beschimpft, als es die Politiker machen, und dann wundern wir uns alle, warum wir so beliebt sind - das wäre auch einmal in stiller Zeit einer Überlegung wert. Alle werden das ausnützen, das ist ja gar keine Frage. Immer der andere ist der Böse und selber ist man der Gute. Wir machen das, wir werden leben damit. Aber ja, selbstverständlich, ich schließe mich ja gar nicht aus. (Abg Dr Sigrid Pilz: Genau!) Mein Gott, ich schließe mich ja nicht aus, aber legen Sie einmal Ihre Worte so auf die Goldwaage, wie ich es tue, so sind wir auch ein Stück weiter. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ich wollte mich eigentlich zum Abschluss und um einem Koalitionsgerücht, das es jetzt gibt, Vorschub zu leisten, bei den Freunden der Österreichischen Volkspartei sehr herzlich dafür bedanken, dass sie mir am 10. Juli die Gelegenheit gegeben haben, über die europäische Situation zu reden, und um klar zu machen, was meine unveränderte Haltung inhaltlich in der europäischen Frage ist. Ich bedanke mich sehr herzlich, denn was hätte ich denn sonst am 10. Juli getan. Danke schön, dass Sie mich da hereingeholt haben, ich wünsche Ihnen schöne Ferien! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Als nächster Redner am Wort ist Herr StR Herzog. Ich gebe nur bekannt, dass ab jetzt die Redezeit 15 Minuten beträgt.

 

StR Johann Herzog: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin!

 

Der Herr Landeshauptmann hat zuletzt in launigen Worten den kommenden Wahlkampf und die Niederungen desselben kommentiert, er hat aber auch festgestellt, dass eigentlich die wesentliche Aufgabe die Information der Bevölkerung ist. Das ist etwas sehr Wichtiges, aber ich glaube nicht, dass es die Information allein ist, sondern ich glaube auch, es ist die Veränderung, die der EU Not tut. Das ist etwas Wichtiges und Anzustrebendes. Er hat sich auf Lissabon bezogen, die Lage nach der Abstimmung in Irland besprochen und hat festgestellt, dass es Möglichkeiten gibt für ein Arrangement, von dem wir nichts halten, weil es ein Bruch der bestehenden rechtlichen Gegebenheiten der EU ist, sozusagen eine Verfassung biegsam. Der Weg des Europa durch zwei Geschwindigkeiten ist sicher etwas, was man sich erst sehr genau überlegen muss, bevor man den Weg beschreitet.

 

Ich glaube schlicht und einfach, die dritte Variante, die der Bürgermeister genannt hat, dass nämlich die Reform gestorben ist, ist die richtige. Und ich glaube, dass es bei diesem Zustand auch in Zukunft bleiben wird.

 

Meine persönliche Meinung, es muss einen neuen Anlauf zu einer zumutbaren Verfassung geben, die dann nur das Notwendigste an Regelbarem beinhaltet und die verständlich und ausgewogen ist, und die auch von den Bürgern mitgetragen werden kann. Er hat angeführt, dass in der Zwischenzeit Veränderungen in der Tschechischen Republik und in Polen stattfänden, was mir nicht bekannt ist, ich habe nichts davon gelesen. Allerdings glaube ich zumindest, dass in der Tschechischen Republik zuerst einmal ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtes in Tschechien notwendig ist, bevor der Präsident seine Unterschrift unter einen Vertrag geben kann. Ähnliches gilt auch für Deutschland, wo der deutsche Bundespräsident das Erkenntnis des Höchstgerichtes abwartet.

 

Froh bin ich, dass festgestellt wurde, dass die Auffassungsänderung der SPÖ dahin geht, dass selbstverständlich Volksabstimmungen auf einer Basis der Mitgliedsstaaten zu erfolgen haben und nicht europaweit, auch wenn er sich das wünschen würde. Diese Erklärung durch den Landeshauptmann ist richtig, weil wir halten von europaweiten Abstimmungen in punkto Verfassungsänderungen nichts. Es ist durchaus möglich, über einzelne Fragen abzustimmen, aber dort, wo die Verfassung Österreichs und von Mitgliedsstaaten mit beeinflusst ist, abgeändert wird, ist es wohl nicht möglich, dass Polen, Deutsche, Ungarn oder sonst wer über österreichische Verfassungsinhalte abstimmen können. Das können nur die Österreicher selbst, und daher müssen es Abstimmungen in den Mitgliedsstaaten sein. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich nehme auch zur Kenntnis, und es ist ganz wichtig, dass der Landeshauptmann das gesagt hat, Kritik an der EU sei nicht gleichbedeutend mit Europafeindlichkeit. Damit beantwortet sich die Bemerkung der Frau Vassilakou von selbst, EU-Feindlichkeit ist nicht gegeben. Wir wollen durchaus ein Europa haben, aber wir wollen nicht die EU. Wir wollen eine Europäische Union in anderer Form, die föderal aufgebaut ist, eine EU, die wirkliche Subsidiarität anbietet, und wo also die Rechte der Mitgliedsparlamente, also die Parlamente der Mitgliedsstaaten, im Großen und Ganzen gewahrt bleiben, und dass nicht eine EU aufgebaut wird, wo mit EU-Richtlinien eine Zwangsbeglückung der europäischen Völker herbeigeführt wird.

 

Zu Kollegen Oxonitsch nur ganz kurz: Er hat also über die notwendigen und ganz richtigen Notwendigkeiten einer verstärkten Sozialpolitik in Europa gesprochen und hat das wieder betont. Ich habe aber jetzt beim Vorbereiten ein paar Pressedienste aus den Jahren 2005 und 2006 durchgelesen und da haben Gusenbauer, aber auch Cap genau wortgleich dasselbe gesagt, in den Jahren 2005, 2006. Der Herr Oxonitsch erzählt uns das jetzt Mitte 2008. Zwischendurch war die österreichische Regierung mit SPÖ sehr wohl gegeben, und ich frage mich, was da in der Zwischenzeit geschehen ist.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gegenstand der heutigen Debatte ist die Gefährdung des europolitischen Grundkonsenses, wie von der ÖVP vorgeschlagen. Zu dieser Frage eines europapolitischen Grundkonsenses, meine Damen und Herren: Diesen gibt es nicht, den gibt es heute nicht, den hat es gestern nicht

 

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