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Landtag, 2. Sitzung vom 16.12.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 48

 

Redner herausschicken! In Deutschland werden schöne Sätze verlangt: Um die Schulchancen und Jobchancen der Hartz IV-Empfänger zu verbessern, hat die Bundesregierung – das sind die CDU und die FDP – ein Bildungspaket auf den Weg gebracht. Darunter fallen ein warmes Mittagessen, kostenlose Beförderung von Schülern ab der 10. Klasse, Nachhilfe- und Musikunterricht, Training im Sportverein und der Besuch von kulturellen Veranstaltungen wie etwa ein Theaterbesuch. – Super! Es steht aber leider auch dabei, wie viel Geld zur Verfügung steht: All das darf pro Kind 10 EUR im Monat kosten. 10 EUR für ein warmes Mittagessen, die kostenlose Beförderung, die Nachhilfe, den Musikunterricht, das Training im Sportverein und den Besuch einer kulturellen Veranstaltung, einen Theaterbesuch. Das ist mit 10 EUR nicht zu bezahlen! Das darf man sich nicht zum Vorbild nehmen! Wenn Sie das mit Ihrem Antrag gemeint haben, dann wäre es besser, man hätte ihn nicht eingebracht!

 

Was wir heute tatsächlich beschließen, ist – ich sage das jetzt fürs Protokoll – die höchste Kindermindestsicherung Österreichs. Gehen wir es noch einmal durch: Von 111 EUR in Kärnten für das vierte Kind geht es hinauf über 134 EUR Regelsatz in Salzburg und Tirol. In der Steiermark sind es 141 EUR, also ein bisschen mehr, in Vorarlberg 162 EUR und in Wien 203 EUR. Das ist familienpolitisch eine großartige Leistung, vor allem, wenn man es im Vergleich zu dem betrachtet, was im Bundesbereich laut Budgetbericht 2011 gespart wird. Ich werde nicht müde, das zu sagen. Bei Familie und Jugend ist das der größte Brocken. Wo wird in der langen Tabelle von Einsparungsmaßnahmen am meisten gespart? – 307,7 Millionen bei Familie und Jugend! Nächstes Jahr und nachher ist es eh mehr, nämlich 322 Millionen, und zwar jahrelang. 2012, 2013 und 2014 geht es so weiter.

 

Wer kritisiert das? Wer sagt, dass man vielleicht einmal überlegen könnte, die Reichen und Vermögenden zur Kasse zu bitten? – Nicht nur die GRÜNEN und Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen! Wer ist nicht glücklich mit dem, was die ÖVP hier aufgeführt hat? – Herr Kardinal Schönborn sagt: Das kann nicht sein! Alle klagen darüber, dass wir zu wenig Kinder haben, aber dann wird bei den kinderreichen Familien gespart. Diese Familien sind zwar kinderreich, aber sonst arm.

 

Der Caritas-Chef in Wien, Herr Landau, sagt dazu: Eine Bauernfamilie mit drei Kindern verliert im Jahr mehrere hundert Euro. – Wir haben zwar nicht viele Bauernfamilien in Wien, aber viele Familien, die auf Grund dieser Politik tatsächlich Geld verlieren. In Kärnten wird es wahrscheinlich auch ein paar Bauernfamilien geben, die das trifft, jedenfalls mehr als hier. All diese Familien trifft es.

 

Das ist relativ einfach nachzulesen. Die Bischofskonferenz erklärt der Volkspartei: So geht das nicht! Das ist familienfeindlich! Der Familienverband fordert die Rücknahme dieses Sparpakets. Clemens Steindl, der Präsident des Katholischen Familienverbandes, fordert Sie auf, diese familienpolitische Schande zurückzunehmen. Ähnliches sagt einer nach dem anderen. (Abg Dr Wolfgang Aigner: Worte sind zu wenig!)

 

Ich habe jetzt irgendwann einmal etwas von christlich-sozialen Wurzeln gelesen. – Diese Wurzeln müssen ausgedorrt sein! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Was man auch noch lesen könnte, ist der Sozialbericht 2009/2010 der Bundesregierung. Dieser ist nicht einmal richtig präsentiert worden, da hat es keine offizielle großartige Präsentation gegeben. Es sind auch nicht viele schöne Zahlen darin enthalten. Darin ist über Armutsgefährdung und soziale Ausgrenzung zu lesen. Es wird im Wesentlichen geschrieben, dass diese Kürzungen dazu führen, dass es im Kinder- und Familienbereich noch mehr Armut gibt als vorher. Ausgangsposition ist die Tatsache, dass wir sowieso eine Schere haben, die auseinandergeht, denn dass die Reichen reicher und die Armen ärmer werden, kann niemand bestreiten, der die Grundrechnungsarten beherrscht! Offenbar ist das aber auf Grund einer verfehlten Bildungspolitik nicht bei allen in diesem Land der Fall! Das ist ein anderer Kaffee. Man könnte aber erwarten, dass hier die meisten der Addition und der Subtraktion mächtig sind, und das reicht schon aus, dass man all das nachrechnet.

 

Die Reichen werden reicher und reicher. Das belegt jede einzelne Studie, und zwar nicht Studien von den GRÜNEN, von irgendeinem Institut, das mir nahesteht oder das ich oder die GRÜNEN mit beeinflussen könnten, sondern zum Beispiel die Nationalbank. Sie hat eine Studie über Immobilien herausgegeben. Das ist klass! Immobilien kann man nicht im Rucksack mitnehmen, die sind einmal da. Allein in diesem Bereich könnte man mit Steuermaßnahmen einiges ausrichten. Und das trifft niemanden aus dem Mittelstand und niemanden von den Leuten, die Sie gerne anführen. Es ist Ihr beliebtes Gegenargument, dass der breite Mittelstand belastet werde. Das steht sogar im „Standard" und ist schön zum Lesen! Dieses Ihr Gegenargument ist natürlich ein leeres Argument.

 

Sie kurbeln das ununterbrochen an, aber ich sage Ihnen noch einmal: Ich meine ausschließlich die 10 Prozent der Reichsten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Ich meine nicht die Familie, die sich mit Müh und Not eine Eigentumswohnung in Wien leistet. Ich meine nicht die Leute, die ein Häusel in Niederösterreich oder sonst irgendwo auf dem Land bauen. (Zwischenruf von Abg Dr Wolfgang Aigner.) Ich meine die Freunde, die Herr Aigner so lautstark verteidigt. Ich verstehe aber leider seine Worte nicht. Jetzt steht es im Protokoll, und ich kann ihm nicht widersprechen! Aber ich mache es einfach pauschal: Ich nehme an, das, was er gesagt hat, hat mir nicht gefallen. Das dürfte meist stimmen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Herr Aigner! Wir haben uns total gewundert, warum man Sie von hier nach da gesetzt hat! Eigentlich hätte man Sie in die Mitte hineinsetzen müssen! Sie sind doch derjenige, der Herrn Schönborn und Herrn Landau noch ernster nehmen sollte! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) So viel ich weiß, sind Sie doch ein sehr, sehr religiöser Mensch.

 

Herr Aigner! Kommen Sie heraus und reden Sie da! Ich höre Sie nämlich nicht gut genug! (Abg Dr Wolfgang Aigner: Ich werde dann gleich sprechen!)

 

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