Landtag,
28. Sitzung vom 26.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 76
Globalisierung, Finanz- und
Wirtschaftskrise, Menschenrechte, Energie, Umwelt zu lösen, ist unmöglich. Das
klingt ganz banal, ist aber in Wirklichkeit das ideelle Dach, unter dem sich
Europa vereint und das die große Zielsetzung sein muss, auch für Österreich.
Der Abg Tschirf hat natürlich vollkommen
recht, wenn er gesagt hat, dass die Wirtschaftskrise im Gegensatz zu den 20er
Jahren weitgehend abgefedert werden konnte, denn es gibt natürlich ausreichend
wirtschaftswissenschaftlich fundierte Studien, die beweisen, dass gerade die
einzelstaatlichen Politiken der 20er Jahre dazu geführt haben, dass die
Talfahrt sich immer weiter beschleunigt hat. Also auch das eine große
Leitlinie, ein großes Dach, unter dem sich schon jetzt konkret etwas abgespielt
hat. Dazu kann man sich, finde ich, nur bekennen und ich bin froh, dass eine
breite Mehrheit dieses Hauses das auch tut, wenn es auch eine skurrile
Minderheit gibt, die aus Europa austreten will, wo nie dazu gesagt wird, wohin
man dann treten soll. Aber aus dieser Ecke kommen ja immer die absurdesten
Vorschläge.
Ich will aber weiterhin bei den großen
Linien bleiben, denn natürlich kann man jetzt in tausend Details gehen und
sagen, was könnte alles passieren, wenn und was sollte nicht alles geregelt
werden. Ja, aber es gibt ja da einen stufenweisen Aufbau und jetzt ist einmal
die Zielsetzung da und wird in Kraft treten. Nach einer Zielsetzung gibt es
eine Planung, dann gibt es eine Umsetzung und dann kommt eine Organisation.
Also ein gewisses stufenweises Vorgehen ist natürlich absolut notwendig. Daher
ist es jetzt sicher verfrüht, sich über das Wahlalter für europäische
Bürgerbeteiligung zu unterhalten. Das wird dann sicher wichtig sein, wenn man
eine generelle Organisation hat. Aber all das kann natürlich nicht im ersten
Schritt gemacht werden. (Aufregung bei Abg Marco
Schreuder.) Das halte ich für eine absolut undurchführbare
Angelegenheit.
Also es ist jedenfalls als positiv zu
erwähnen und das wurde auch schon getan, die ausdrückliche Anerkennung in
diesem Vertrag der lokalen und regionalen Selbstverwaltung. Das ist für Wien
einmal ganz wichtig und auch eine der großen Linien. Und dass die Kommunen
einbezogen werden in die Subsidiaritätsprüfung ist auch keine
Selbstverständlichkeit gewesen. Auch da hat es lange Diskussionen gegeben. Dass
die EU dann nur nach diesem Vertrag tätig werden kann, wenn das Ziel auf den
unteren Ebenen nicht besser erreicht werden kann, dann ist das auch, glaube
ich, ein wichtiger Schritt und ebenfalls eine große Linie.
Tatsache ist ebenfalls, dass der freie
Wettbewerb an sich kein Ziel mehr ist, also nicht mehr das allein wichtigste
Ziel, sondern dass auch soziale Werte in den Vertrag eingegangen sind. Auch das
war keine Selbstverständlichkeit, auch da hat es vieler Verhandlungen bedurft
und dass die Dinge ergänzt wurden, um Vollbeschäftigung, soziale
Marktwirtschaft, Umweltschutz, aber auch Bekämpfung von Ausgrenzung und
Diskriminierung, Gleichstellung und Rechte der Kinder. Auch das ist eine
positiv zu vermerkende Tatsache. Das Recht auf Zugang zu den Leistungen der
sozialen Sicherheit und zu den sozialen Diensten führt natürlich zur Frage
Daseinsvorsorge. Ich möchte da nicht unerwähnt lassen, dass gerade Wien an der
Spitze mit dem Landeshauptmann da eine sehr treibende Kraft gewesen ist, wobei
es wirklich gelungen ist, auch andere Städte und Regionen dazu zu bringen, hier
ebenfalls ihre Meinung kundzutun. Das war sicher ein jahrelanger Prozess, der
aber meines Erachtens sehr erfolgreich war, dass jetzt Daseinsvorsorge als
Kernaufgabe der Städte, Länder, Gemeinden und natürlich auch Regionen anerkannt
wird. Die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten – es liegt also jetzt bei den
Mitgliedsstaaten, nicht wirtschaftliche Dienste von allgemeinem Interesse zu
erbringen und zu organisieren. In dem Zusammenhang gibt es aus jüngster
Vergangenheit eine interessante EuGH-Entscheidung bezüglich der Notwendigkeit
von Ausschreibungen, wenn Leistungen von Gemeinden oder Gemeindeverbänden
selbst erbracht werden, es hier nicht notwendig ist, auch andere Wettbewerber
zuzulassen. Das gibt es jetzt als Entscheidung. Es hat sich da um
Müllentsorgung der Stadt Hamburg und umliegender Gemeinden gehandelt und ich
finde es als eine sehr interessante Entscheidung, die auch wichtig für die
Zukunft sein wird.
Selbstverständlich muss nach 2010 das
Augenmerk noch mehr auf die großen Herausforderungen wie Klimawandel,
Energieknappheit, Globalisierung, Beschäftigung, Armutsbekämpfung, Überwindung
der Finanzkrise gelegt werden. Die wirtschafts- und beschäftigungspolitische
Strategie der Europäischen Union soll sich nicht anpassen an das amerikanische
Wertemodell und dieses kopieren. Vielmehr soll im Rahmen der Lissabon-Strategie
das europäische Wertemodell zwar mit Blick auf Effizienz, aber auch sozial und
ökologisch weiterentwickelt werden. Wettbewerbsfähigkeit muss mit den Zielen
Wohlstand, soziale Sicherheit und ökologische Verantwortung vereint werden.
Und damit es nicht nur abstrakt bleibt,
möchte ich noch kurz ein sehr konkretes Ziel und eine sehr konkrete Maßnahme
erwähnen, die derzeit im Laufen ist. Es gibt den baltisch-adriatischen
Verkehrskorridor, der die Ostsee mit der Adria verbindet, Polen, Tschechien,
Slowakei, Österreich und Italien, eine Verknüpfung mit den wichtigen
transeuropäischen Verkehrsnetzen beispielsweise Achse Paris-Wien-Bratislava.
Zwischen Danzig und Bratislava ist bereits eine vorrangige Schienenachse
festgelegt und die südlichsten Endpunkte des Korridors sind Wien und
Bratislava. Jetzt geht es um die Frage der Verlängerung. Da gibt es bereits ein
gemeinsames Ziel aus dem Jahr 2006, diese TEN-Achse über Südösterreich nach
Italien zu verlängern, was für uns von höchstem wirtschaftlichen Interesse ist.
Allerdings liegen die größten infrastrukturellen
Engpässe genau auf österreichischem Staatsgebiet: Hauptbahnhof Wien,
Semmeringbasistunnel und Koralmbahn. Gerade bei letzterer möchte ich erwähnen,
dass hier die Erweiterung des Korridors natürlich sehr interessant wäre, dass
die Koralmbahn nicht nur eine schnellere Verbindung zwischen Graz und
Klagenfurt ist, sondern sie hätte dann eine weit über das hinausgehende
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular