Landtag,
28. Sitzung vom 26.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 76
anerkennen: das, was wir wollten, ist nicht. Aber wir werden sehen, was
wir haben, und das Beste daraus machen, weil es einfach mein Ziel ist, dass die
Menschen, die sich lieben und die sich für so einen Weg entscheiden, einen
würdevollen und feierlichen Zugang haben und die Möglichkeit haben, da auch
etwas Schönes daraus zu machen.
Ich sage auf Wienerisch: „Wir werden's denen Leit'n scheen
machen." - im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten. (Beifall bei der
SPÖ.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. - Die nächste und
letzte Zusatzfrage stellt Herr Abg Schreuder. - Ich bitte darum.
Abg Marco Schreuder (Grüner Klub im Rathaus): Wir
haben ja das Beispiel Deutschland, das sehr ähnlich vorgegangen ist wie jetzt
Österreich. Die Bundesregierung ist ja eigentlich den kompliziertesten Weg
gegangen, wenn es um Gleichstellung geht. Und zwar müssen alle Paragraphen und
Gesetze aufgelistet werden, in denen gleichgestellt wird - und die Paragraphen,
die entweder unabsichtlich vergessen worden sind oder auch absichtlich
vergessen worden sind, die sind nicht gleichgestellt. Das hat dann zur absurden
Situation geführt, dass zum Beispiel Jahre nach Einführung der
Lebenspartnerschaft das Fahrschulgesetz in Deutschland geändert werden muss,
und solche Dinge.
Ähnlich wie bei uns gibt es auch in Deutschland eine zentrale Struktur
und Ländergesetze. Jetzt gibt es ja zwei Wege gleichzustellen: Entweder man
macht ein eigenes Gesetz, in dem man ein für alle Mal in einer Generalklausel
festhält, überall dort, wo „Ehe" vorkommt, gilt es auch für
Lebenspartnerschaften oder eingetragene Partnerschaften - oder aber man ändert
wirklich jedes einzelne Gesetz und kann natürlich auch eines vergessen.
Wie möchte das Land Wien da vorgehen?
Präsident Prof Harry Kopietz: Frau Stadträtin,
bitte.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Der Weg, der gewählt
wurde, war ein Kompromiss, ein politischer Kompromiss, und ich glaube,
sämtliche NGOs haben sich ja auch schon im Vorfeld zur Beschlussfassung dazu
geäußert, dass der Weg einer ist, der viele Kritikpunkte aufweist, dass der Weg
einer ist, wo wir wahrscheinlich davon ausgehen müssen, dass wir noch Wochen
und Monate, vielleicht Jahre später draufkommen: Hoppla, da haben wir etwas
übersehen! - Dann muss man das halt noch nachholen.
Aber es war dann im Endeffekt die Entscheidung: Nehmen wir diesen
Schritt, diesen nicht kleinen Schritt in Richtung Gleichstellung, oder nehmen
wir ihn nicht? Hätten wir ihn nicht genommen, dann hätte es gar nichts gegeben.
Wie es eben immer ist in politischen Aushandlungsprozessen, war das dann
letztendlich die Entscheidung, die zu treffen war. Und dann haben sich die
meisten Organisationen auch für diesen Weg ausgesprochen, und ich glaube, das
ist auch gut so.
Dass jetzt natürlich schon in der Umsetzung, und noch bevor die
Beschlussfassung erfolgt ist, die einen und die anderen dort und da noch auf
etwas draufkommen, das zeigt ja nichts anderes als das, was ich zu Beginn
gesagt habe: Es ist ein Schritt, aber es ist noch nicht die tatsächliche
Gleichstellung, und es wird noch einige Baustellen geben, einige Hindernisse
geben und einige Entdeckungen geben, wo es die Gleichstellung nicht gibt und wo
man weiter dafür kämpfen muss, dass diese Gleichstellung auch tatsächlich
erfolgt.
Der Weg ist nun einmal gewählt, und ich bin hier nicht diejenige, die
diesen Weg zu verteidigen hat, sondern ich bin diejenige, die mit dieser
Entscheidung jetzt arbeitet und die im Großen und Ganzen sagt: Ja, es ist ein
weiterer Schritt in Richtung Gleichstellung von Lesben und Schwulen in dieser
Stadt, und die Stadt hat eine Aufgabe zu übernehmen und hat eine Verantwortung
in der Durchführung und in der Organisation, und diese werden wir mit großem
Respekt und mit würdevollen und feierlichen Wegen finden.
Was die Gesetzesmaterien betrifft, gehen wir jetzt schon daran, alles
durchzuarbeiten, weil uns das immer wichtig war. Das eine ist sozusagen der
Bauch und die Emotion - ganz, ganz wichtig, ich habe gesagt, das war mein Herzenswunsch
-, aber das andere ist die tatsächliche rechtliche Gleichstellung. Und das ist
ein langer Kampf in der Geschichte der Bewegung, und diesen, denke ich mir,
können wir nicht abschließen, aber wir können einen großen Schritt weiter
machen. Und das ist gut so.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Frau
Stadträtin, für Ihre Beantwortungen.
Wir kommen damit zur 3. Anfrage (FSP - 04843-2009/0001 - KVP/LM),
die von Herrn Abg Dr Matthias Tschirf gestellt wurde und an den Herrn Landeshauptmann
gerichtet ist. (Das Thema Europa bzw die Bedeutung und Rolle der Europäischen
Union wird immer wichtiger - auch für unsere Heimatstadt sowie die politischen
Gremien Wiens. Werden Sie sich für eine Reform der Wiener Stadtverfassung bzw
der anderen einschlägigen rechtlichen Grundlagen einsetzen, derzufolge die
österreichischen Abgeordneten des Europäischen Parlaments ein Rederecht im
Wiener Gemeinderat und Wiener Landtag erhalten?)
Bitte, Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr
Klubobmann!
Ohne jetzt lange irgendwelche Rechtsgeschichten
herumzuerzählen - die wir ohnedies wechselseitig, glaube ich, nicht so
wahnsinnig spannend finden -: Ich halte dies an sich für einen vernünftigen
Vorschlag. Nur wird es uns wenig helfen, wenn wir etwa den steirischen Weg
gehen oder zu einer Single-Lösung ausschließlich für Wien kommen. Ich biete
gerne an, dass wir durchaus auch gemeinsam Initiativen in Richtung des Bundes
setzen, dass die österreichischen EU-Abgeordneten einmal ein Rederecht im
Nationalrat und im Bundesrat bekommen - denn das gibt es zur Stunde auch nicht
-, und dass wir dann durchaus auch hergehen und im Landtag - denn dies ist ja
die vergleichbare Ebene - auch dieses Rederecht für österreichische Abgeordnete
im Europäischen Parlament einräumen. Ich glaube, es wäre
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