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Landtag, 28. Sitzung vom 26.11.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 76

 

Präsidentin Marianne Klicka: Danke, Frau Abgeordnete! Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Schreuder. Ich erteile es ihm.

 

Abg Marco Schreuder (Grüner Klub im Rathaus): Danke Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Wenn ich an die Sophiensäle denke, dann überkommt mich mitunter auch eine sehr persönliche Wehmut, weil ich nur wenige Wochen vor dem Brand der Sophiensäle, soweit ich mich erinnere, beim Tanztheaterprojekt dort auf der Bühne stehen durfte. Raimund Hoghe hatte mich gebeten, dort mit zu performen, was ich ja gerne gemacht habe. Dementsprechend geschockt war ich damals natürlich, als die Sophiensäle abbrannten. Und vor wenigen Wochen, kann ich mich erinnern, habe ich mir die Tonaufnahme vom „Ring der Nibelungen“ von Richard Wagner angehört, die Aufnahme von Georg Solti. Und wenn ich richtig informiert bin, wurden diese Aufnahmen in den Sophiensälen gemacht wie so viele klassische aber nicht nur klassische, aber sehr viele klassische Musikaufnahmen auch, weil die Sophiensäle über eine ausgesprochen gute Akustik verfügt haben, die sich für CD- und damals noch Langspielplattenaufnahmen besonders gut eigneten.

 

Vor einem Jahr erreichte uns ein Hilferuf vieler Musikschaffender, unter anderem auch von Christian Kolonovits, es gäbe für Orchesteraufnahmen in dieser Stadt kaum noch Platz, kaum noch Raum und wenig Möglichkeiten, Musik aufzunehmen. Das gilt nicht nur für üppigere Popaufnahmen mit Orchester, das gilt nicht nur für klassische Aufnahmen, das gilt auch insbesondere für Filmmusik. Gerade Filmmusikaufnahmen auch österreichischer Filme müssen in andere Städte, in andere Orte ausweichen, weil es in Wien nicht die Möglichkeit gibt, diese Aufnahmen zu machen. So spannend natürlich auch eine Öffentlichkeit und ZuschauerInnen sind, muss man nur immer bedenken, dass es auch eine kulturelle Nutzung ohne Zuschauer und Zuschauerinnen gibt. Das sind zum Beispiel Aufnahmen, Aufnahmen mit Qualität, Aufnahmen mit guter Akustik und die Sophiensäle waren so ein Ort, wo diese möglich waren.

 

Der Umgang mit den Sophiensälen ist daher ein sehr bedauerlicher, ein sehr trauriger und kein Ruhmesblatt dieser Kommunalpolitik und wir werden hoffen. (Abg Karlheinz Hora: Der Kommunalpolitik? Wieso der Kommunalpolitik?) Na ja, die Sophiensäle liegen in Wien im 3. Bezirk und von daher ist es eine Wiener Frage, Herr Kollege. Und wenn Sie glauben, dass es keine kommunalpolitische Frage ist, dann weiß ich nicht, was Ihr Verständnis von Wien ist! Das tut mir leid. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Die Kollegin Frank hat übrigens vollkommen recht, indem sie auch andere Beispiele genannt hat. Die Werkbundsiedlung ist wirklich ein sehr, sehr trauriger Fall, wo wirklich der Aufbruch in die Moderne in Wien nachvollziehbar ist. Im Übrigen und das ist ja die große Herausforderung an historische Stätten in Wien: Wie schafft man es, Modernität und Klassisches, wie schafft man es, Historisches und das baukulturelle Juwel des 21. Jahrhunderts heute zu schaffen? Wie kann man das kombinieren? Das ist eine der größten Herausforderungen, selbstverständlich. Und ja, manchmal muss man sich auch vom Alten trennen, um Neues zu schaffen. Die GRÜNEN sind auch eindeutig für Modernität, für mutige Schritte. Die Kandelaber am Naschmarkt, die tun mir persönlich auch sehr weh. Ich weiß nicht, ob Sie sie je gesehen haben: Schauen Sie sich einmal wirklich aufmerksam gerade vor dem Majolikahaus von Otto Wagner beispielsweise die Jugendstilkandelaber an mit diesen wunderbaren floralen Motiven um die Jahrhundertwende. Wenn diese verschwinden, geht eindeutig ein Juwel dieser Stadt verloren. Aber es gibt natürlich noch viele zahlreiche Beispiele, die beweisen, dass mit der Kultur, mit dem kulturellen Erbe nicht besonders sorgfältig umgegangen wird.

 

Meine Kollegin Lachkovics hat mich darauf aufmerksam gemacht, dankenswerterweise: Auch im 3. Bezirk gibt es ein zweites Beispiel, das ist der so genannte Schubert-Turm. Schubert hat dort in diesem Turm gearbeitet und gelebt und dort soll jetzt ein nettes Bauprojekt für hübsche Wohnungen entstehen. Die Grünanlage soll zwar erhalten bleiben, aber nicht für die Öffentlichkeit, sondern für die teuren Wohnungen, die dort errichtet werden. Ein so wertvoller Ort geht der Öffentlichkeit leider verloren.

 

Ein anderes Beispiel, und ich komme immer wieder darauf zurück und ich werde keine Ruhe geben, solange das nicht geklärt ist, sind natürlich die jüdischen Friedhöfe in Wien. Ich möchte einmal die Aufmerksamkeit, weil wir so oft über den jüdischen Friedhof Währing reden, der zu Recht eines der größten Kulturjuwelen dieser Stadt ist, die wir haben, aber auch die Seegasse ist ein solches Kulturjuwel. 1669, als es klar war, dass diese Stadt die Juden vertreiben wird, haben die Gebrüder Fränkel für die jüdische Gemeinde eine unglaubliche Summe von 4 000 Gulden organisiert und mit der Stadt Wien einen Vertrag gemacht, dass sie sich um die Pflege und Erhaltung dieses Friedhofs bemühen muss, weil das aus religiösen Gründen sehr wichtig ist, dass die Friedhöfe erhalten bleiben und dieser Vertrag ...

 

Präsidentin Marianne Klicka (unterbrechend): Herr Abgeordneter, ich darf Sie ersuchen, zum Schluss zu kommen.

 

Abg Marco Schreuder (fortsetzend): ... gilt bis heute und es ist an der Zeit, dass dieser Vertrag auch erfüllt wird. Das kulturelle Erbe ist nicht etwas Vernachlässigwertiges. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Wolf. Ich erteile es ihm.

 

Abg Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

In der Tat sind die Sophiensäle in ihrem derzeitigen Zustand ein Schandfleck für diese Stadt. Man wird nicht mit nostalgischen Erinnerungen an die eigene Balljugend dem Problem gerecht und auch nicht mit dem Hinweis, dass dort Bälle abgehalten wurden. Man wird auch nicht mit der Aufzählung von Schwierigkeiten, die vorhanden

 

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