Landtag, 2. Sitzung vom 16.12.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 48
Stabilitätspakt noch kommen –, und natürlich hat die Krise generell sehr viel Auswirkungen auf den so genannten Stabipakt, wie er bei uns, die wir sehr viel mit diesem Thema zu tun haben und diesen Zungenbrecher nicht jedes Mal aussprechen wollen, heißt. Der bestehende Stabilitätspakt geht ja noch davon aus, dass die Länder Überschüsse abliefern, was natürlich in Zeiten wie diesen logischerweise auf Grund der Einnahmensituation, die ja, wenn ich an meine Information im Zusammenhang mit dem Budget 2011 erinnern darf, Einnahmenverluste von 1 Milliarde EUR nur in den vergangenen zwei Jahren aufweist, nicht mehr möglich ist. Das heißt, dass damit natürlich diese Überschussmöglichkeit, die im bestehenden Stabipakt noch vorgesehen ist, nicht mehr gegeben ist.
In diesem Sinne gibt es seit längerer Zeit Verhandlungen. Die Länder und Gemeinden sind selbstverständlich im Zuge dieser Verhandlungen bereit, auch ihren Beitrag zur Konsolidierung zu leisten. Wir sind auch bereit, uns mit anderen Fragen, die im Zuge dieses Stabilitätspaktes vorgeschlagen wurden, wie zum Beispiel Haftungsobergrenzen, zu beschäftigen, dafür Regelungsvorschläge zu erarbeiten. Für Wien sind aber ein paar Dinge unverrückbar, und die bringen wir auch sehr deutlich in diese Verhandlungen ein.
Zum einen ist es ein zentrales Thema für Wien, dass unsere Doppelfunktion als Land und Gemeinde hier auch entsprechend wahrgenommen wird. Denn Wien hat beide Aufgaben, Wien muss beide Aufgaben finanzieren und muss daher, und das ist für uns eine ganz entscheidende Frage, auch in dem zukünftigen Stabilitätspakt als beides, als Land und Gemeinde, wahrgenommen werden.
Die Beispiele, die Sie genannt haben, sind ein sehr gutes Beispiel dafür und geben mir die Gelegenheit, das an dem zu erläutern. Denn die Mindestsicherung zum Beispiel, die Sie angesprochen haben, fällt in den Kompetenzbereich der Länder, für die Kinderbetreuung und für die Pflege sind sowohl die Länder als auch die Gemeinden zuständig. Das heißt, in den anderen Bundesländern sind hier zwei unterschiedliche Gebietskörperschaften zuständig, in Wien haben wir beide Aufgaben wahrzunehmen, müssen beide Aufgaben finanzieren und deswegen natürlich auch entsprechend berücksichtigen.
Das ist ein Gebot der Fairness und für uns eine ganz, ganz zentrale Frage in diesen Verhandlungen. Das ist auch verfassungsrechtlich völlig klar, aber wir wollen da jetzt keine verfassungsrechtlichen Streitereien, wiewohl wir sie, wenn es notwendig ist, auch führen werden, sondern wir wollen fair behandelt werden. Sowohl der Herr Landeshauptmann persönlich als auch ich als auch die Beamten und Beamtinnen, die das verhandeln, treten dafür ein.
Die Gespräche sind im Moment auf der Beamtenebene, und wofür wir gemeinsam mit den anderen Ländern kämpfen, ist, dass die Handlungsfähigkeit der Länder erhalten bleibt, denn konsolidieren ist gut und richtig, aber konsolidieren auf einer Art und Weise, dass man überhaupt keine Handlungsfähigkeit mehr hat, kann politisch nicht das sein, was wir wollen. In diesem nicht einfachen Dreieck sozusagen – Konsolidierung, die unbestritten notwendig ist, Handlungsfähigkeit der Länder und Kommunen erhalten auf der anderen Seite und Wiens spezielle Rolle in der Doppelfunktion – versuchen wir gerade, einen Kompromiss zu finden.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. - Bevor ich dem ersten Fragesteller zur Zusatzfrage das Wort erteile, darf ich nur für alle darauf hinweisen, die Zusatzfrage ist längstens in zwei Minuten zu stellen. - Die 1. Zusatzfrage hat Herr Abg Dipl-Ing Margulies. Ich erteile ihm das Wort.
Abg Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Unlängst war den Medien zu entnehmen, dass de facto bis Mitte April verhandelt werden soll. Ist das tatsächlich der Zeitraum, der jetzt seitens der Bundesregierung neu ins Auge gefasst wurde, beziehungsweise ist dann damit zu rechnen, dass Ergebnisse auch rückwirkend angewendet werden?
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. – Frau Stadträtin.
LhptmStin Mag Renate Brauner: Na ja, diese Information ist ein bisschen symptomatisch für die Verhandlungen, denn wir haben das nämlich auch aus den Medien erfahren. Jetzt sage ich, ich bin die Letzte, die in so einer entscheidenden Frage nach dem Motto „Ich weiß zwar nicht, wo ich hin will, aber dafür bin ich schneller dort." handelt. Da geht es ja – und damit ist sozusagen auch der zweite Teil Ihrer Frage beantwortet – um Vereinbarungen für die Jahre 2011, 2012, 2013. Die sind natürlich so eine wichtige Grundlage für unser aller Arbeit, dass wir uns nicht die Hände fesseln lassen wollen, auch wenn wir gleichzeitig aber sehr wohl unseren Beitrag zur Konsolidierung leisten wollen, ja, müssen. Aber das sind so entscheidende Fragen, dass auch ich sage, es ist klüger, wir verhandeln länger und haben ein vernünftiges Ergebnis.
Es ist nur leider schon so, dass eine sehr gute Tradition zwischen dem Bund und den Ländern, nämlich hier auf Augenhöhe und fair miteinander zu reden, ich will nicht sagen, verlassen wurde, aber sagen wir einmal, dass unsere Geduld oder unsere Toleranz schon sehr strapaziert wurde. Denn ähnlich ist es uns ergangen mit den Zahlen, die der Bund nach Brüssel gemeldet hat. Die sind nicht vorher mit uns besprochen worden, sondern die wurden vorher nach Brüssel gemeldet und danach hat man sich erst zusammengesetzt und zu verhandeln begonnen. Jetzt hören wir eben – ich habe auch nur die Pressemeldung des Herrn Finanzministers gesehen –, dass es vielleicht doch bis April verschoben wird.
Wie gesagt, inhaltlich habe ich kein Problem damit. Auch ich sage, das ist so wichtig für alle Beteiligten, reden wir lieber länger und haben ein gescheites Ergebnis, aber ich würde mir schon sehr wünschen, dass man hier auf Augenhöhe und fair miteinander umgeht, denn wir sitzen alle in einem Boot und sollten, wenn es leicht geht, in dieselbe Richtung rudern in diesen schwierigen Zeiten.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. Die 2. Zusatzfrage stellt Herr Abg Mag Ebinger. Ich
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