Landtag,
25. Sitzung vom 27.03.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 32
haben, zeigen Sie ja dadurch, dass Sie jetzt vom
größten Mittelstandsförderungspaket sprechen. - Es ist kein Förderungspaket
jetzt, sondern es war ein jahrzehntelanges Belastungspaket, meine Damen und
Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Genau diejenigen, die die Steuern zahlen, die Sie am
liebsten verteilen wollen, haben zum Dank dafür die höchsten Tarife zahlen
müssen. Das haben Ihnen der Rechnungshof und alle anderen Institutionen x-mal
vorgerechnet. Wenn Sie dann mit dem Argument kommen, dass Wien eine
großstädtische Struktur hat und dass die Wiener Kindergärten länger offen
haben, ist das natürlich richtig, aber dafür bekommt ja Wien aus dem
Finanzausgleich, aus dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel auch
überproportional viel Geld. Man kann eine kleine Landgemeinde nicht mit einer
Großstadt vergleichen. Sie bekommen genug Geld aus dem Bundestopf, nur: Sie
leiten es nicht dorthin, wo es ankommen soll, nämlich bei den Bürgerinnen und
Bürgern, sondern es versickert in Ihrem großen Apparat, weil Sie Ihre Macht ja
nur mehr auf dem eigenen Apparat aufbauen. So schaut es nämlich aus in Wien! (Beifall
bei der ÖVP.)
Wir vermissen bis jetzt ein Konzept, wie und unter
welchen Vorraussetzungen dieser Gratiskindergarten umzusetzen ist. Erwarten
hätte man sich schon können, dass Sie sich vor Ankündigung mit den anderen Trägern zusammensetzen. Sie
machen es so wie bei Ihrer Campusschule: Sie stellen die Campusschule hin, und
hinterher macht man dann ein pädagogisches Konzept und schafft die rechtlichen
Vorraussetzungen. Wichtig ist das Inserat, mit dem man sich den Boulevard
einkauft und mit dem man in schlechten Zeiten wieder Aufträge vergeben kann,
und hinterher muss man dann die Konzepte liefern. Und man kommt drauf, dass Sie
gar kein Konzept haben, denn das Problem, das Sie jahrzehntelang geleugnet
haben, glaubt man, mit einem Brief des Herrn Bürgermeisters lösen zu können. (Beifall
bei der ÖVP.)
Und so machen Sie jetzt aus den privaten Trägern, die
50 Prozent der Plätze zur Verfügung stellen und die Sie notwendig
brauchen, damit Sie überhaupt das Angebot aufrechterhalten können, Bittsteller,
die jetzt bitten und betteln können, ob sie auch in den Genuss der Förderungen
kommen. Dass die Kostenstruktur von städtischen Einrichtungen, wo ja viel
Steuergeld hineinfließt, eine andere ist als bei einem Privaten, ist ja ganz
klar. Und trotzdem: Entlasten Sie die Privaten?
Wir treten dafür ein, dass die Vielfalt der Betreuung
aufrechterhalten wird. Wir wollen weder im Kindergarten noch im schulischen
Bereich eine Verstaatlichung der Kindererziehung, und wir wollen nicht, dass
die Zivilgesellschaft zum Bittsteller der feudalen Rathausbürokratie wird. (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Meilenstein ja, aber die
Umsetzung werden wir uns ganz genau anschauen, und ich bin mir sicher, dass das
auch die Wiener Wählerinnen und Wähler tun werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg Mag Straubinger. Ich erteile ihr das
Wort.
Abg Mag Sybille Straubinger (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich bin immer wieder überrascht: Es gibt einen
Meilenstein in der Bildungspolitik, einen Meilenstein in der Familienpolitik in
dieser Stadt - und es fällt Ihnen nichts anderes ein, als dabei die Probleme zu
sehen und Negatives zu sehen und dort Probleme zu machen, wo überhaupt keine
sind. Ich kann in diesen fünf Minuten jetzt gar nicht auf alles eingehen, was
hier gesagt worden ist und was in vielen anderen Debatten auch schon zum Thema
Kindergartensituation in Wien thematisiert wurde, aber ein paar Dinge muss man
schon klären.
Kollegin Smolik sagt, das wurde ganz bewusst im
Februar, nachdem sozusagen die Anmeldefrist für den Kindergarten vorbei ist,
verkündet, und man hat damit jene Menschen ausgeschlossen, die sich auf Grund
des Kostenbeitrags nicht angemeldet haben. - Da möchte ich dir, Kollegin
Smolik, schon sagen, und du weißt das selbst ganz genau: Es gab bisher auch
schon eine soziale Staffelung. Das heißt, jene Menschen, die sozial schwach
waren, haben auch bisher schon nichts bezahlt. Das kann also kein Grund gewesen
sein, sich nicht für den Kindergarten anzumelden.
Das Zweite betrifft das Erfassen der Anwesenheit:
Natürlich, wenn die Stadt Geld überweist, an die städtischen Einrichtungen,
aber auch an private Träger, dann muss natürlich auch gewährleistet sein, dass
die Kinder dort hingehen, dass dort nicht ein Kind eingeschrieben ist und den
Platz einem anderen Kind wegnimmt, das ihn vielleicht dringender braucht. - Das
zu handlen ist wirklich keine Schwierigkeit. (Abg Mag Wolfgang Jung: Ich
hab' geglaubt, „alle Kinder"? – Ruf bei der ÖVP: Warum kann es einen Platz
wegnehmen, wenn es „alle Kinder" sind?)
Frau Kollegin Riha hat gemeint, es gibt den
Gratiskindergarten für Kinder von null bis sechs Jahren in Oberösterreich. Dann
würde ich Ihnen empfehlen, Frau Kollegin Riha: Schauen Sie einmal auf die
Städtebund-Seite! Dort finden Sie eine ganz genaue Auflistung, die einen
Überblick über die Kindergartensituation, auch in Bezug auf den
Gratiskindergarten, in ganz Österreich verschafft, und dort werden Sie auch
schwarz auf weiß finden, dass Oberösterreich beschlossen hat, ab Herbst einen
Gratiskindergarten für Kinder von drei bis sechs Jahren einzuführen. Und die
Situation bei den Kinderkrippen sieht in Oberösterreich so aus, dass dort
5,5 Prozent aller Kinder zwischen null und drei Jahren einen Krippenplatz
haben. Nur zum Vergleich: In Wien sind es 22 Prozent, die einen
Krippenplatz haben und in die Kinderkrippe gehen.
Jetzt habe ich mir kurz gedacht: Was war das
Stichwort des Herrn StR Ellensohn? – Arbeitslosigkeit. Er hat gemeint, wenn
Menschen arbeitslos werden, dann haben sie kein Recht auf einen
Gratiskindergartenplatz.
Das stimmt nicht. Ich möchte
wissen, wo du das gelesen hast. Ich möchte das wirklich sehen, weil das gibt es
einfach nicht. Arbeitslosigkeit ist ein Kriterium, das mit
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