Landtag,
28. Sitzung vom 26.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 76
soziale oder kulturelle Gegebenheiten; Achtung eines
hohen Niveaus in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit,
Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte.
Die Bestimmungen der Verträge berühren in keiner Weise die
Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten, nichtwirtschaftliche Dienste von
allgemeinem Interesse zu erbringen, in Auftrag zu geben und zu organisieren.
Diese positiven Grundaussagen werden allerdings durch Art 14 des
Reformvertrages abgeschwächt. Darin wird der EU eine bis dahin nicht bestehende
Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Daseinsvorsorge übertragen. Dies birgt
die Gefahr, dass die Entscheidungs- und Organisationshoheit der Kommunen eingeschränkt
wird. Wir müssen daher sehr wachsam sein, dass diese Kompetenz im Sinne der
Länder, Städte und Gemeinden ausgelegt wird und dem Subsidiaritätsprinzip
Rechnung trägt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, ich bestreite in keiner
Weise, dass meinem Herzen das Ergebnis des EU-Konvents näher gestanden wäre.
Eine stärkere inhaltliche und organisatorische Klarheit hätte auch ein
stärkeres Europa in der Welt bedeutet. Aber auch wenn der Vertrag von Lissabon
eine Kompromisslösung darstellt und nicht sämtliche Forderungen der Regionen
und Gemeinden erfüllt wurden, so ist er dennoch ein wichtiger Schritt zur
Stärkung kommunaler und regionaler Rechte in der europäischen Integration.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns diesen Lissaboner Vertrag mit
Leben erfüllen und ihn in unserem Sinne auch entsprechend nutzen! – Ich danke
Ihnen. (Beifall bei der SPÖ und von
Abgeordneten der GRÜNEN.)
Präsidentin Marianne Klicka:
Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für seine Mitteilung.
Die Geschäftsordnung bestimmt, dass bei der
nun folgenden Besprechung kein Redner öfter als zweimal und mehr als insgesamt
20 Minuten sprechen darf. Ausgenommen von dieser Beschränkung sind der
Landeshauptmann und die zuständigen Mitglieder der Landesregierung. Deren
Redezeit ist pro Wortmeldung mit 20 Minuten beschränkt.
Zur Besprechung der Mitteilung erteile ich
Herrn Abg Mag Jung das Wort.
Abg Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Frau Präsidentin! Herr Landeshauptmann! Meine Damen und
Herren!
Alle Jahre wieder kommt das Christuskind, und alle Jahre wieder haben
wir eine Europaerklärung des Herrn Bürgermeisters, die von Jahr zu Jahr kürzer
ausfällt. Ich habe ja Mühe gehabt, überhaupt zu merken, was die Erklärung ist.
Ich habe geglaubt, es wäre erst die Einleitung, Herr Bürgermeister, und da
haben Sie uns schon alles gesagt gehabt, was Sie glauben, zu dem Thema sagen zu
müssen.
Und das kennzeichnet offenkundig die Haltung der SPÖ in Wien. Denn wir
haben ja noch immer keinen Europaausschuss, obwohl uns der vom Herrn
Bürgermeister ja heftig versprochen wurde, auf der anderen Seite tagt die
Kommission auch nur alle heiligen Zeiten alle Jahre wieder. Das ist es, was in
Wirklichkeit in der Wiener SPÖ Europa ausmacht. – Der Herr Lindenmayr hat zwar
einen sehr schönen Rücken (Abg Siegi
Lindenmayr steht vor Lhptm Dr Michael Häupl und spricht mit ihm.), aber ich
hätte schon gerne den Herrn Bürgermeister angeschaut, wenn ich über seine Rede
spreche. Muss aber nicht sein.
Wir haben gerade den großen Jubel über den Vertrag von Lissabon gehört,
und wir haben den großen Jubel über die neuen Gesichter in Europa gehört, die
in Wirklichkeit No-Names sind. Wenn wir ehrlich sind, auch die
Politikinteressierten haben die Namen wahrscheinlich kaum – der eine oder
andere höchstens einmal hier herinnen – gehört, geschweige denn irgendwo im
Kopf gehabt.
Der Herr Bürgermeister hat großartig gesprochen von der einen Stimme,
die Europa jetzt plötzlich hat, und der einen Telefonnummer. Wenn ich mir die
britische Kurzzeitkommissarin, die jetzt die Stimme Europas darstellt,
vorstelle und die Europapolitik der Briten in Afghanistan nehme und die
Außenpolitik der Österreicher auf dem Sektor, dann wird es recht schwierig
sein, hier eine Stimme Europas zu finden. Hier ist gar nichts geschehen. Hier wurde
ein Alibi produziert.
Wenn wir den großen neuen europäischen Chef nehmen: Wer hat ihn gekannt
außer den Belgiern? Und seine tolle Leistung auf dem Sektor war die, dass er es
geschafft hat, eineinhalb Jahre lang Belgien ohne Regierungskrise durchzusteuern.
Das war alles. Also der große Wurf ist da nicht sehr weit gegangen.
Der Herr Bürgermeister spricht von der Stärkung der Parlamente und
Regionen. Wir könnten – ich habe es ja schon gesagt – hier herinnen die Stimme
Europas etwas stärken, indem wir einen Ausschuss statt der Kommission bekommen
und uns wirklich intensiv über diese Thematik unterhalten, denn sie wird uns –
da hat der Herr Bürgermeister recht – in Zukunft gezwungenermaßen öfter
beschäftigen, weil ja mehr Dokumente hereinkommen werden, zu denen wir Stellung
nehmen sollen.
Und weil ich schon bei den Dokumenten bin, zu denen wir Stellung nehmen
sollen zu unseren europäischen Bereichen: Ich höre, es gibt da den Entwurf
eines Bundesgesetzes zur Umsetzung von Lissabon, der angeblich auch zur
Begutachtung bei der Stadt Wien war. Im Zuge einer guten Demokratie wäre es
nicht schlecht gewesen, auch die Opposition mit diesem Gesetzesentwurf zu
beteilen, damit auch wir uns Gedanken dazu hätten machen können. Angeblich gibt
es ja die Stellungnahme des Landes dazu.
Weiters zum Mitbestimmen der Entscheidungen: In
Wirklichkeit hat sich nichts verändert, gar nichts! Sie glauben doch nicht,
dass wir, weil wir einen Abgeordneten mehr in diesem über 700 Abgeordnete
zählenden Parlament haben, mehr an Gewicht in Europa erlangt haben. Und Sie
glauben auch nicht wirklich, dass das österreichische Parlament österreichische
Interessen durchsetzen kann in diesem Bereich. Wir werden es bald erleben. Wir
werden es erleben, wenn die überschweren
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