Landtag,
21. Sitzung vom 02.10.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 47
dass man jetzt hergeht und das Ganze daran misst, ob in diesem Bereich formell ein Valorisierungsgesetz gemacht wird oder nicht. Ich werte das jetzt nicht, führe aber gerne eine Diskussion darüber!
Präsident Heinz Hufnagl: Danke schön.
Die 4. Zusatzfrage kommt von Herrn Abg Dr Tschirf. – Bitte sehr.
Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Herr Landeshauptmann! Seit die SPÖ hier mit
absoluter Mehrheit regiert, sind die Gebühren in Wien um 21 Prozent
gewachsen. Dieser Anstieg liegt also deutlich über der Inflationsrate. Im
Hinblick darauf bedaure ich, dass Sie nicht an eine Aufhebung des
Valorisierungsgesetzes denken. Ich erinnere daran, dass es in der Zeit der
Koalitionsregierung einen Gebührenstopp gegeben hat, das heißt, damals ist noch
eine Einbremsung gelungen.
Ich habe erfreut zur Kenntnis genommen, dass die
Zeiten des Wahlkampfes vorbei sind und man gerade in einer wirtschaftlich
schwierigen Situation wieder seriös mit Fragen des Steuerrechts umgeht. Meine
Frage: Wird von Ihrer Seite die Idee der Mehrwertsteuersenkung, die wirklich
nur unter dem Gesichtspunkt Wahlkampf zu sehen war, jetzt begraben?
Präsident Heinz Hufnagl: Bitte, Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Diese
Fragestellung ist noch ein Nachhall des Wahlkampfes. Aber ich nehme auch das
zur Kenntnis, denn wir alle haben es offensichtlich psychisch ein bisschen
schwer, uns aus dieser Zeit wieder zu lösen.
Wofür ich eintrete, kann ich Ihnen im positiven Sinn
schon formulieren: Ich vertrete natürlich die Auffassung, nachdem keineswegs
gesichert ist beziehungsweise zur Stunde gesagt werden kann, dass die
Inflationsrate in der Tat zurückgeht – dazu gibt es ja sehr
widersprüchliche Aussagen etwa auch des Wirtschaftsforschungsinstitutes und
anderer entsprechender Einrichtungen –, dass wir uns das weiterhin sehr
genau anschauen und die Teuerungsbekämpfung nach wie vor eine Topposition hat.
In diesem Zusammenhang geht es sehr wohl darum, dass man definitive Antworten
gibt und nicht nur sagt, dass man das beobachten und ein Monitoring oder sonst
irgendetwas machen wird.
Im Hinblick darauf bin ich selbstverständlich für ein
ganzes Paket zur – wie ich betonen möchte – Linderung der Problematik
der Teuerung für die Menschen, denn alles werden wir ohnehin nicht lösen
können. Wir können den Erdölpreis nicht bestimmen, und daher können wir
folgerichtig auch die Energiepreise nicht wirklich bestimmen, mit Ausnahme
dessen, dass es natürlich einen gehörigen Polster von Steuern und Abgaben auf
den Endpreis von Heizöl und natürlich auch von Benzin gibt. Das sind allerdings
keine Gemeinde- oder Länderabgaben, um das auch gleich entsprechend
hinzuzufügen.
Wir werden uns mit Sicherheit relativ schwer tun, im
Bereich der Lebensmittel die Inflationsrate zu dämpfen. Ich bin sehr froh
darüber, dass durch den Druck der öffentlichen Diskussion immerhin schon einmal
bewirkt wurde, dass dieser so genannte Österreichaufschlag in den Supermärkten –
wie das WIFO und die Nationalbank berichten – verschwunden ist. Damit ist
im Prinzip auch schon etwas erreicht, denn es war wirklich nicht einzusehen,
wieso der Bauer in Österreich für den Liter Milch weniger bekommt als in
Deutschland, bei uns in den Supermärkten der Liter Milch aber teurer ist als in
Deutschland; und damit meine ich natürlich auch Frischmilch und nicht nur die
H-Milch, denn diese ist im Wesentlichen im Preis ja gleich, weil sie ganz
anders lagerfähig und transportfähig ist.
Ohne mich im Detail zu verlieren: Es geht mit
Sicherheit um ein Paket, das die Armutsbekämpfung zum Thema hat, es geht dabei
aber auch um mehr. Denn die Angst vor der Armut kriecht von den Rändern der
Gesellschaft in den Mittelstand hinein. Wir alle spüren das, und das bekommen
wir auch zu hören, wenn wir mit den Leuten reden. Daher ist es nicht
entscheidend, dass eine Wachteleier-, Kaviar- oder Champagner-Diskussion
geführt wird, sondern es geht darum, wie viel im Einkaufskörberl zu haben, sich
heute ein einfacher Haushalt tatsächlich leisten kann. Es geht darum, inwiefern
die Leute heute bereits schwer darüber nachdenken müssen, was sie sich noch
leisten können, um ihre elementaren Lebensbedürfnisse zu befriedigen.
Das ist der Punkt, um den wir uns kümmern müssen. Mit
diesem Grundverständnis nähere ich mich der Frage an, und daher ist mir ein
diskussionswürdiger Vorschlag wie die Halbierung der Mehrwertsteuer noch
allemal lieber als gar keiner.
Daher sage ich dazu: Ich entscheide das nicht. Die
Mehrwertsteuer ist eine Bundesabgabe. Diese Diskussion ist auf Bundesebene zu
führen, abgesehen davon, dass das Parlament entschieden hat, wie es eben
entschieden hat und dass es in Österreich eine politische Gruppierung gibt, die
offensichtlich mit großer Freude gegen ihr eigenes Volksbegehren stimmt; das
werden sie aber mit sich selbst ausmachen müssen, das ist ihre Angelegenheit,
das können wir da auch nicht diskutieren, denn dafür gibt es hier niemanden und
wird es auch in Zukunft, wenn ich mir das anschaue, niemanden mehr geben.
Ich bin dafür, dass wir uns jetzt nach dieser
Cool-down-Phase ernsthaft damit befassen, was wir abseits der großen Töne des
Wahlkampfes, an dem ich mich auch beteiligt habe, tun können. Ich bin ja auch
ein Kind der societas politica, und ich habe mich, wenngleich nicht immer in
der unterstellten Form, natürlich auch daran beteiligt. Ein Kind von
Traurigkeit bin ich auch da nicht.
Ich meine, wie gesagt, dass man sich zweifellos nach
der Cool-down-Phase ernsthaft mit dieser Frage beschäftigen muss, wie sich die
Leute mit schwachen Einkommensverhältnissen das Leben tatsächlich leisten
können. Das wird der Punkt sein, und dazu werden wir unsere Beiträge liefern,
wie wir es auch in der Vergangenheit getan haben.
Präsident Heinz Hufnagl: Danke, Herr
Landeshauptmann. Die Fragestunde ist damit beendet.
Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular