Landtag,
28. Sitzung vom 26.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 26 von 76
hier bei uns durchgeführt werden. Das ist nicht nur eine Frage der
Kapazität, die uns dann betreffen wird, sondern auch eine Frage der Kosten.
Denn nach der gegenwärtigen Regelung bekommen wir nur die Kosten in diesen
Ländern ersetzt. Eine Herz-Lungen-Operation, so sie in Polen durchgeführt wird,
kostet wahrscheinlich um einiges weniger als bei uns in Österreich. Das wird
unsere ohnehin nicht gerade in einer einfachen Situation befindlichen
Krankenkassen in große Probleme bringen. Darüber wird aber zunächst einmal
Stillschweigen gebreitet, man wird erst darüber reden, wenn der Hut brennt, wie
es in Österreich üblich ist.
Ein anderer Fall, an dem wir heuer hoffentlich noch gut vorbeikommen –
wir waren aber voriges Jahr nahe daran –, ist die Gaskrise. Die Ukraine, die
ohnehin nur mit europäischem Geld mühsam über Wasser gehalten wird, war wieder
in Schwierigkeiten. Wenn eine solche Situation eintreten sollte, hat die
Kommission schon ausdrücklich gesagt, dann wird eben die europäische
Solidarität zum Tragen kommen.
Was heißt das? – Das heißt, dass wir und die Staaten, die Vorsorge
getroffen haben, die Vorräte haben, abgeben werden. „Spare in der Zeit, so hast
du in der Not!", hat meine Großmutter gesagt. Wir haben gespart, wir haben
Vorräte angelegt – das war nicht billig, das war nicht umsonst, das haben alle
Konsumenten in Österreich mitgezahlt –, und diejenigen, die es nicht getan
haben, die halten dann die Hand auf. Das Ganze nennt sich dann „europäische
Solidarität".
Nochmals zum EuGH. Ich habe schon auf seine ausufernde Rechtsprechung
Bezug genommen und die Gewohnheiten, die auch von Juristen bereits massiv
kritisiert wurden, und zwar von namhaften Verfassungsjuristen nicht nur in Österreich,
sondern auch in anderen Ländern, weil der EuGH weit über das, was den – nennen
wir es so – Rechtsbestand der Kommission darstellt, hinausgeht, um extensiv
auszulegen und damit nicht rechtsprechend, sondern rechtschaffend wirksam zu
werden. Nicht zufällig sagt zum Beispiel anlässlich des jetzigen
Kruzifix-Urteils Karl Zemanek – das ist der Doyen des österreichischen
Völkerrechts –, das Kruzifix-Urteil ist ein Blödsinn, und kritisiert auch ganz
massiv und eingehend die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs.
Die Problematik ist die, dass hier über nationale Traditionen,
Rechtstraditionen, aber nicht nur Traditionen, sondern auch über Verträge von
Brüssel einfach hinweggegangen wird. Ich bin kein Verteidiger des Vatikan, aber
wir haben einen Lateranvertrag, wir haben genaue Verträge, zum Beispiel, was
Kruzifixe in Österreich betrifft – wir sind ja noch nicht unmittelbar
betroffen, aber es könnte genauso uns betreffen, wenn eine Klage eingereicht
wird; ich will es nur als Beispiel nennen –, und da wird drübergefahren. Unser
Vertrag wird einseitig gekündigt. Nicht mehr pacta sunt servanda gilt, hier
wird der andere Vertragspartner gar nicht mehr gefragt. Brüssel verordnet – und
aus!
Die Problematik ist ja die, dass mit solchen Gesetzen vor allem nicht
nur in die Rechtsprechung eingegriffen wird, sondern dass über extensive
Auslegungen vermeintlicher Rechte – auch darüber kann man streiten – auch in
die Tradition, in die Geschichte und in die Kultur der einzelnen Länder
eingegriffen wird, und zwar sehr selbstherrlich eingegriffen wird.
Abschließend noch einmal auch zu den Worten des Herrn Bürgermeisters –
er hat es nicht mit Namen genannt, aber er hat zumindest am Rand darauf
angespielt – zu Lissabon. Ich habe hier einiges vermisst, Herr Bürgermeister.
Es war kein Wort zu hören – Sie haben den Namen nicht genannt – zum Kniefall
vor dem Präsidenten der Tschechei, vor Vaclav Klaus, der sich hier nicht als
Einziger Sonderrechte erstritten hat. Doch auch das ist umstritten, weil diese
Regelung eigentlich noch nicht wirklich irgendwo formuliert und auch noch nicht
irgendwo wirklich vertraglich fixiert ist. Was ist das für eine Europäische
Union, in der wir dauernd anerkennen müssen, dass sich andere Sonderrechte
herausholen und wir dann die Finanzierer von allem Möglichen sind, genau
meistens bei diesen Staaten, und wir diejenigen sind, die immer nachgeben
müssen und immer zurückgestellt werden?
Und vor allem: Dieses neue Europa sollte doch ein Europa des gleichen
Rechts sein. Wenn heute Ansprüche zu Recht und richtigerweise anerkannt werden,
dass Vermögen an die Überlebenden der Judenverfolgung beispielsweise und deren
Angehörige zurückerstattet werden, auch großzügig zurückerstattet werden, dann
kann es doch nicht sein, dass für die vertriebenen und ermordeten
Volksdeutschen und ihre Nachkommen eine andere rechtliche Regelung gilt, wenn
diese ohne individuelle Schuld vertrieben oder ermordet wurden. Das kann nicht
sein, und es ist schlichtweg nicht anständig von unserer Regierung und von uns,
dazu immer zu schweigen, wenn hier eine doppelte Moral angelegt wird. (Beifall
bei der FPÖ.)
Ein Wort des Herrn Bürgermeisters dazu wäre, glaube ich, angebracht
gewesen, aber Mut kann man nicht kaufen. Das überlässt man lieber den
Vertriebenensprechern der Parteien, die sich dann in höchsten bei den
Hauptversammlungen der jeweiligen Verbände positiv äußern, auch die der SPÖ.
Zusammenfassend: Lissabon wird uns nicht mehr Demokratie in der Praxis
bringen, Lissabon wird uns weniger Demokratie bringen. Lissabon wird die Rechte
Österreichs nicht stärken, sondern schränkt die Rechte Österreichs ein, vor
allem mit der geringeren Möglichkeit von Vetos.
Langfristig bin ich aber überzeugt davon, dass diese
Politik der Union zu einem massiven Widerstand in der Bevölkerung führen wird,
der, so hoffe ich, dann auch die Union, allerdings mit Problemen, mit Kosten
und Schwierigkeiten, auf eine vernünftigere Bahn zurückzwingen wird.
Gegenwärtig ist nämlich Brüssel und diese Kommission geradezu unterwürfig
gegenüber vor allem US-Wünschen beim Datenschutz, bei Banken, in der
Handelsliberalisierung und im Umweltschutz. Auch im sicherheitspolitischen
Bereich arbeiten breite und einflussreiche Kreise der Union hin auf eine mehr
oder weniger
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